Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak sowie die Hofrätin Mag. Hainz Sator und den Hofrat Dr. Pürgy als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision des P S, vertreten durch die RIHS Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 7. März 2025, Zl. VGW 122/008/7686/2024, betreffend Akteneinsicht in einer gewerberechtlichen Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien; mitbeteiligte Partei: C KG), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 1.1. Mit Eingabe vom 12. Oktober 2023 brachte der Revisionswerber vor, es sei ihm das zur Geschäftszahl 921552/2023 anhängige Verfahren zur Änderung einer Betriebsanlage, genauer eines Geschäftslokales, bekannt. Da der Revisionswerber als Eigentümer dieses Geschäftslokales Partei des genannten Verfahrens sei, stellte er „zur Wahrung seiner Parteistellung“ folgende Anträge an die belangte Behörde:
„1. auf umfassende Akteneinsicht gemäß § 17 AVG in den Behördenakt betreffend die gewerbliche Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei [am näher genannten Standort],
2. auf Zustellung sämtlicher Anträge der mitbeteiligten Partei auf betriebsanlagenrechtliche Genehmigung von Änderungen an der gewerblichen Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei [am näher genannten Standort],
3. auf Zustellung sämtlicher (Änderungs )Genehmigungsbescheide betreffend die gewerbliche Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei [am näher genannten Standort] und
4. auf umfassende Wahrung seines Parteiengehörs bezüglich sämtlicher etwaiger zukünftiger (Änderungs )Genehmigungsverfahren betreffend diese Betriebsanlage.“
21.2. Mit Bescheid vom 4. Jänner 2024 wies die belangte Behörde alle vier Anträge des Revisionswerbers gemäß § 8 und § 17 Abs. 1 AVG iVm § 75 GewO 1994 zurück (Spruchpunkte I. bis IV.), Antrag 1. jedoch „ausgenommen des unter der Geschäftszahl MBA 6/7 Ba 317/1/81 geführten Betriebsanlagenänderungsverfahrens und des unter der Geschäftszahl 921552/2023 geführten anhängigen Verfahrens“ und Antrag 3. „ausgenommen des Bescheides vom 05.08.1991, MBA 6/7 Ba 317/1/81 und des künftigen Bescheides zu dem unter der Geschäftszahl 921552/2023 geführten anhängigen Verfahren“.
3 1.3. Mit der über die Beschwerde des Revisionswerbers ergangenen Beschwerdevorentscheidung vom 29. April 2024 änderte die belangte Behörde die Spruchpunkte I., II. und III. des oben angeführten Bescheides dahingehend ab, „dass das Wort ‚zurückgewiesen‘ durch das Wort ‚abgewiesen‘ ersetzt wird“.
4 1.4. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 7. März 2025 wies das Verwaltungsgericht Wien (im Folgenden: Verwaltungsgericht) nach Vorlage der Akten die Beschwerde des Revisionswerbers, „soweit sie sich gegen Spruchpunkt I und II des angefochtenen Bescheides [...] in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung [...] richtet“, als unbegründet ab und bestätigte die Beschwerdevorentscheidung in den Spruchpunkten I. und II (Spruchpunkt A.). „Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt III des angefochtenen Bescheides [...] in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung [...] richtet“, gab das Verwaltungsgericht dieser insoweit Folge, als die Beschwerdevorentscheidung in ihrem Spruchpunkt III. dahingehend abgeändert werde, dass dieser wie folgt zu lauten habe:
„Der Antrag des [Revisionswerbers] vom 12.10.2023 auf Zustellung sämtlicher (Änderungs ) Genehmigungsbescheide betreffend die gewerbliche Betriebsanlage der [mitbeteiligten Partei] am Standort [...] wird ausgenommen des Bescheides vom 13.04.1959, MBA VI/VII BA 317/1/59, vom 05.08.1981, MBA 6/7 Ba 317/1/81, vom 14.12.2005, MBA 6/7 2897/05, und des Bescheides zu dem unter der Geschäftszahl 921552/2023 geführten anhängigen Verfahrensgemäß § 8 und § 17 Abs. 1 [AVG] iVm § 75 [GewO 1994] abgewiesen“ (Spruchpunkt B.).
„Soweit sich die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV des angefochtenen Bescheides [...] in der Fassung der Beschwerdevorentscheidung richtet“, gab das Verwaltungsgericht dieser Folge und behob den Bescheid bzw. die Beschwerdevorentscheidung ersatzlos (Spruchpunkt C.).
Unter einem erklärte das Verwaltungsgericht die Revision für nicht zulässig (Spruchpunkt D.).
5 Das Verwaltungsgericht stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:
6 Der Revisionswerber sei Eigentümer einer bestimmten Liegenschaft, zu der ein Lokal gehöre, das der Revisionswerber an die mitbeteiligte Partei die Inhaberin der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage vermietet habe. Die mitbeteiligte Partei betreibe in diesem Mietobjekt einen Gastronomiebetrieb in der Betriebsart Kaffeerestaurant. Die gegenständliche Betriebsanlage sei mit rechtskräftigem Bescheid vom 13. April 1959, MBA VI/VII Ba 317/1/59 und rechtskräftigen Folgebescheiden vom 5. August 1981, MBA 6/7 Ba 317/1/81, vom 14. Dezember 2005, MBA 6/7 2897/05, vom 22. April 2008, MBA 6/7 1803/2008/05, zuletzt vom 16. Juli 2013, MBA 6/7 116261/2012/7 genehmigt worden. Lediglich im dem Bescheid vom 5. August 1981, MBA 6/7Ba 317/1/81 zu Grunde liegenden Verfahren sei die Parteistellung des damaligen Eigentümers besagter Liegenschaft, dessen Rechtsnachfolger der Revisionswerber sei, aufrecht geblieben. Bei der belangten Behörde sei zur Geschäftszahl 921552/2023 ein Anzeigeverfahren betreffend eine emissionsneutrale Änderung gemäß § 81 Abs. 2 Z 7 iVm § 81 Abs. 3 GewO 1994 anhängig gewesen, die die Umgestaltung der Räumlichkeiten im Bereich der Sanitäranlagen betroffen habe; die Arbeitnehmer sollten zukünftig die Sanitäreinrichtungen für Arbeitnehmer des Nebenlokales benutzen. In dem dieses Verfahren abschließenden Bescheid seien Einwendungen des Revisionswerbers zurück- bzw. abgewiesen worden. Das diesbezügliche Beschwerdeverfahren sei noch anhängig.
7 Die belangte Behörde habe dem Revisionswerber Akteneinsicht in das Verfahren zur Geschäftszahl MBA 6/7 Ba 317/1/81 und in das bei ihr anhängig gewesene Verfahren zur Geschäftszahl 921552/2023 gewährt.
8 Den festgestellten Sachverhalt würdigte das Verwaltungsgericht rechtlich im Wesentlichen wie folgt:
9 Voraussetzung für die Gewährung der Akteneinsicht sei, dass der die Akteneinsicht begehrenden Person in dem betreffenden (abgeschlossenen) Verwaltungsverfahren Parteistellung zugekommen sei.
10 Zu Spruchpunkt A. (sohin den Spruchpunkten I. und II. des Bescheides der belangten Behörde) hielt das Verwaltungsgericht fest: Der Revisionswerber habe zu keinem Zeitpunkt im Verfahren bestritten, dass sein Rechtsvorgänger (der vormalige Eigentümer besagter Liegenschaft) in allen genannten Verfahren bis auf jenes, das unter der Geschäftszahl MBA 6/7 Ba 317/1/81 geführt worden sei, seine Parteistellung aufgrund von Präklusion verloren habe. Aufgrund der dinglichen Wirkung eines betriebsanlagenrechtlichen Bescheides sei der Revisionswerber in die entsprechende Rechtsstellung seines Rechtsvorgängers eingetreten. Aus diesem Grund habe die Behörde entsprechende Anträge zu Recht abgewiesen.
11 Zu Spruchpunkt B. (sohin dem Spruchpunkt III. des Bescheides der belangten Behörde) hielt das Verwaltungsgericht fest: Da die belangte Behörde in der Begründung des Bescheides vom 12. Jänner 2024 zur Geschäftszahl 921552/2023 ausdrücklich auf die Genehmigungsbescheide vom 13. April 1959 und vom 14. Dezember 2005 Bezug genommen habe, sei ein rechtliches Interesse des Revisionswerbers auf Einsicht in diese Bescheide „samt den damalig dazugehörigen Bescheidparien“ begründet worden. Aus diesem Grund sei Spruchpunkt III. der Beschwerdevorentscheidung spruchgemäß abzuändern gewesen.
12 Zu Spruchpunkt C. (sohin Spruchpunkt IV. des Bescheides der belangten Behörde) hielt das Verwaltungsgericht fest: Da der verfahrenseinleitende Antrag betreffend Spruchpunkt IV. des Bescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung in der Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zurückgezogen worden sei, fehle es an einer Grundlage für einen entsprechenden Abspruch, weshalb der Spruchpunkt IV. des Bescheides bzw. der Beschwerdevorentscheidung ersatzlos zu beheben gewesen sei.
13 2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die nach mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 6. Juni 2025, E 1060/2025 5, erfolgten Ablehnung einer beim Verfassungsgerichtshof erhobenen Beschwerde und Abtretung der Beschwerde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 8. Juli 2025, E 1060/2025 7, erhobene außerordentliche Revision.
14 3.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
16Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 3.2. Der Revisionswerber führt zur Begründung der Zulässigkeit seiner Revision im Wesentlichen ins Treffen, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass sich die gegenständlichen Anträge auf Akteneinsicht des Revisionswerbers auf das Verfahren über die Genehmigung der Änderung der genehmigten Betriebsanlage zur Geschäftszahl 921552/2023 bezögen (das entsprechende Beschwerdeverfahren sei im Übrigen noch beim Verwaltungsgericht anhängig). Der Revisionswerber benötige zur Wahrung seiner Parteienrechte im Verfahren zur Geschäftszahl 921552/2023 Einsicht in sämtliche diesem Verfahren vorausgegangene (Änderungs )Genehmigungsbescheide betreffend die gewerbliche Betriebsanlage der mitbeteiligten Partei. Ohne entsprechend umfangreiche Akteneinsicht sei es dem Revisionswerber verwehrt, den Konsens der Betriebsanlage festzustellen und darauf aufbauend (allenfalls) Einwendungen zu erheben. Hierfür seien jedenfalls die Bescheide vom 22. April 2008, MBA 6/7 1803/2008/05, und vom 16. Juli 2013, MBA 6/7116261/2012/7, von Relevanz. Diese Bescheide sollten auch Teil des Aktes des Verfahrens zur Geschäftszahl 921552/2023 sein, womit unstrittig sein müsste, dass es dem Revisionswerber nicht an der für die entsprechende Akteneinsicht notwendigen Parteistellung mangle. Das Verwaltungsgericht sei jedoch unzutreffend davon ausgegangen, dass der Revisionswerber grundsätzlich, somit losgelöst vom Verfahren zur Geschäftszahl 921552/2023, Einsicht in entsprechende Altverfahren begehre und ihm mangels Parteistellung in diesen Altverfahren keine (umfassende) Akteneinsicht zu gewähren sei. Ausgehend von dieser unzutreffenden Ansicht habe das Verwaltungsgericht zu Unrecht über die Anträge auf Akteneinsicht mit verfahrensrechtlichem Bescheid abgesprochen. Die Verweigerung der Akteneinsicht hätte jedoch gemäß § 17 Abs. 4 AVG mittels Verfahrensanordnung erfolgen müssen.
18 3.3. Der Revisionswerber wendet sich der Sache nach gegen die Auslegung seiner hier unter 1.1. wiedergegebenen Anträge durch das Verwaltungsgericht, das dem angefochtenen Erkenntnis die Rechtsansicht zugrunde legt, dass der Revisionswerber Einsicht in sämtliche frühere (Änderungs )Genehmigungsbescheide betreffend die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage begehrt habe.
19Eine vertretbare Auslegung eines Antrags oder von Vorbringen im Einzelfall stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs regelmäßig keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar (VwGH 25.6.2025, Ra 2024/12/0115, mwN). Der Revisionswerber vermag mit seinem Vorbringen nicht aufzuzeigen, dass die anhand von Wortlaut und Kontext vorgenommene Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, dass die Anträge des Revisionswerbers auf eine grundsätzliche Akteneinsicht bzw. Zustellung von Bescheiden betreffend zuvor näher bezeichnete Altverfahren, in denen dem Revisionswerber unbestrittenermaßen keine Parteistellung zukam, gerichtet gewesen seien, unvertretbar wäre.
20 Davon ausgehend gelingt es dem Revisionswerber, dessen Zulässigkeitsvorbringen sich auf die Annahme einer unvertretbaren Auslegung seiner Anträge stützt, (auch sonst) nicht eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG darzulegen.
21 3.4. Der Vollständigkeit halber wird darauf hingewiesen, dass den Gegenstand dieses Revisionsverfahrens sohin ausschließlich die hier unter 1.1. wiedergegebenen Anträge des Revisionswerbers auf grundsätzliche Einsicht bzw. Zustellung von Aktenteilen im hier unter 1.4. wiedergegebenen Umfang bilden, nicht jedoch der Umfan g der Akteneinsicht im Anzeigeverfahren zur Geschäftszahl 921552/2023. Sofern der Revisionswerber vermeint, zur Durchsetzung seiner rechtlichen Interessen im Anzeigeverfahren zur Geschäftszahl 921552/2023 auf entsprechend seinem Zulässigkeitsvorbringen umfassendere Akteneinsicht zur Wahrung seines Parteiengehörs angewiesen zu sein, wird er auf die Möglichkeit einer entsprechend konkretisierten Antragstellung in eben diesem (Beschwerde )Verfahren, das laut seinen eigenen Angaben noch beim Verwaltungsgericht anhängig ist, verwiesen.
22 3.5. In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 29. September 2025