Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der a gmbh, vertreten durch die Fürlinger Langoth Obermüller Rachbauer Rechtsanwälte GmbH Co KG in Linz, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 1. Juli 2025, LVwG 653335/12/JK, betreffend Auftrag gemäß § 91 Abs. 1 StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt Linz), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis trug das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) der revisionswerbenden Partei in Modifizierung des Spruchs des vor ihm bekämpften Bescheids auf, den entlang einer näher genannten Straße auf einem bestimmten Grundstück befindlichen Bewuchs in konkret dargestelltem Ausmaß, das in drei Teilstrichen aufgegliedert ist, binnen 4 Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses zurückzuschneiden. Darüber hinaus verpflichtete es die revisionswerbende Partei zur Zahlung betragsmäßig genannter Kommissionsgebühren und sprach aus, dass gegen diese Entscheidung eine Revision unzulässig sei.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, soweit die ersten beiden Teilstriche betroffen sind, die Aufforderung gemäß dem dritten Teilstrich blieb ausdrücklich unbeanstandet.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
5Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
6 Die revisionswerbende Partei erachtet ihre Revision zunächst deshalb als zulässig, weil das angefochtene Erkenntnis in seinem ersten Teilstrich über den bekämpften Bescheid hinausgegangen sei.
7Dazu ist festzuhalten, dass eine Überschreitung der Kognitionsbefugnis nach § 27 VwGVG dann nicht erfolgt, wenn sich die Entscheidung des Verwaltungsgerichts innerhalb des Rahmens der „Sache“ des bekämpften Bescheids bewegt. Dabei hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung an der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung maßgeblichen Sach- und Rechtslage auszurichten, wenn es - wie vorliegend - in der Sache selbst entscheidet; allfällige Änderungen des maßgeblichen Sachverhalts und der Rechtslage sind also zu berücksichtigen. Mit der Zuständigkeit und der prinzipiellen Verpflichtung zur Entscheidung in der Sache selbst ist eine volle Tatsachenkognition der Verwaltungsgerichte verbunden (vgl. VwGH 15.12.2022, Ra 2022/07/0212, mwN).
8 Sache des gegenständlichen Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht war die mit Bescheid der belangten Behörde erfolgte Vorschreibung des Rückschnitts im Ausmaß von 75 cm in das Grundstück der revisionswerbenden Partei. Mit dem ersten Teilstrich des angefochtenen Erkenntnisses verpflichtete das Verwaltungsgericht die revisionswerbende Partei nicht, Bewuchs auf dem Grundstück der revisionswerbenden Partei zurückzuschneiden. Damit hat das Verwaltungsgericht mit dem von der revisionswerbenden Partei beanstandeten Teilstrich seines Spruchs aber weniger verlangt als im bekämpften Bescheid, und es kann ihm eine Überschreitung der Kognitionsbefugnis nicht angelastet werden.
9 Soweit die revisionswerbende Partei die Angabe einer Breite des verlangten Rückschnitts im ersten Teilstrich des Spruchs im angefochtenen Erkenntnis vermisst, ist eine solche auch nicht erforderlich, weil das Verwaltungsgericht dort bloß anordnete, den vom Grundstück der revisionswerbenden Partei ausgehenden Bewuchs auf der Straße „bis zur Außenkante der niveaugleichen Randleiste“ zurückzuschneiden und davon keine Maßnahmen auf dem Grundstück der revisionswerbenden Partei erfasst sind, für welche eine Breitenangabe wie im zweiten Teilstrich des Spruchs im angefochtenen Erkenntnis notwendig wäre.
10 Überdies bringt die revisionswerbende Partei zur Zulässigkeit der Revision vor, das Verwaltungsgericht habe zum zweiten Teilstrich des Spruchs im angefochtenen Erkenntnis nicht dargelegt, inwieweit der nicht über die Grenze ihres Grundstücks hinausragende Bewuchs die Benutzbarkeit der Verkehrsfläche beeinträchtigen könne, weil es sich um eine gerade verlaufende Straße handle, für die ein Blick auf das Grundstück der revisionswerbenden Partei überhaupt nicht erforderlich und eine Verkehrs- oder Sichtbeeinträchtigung undenkbar sei. Ein allfälliges Aussteigen aus den entlang der Straße geparkten Fahrzeugen über die Beifahrertür greife unzulässig in das Eigentum der revisionswerbenden Partei ein und stelle sogar eine Besitzstörung dar.
11 Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass das Verwaltungsgericht das Ausmaß des von der revisionswerbenden Partei verlangten Rückschnitts dem Gutachten des beigezogenen Sachverständigen entnahm, der sich begründend auf die Richtlinien und Vorschriften für den Straßenbau (RVS 03.04.12, Stand 1. März 2020) stützte.
12Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits festgehalten, dass derartige Richtlinien (wie die RVS) zwar grundsätzlich keine normative Wirkung haben, sie allerdings den Sachverstand der an ihrer Erstellung beteiligten Experten der Gebietskörperschaften und aus dem universitären Bereich repräsentieren, weshalb fallbezogen keine Unschlüssigkeit des Gutachtens oder Mangelhaftigkeit des Verfahrens darin erkannt werden konnte, wenn der Sachverständige diese auch in sein Gutachten miteinbezog (vgl. VwGH 31.1.2024, Ro 2022/04/0007, mwN). Insofern ist auch das Verwaltungsgericht seiner Begründungspflicht in ausreichendem Ausmaß nachgekommen.
13Nach der Rechtsprechung stellt eine dem Grundeigentümer nach § 91 Abs. 1 StVO 1960 aufgetragene Maßnahme einen vom Gesetzgeber im Interesse der Verkehrssicherheit für zulässig erklärten Eingriff in das Eigentum dar (vgl. VwGH 16.11.2012, 2012/02/0133, mwN). Solche gesetzlichen Bestimmungen, die Eigentumsbeschränkungen vorsehen, dürfen nur unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes angewendet werden (vgl. VwGH 20.2.1997, 93/06/0230, mwN). Dass hier eine unverhältnismäßige Beschränkung des Eigentums der revisionswerbenden Partei erfolgt sei, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.
14 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 8. Oktober 2025
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