Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und die Hofrätin Dr. Funk Leisch sowie den Hofrat Mag. M. Mayr als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Kittinger, LL.M., über die Revision der N D in W, vertreten durch Mag. Dr. Thomas HoferZeni, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Landstraßer Hauptstraße 82, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 1. Dezember 2023, RM/7300006/2022, betreffend Beschlagnahme gemäß § 89 Abs. 2 FinStrG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Österreich, Zollstelle Flughafen), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Die Revisionswerberin eine ukrainische Staatsbürgerin reiste am 1. November 2022 mit ihrer Familie am Flughafen Wien in das Zollgebiet der Europäischen Union ein. Im Zuge einer Amtshandlung wurden von Organen der Zollverwaltung näher bezeichneter Schmuck und eine Uhr unter Verweis auf § 89 Abs. 1 und 2 FinStG beschlagnahmt.
2Die von der Revisionswerberin in der Folge gemäß § 152 Abs. 1 FinStrG eingebrachte Maßnahmenbeschwerde wies das Bundesfinanzgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis ab. Unter einem sprach es aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts soweit für die Revision wesentlich sei die seit 2017 mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldete Revisionswerberin am 1. November 2022 mit ihrem Ehemann und drei Kindern am Flughafen Wien aus Dubai kommend in das Zollgebiet der Europäischen Union eingereist. Vor Verlassen des „Grünkanals“ sei sie zur Zollkontrolle gebeten worden. Weil sie nur eine kleine Handtasche mit sich geführt habe, sei die Amtshandlung beendet worden.
4 Kurze Zeit darauf sei ihr Ehemann in Begleitung der drei Kinder durch den „Grünkanal“ gekommen und ebenfalls zu einer Zollkontrolle gebeten worden. Dabei habe man bemerkt, dass nur zwei der drei Kinder bei der Kontrolle anwesend gewesen seien und ein Handgepäckskoffer sowie eine weitere Einkaufstasche gefehlt hätten. Das dritte Kind sei mit jenem Gepäck zur Revisionswerberin in die Ankunftshalle gegangen. In der Folge seien beide Personen in den Kontrollbereich des Zollamts gebeten worden.
5 In besagtem Handgepäckskoffer habe man diversen hochpreisigen Schmuck und eine Armbanduhr vorgefunden. Die Revisionswerberin habe dazu wiederholt angegeben, dass jedes einzelne Stück aus der Ukraine stamme. Manche Stücke seien zwei Jahre und manche zehn Jahre alt.
6 Nach einer Belehrung über die Reisefreigrenzen im Flugverkehr habe die Revisionsweberin schließlich behauptet, der Schmuck und die Uhr stammten aus Wien. Sie habe Fotos von sich mit dem Schmuck welche sie in Wien aufgenommen hätte gezeigt, habe aber keine Rechnungen vorweisen können.
7 Weil die Revisionswerberin während der Amtshandlung vorgebracht habe, kein Deutsch zu sprechen, sei ein amtsbekannter Dolmetsch für die ukrainische Sprache hinzugezogen worden. Dieser habe auch die Beschlagnahme bei Gefahr im Verzug für die Revisionswerberin übersetzt.
8 Der gesamte Schmuck sowie die vorgefundene Uhr seien im Beisein der Revisionswerberin genau dokumentiert und schließlich beschlagnahmt worden. Der Wert dieser Waren sei im Internet recherchiert worden und betrage mit dem niedrigsten gefundenen Preis 64.200 €.
9Als Grund der Beschlagnahme sei niederschriftlich festgehalten worden: „Die umseits angeführten Gegenstände sind gem. § 17 iVm. § 35 Abs. 4 FinStrG (Schmuggel, Hinterziehung) vom Verfall bedroht und/oder kommen im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht. Ihre Beschlagnahme war gem. § 89 Abs. 1 FinStrG zur Sicherung des Verfalls und/oder zur Beweissicherung geboten. Insbesondere liegen folgende Gründe vor: Beweismittel.“
10 Die Rechtsmittelbelehrung sei der Revisionswerberin übergeben und von der Dolmetscherin von Deutsch auf Ukrainisch übersetzt worden. Die Revisionswerberin habe die Unterschrift verweigert.
11 In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesfinanzgericht aus, für die Revisionswerberin habe betreffend die durch ihren Sohn transportierten Waren eine Verpflichtung bestanden, zumindest über Nachfrage eine mündliche Zollanmeldung zur Überlassung zum zollrechtlich freien Verkehr zu nicht kommerziellen Zwecken abzugeben. Es liege eine konkludent abgegebene Willensäußerung und die damit verbundene mögliche Zollschuldentstehung nach Art. 79 Abs. 1 Buchst. a 1. Alternative UZK für die Schmuckstücke vor.
12 Angesichts der Gesamtsituation die Schmuckstücke seien an den Zollorganen vorbei durch den Grünkanal transportiert worden, der strafunmündige Sohn habe den Schmuck zur Mutter gebracht, die Mutter habe bei ihrer ersten Befragung keine weiteren Angaben darüber gemacht, dass sie noch weitere Gepäckstücke (inklusive der Schmuckstücke) aus einem Drittland nach Österreich einbringen würde habe für die amtshandelnden Zollorgane bei Erstbeurteilung des Sachverhaltes durchaus der Verdacht bestanden, dass hier (auch) unverzollte Schmuckstücke ohne sie einem Zollverfahren zu unterziehen in das Zollgebiet der Gemeinschaft hätten verbracht werden sollen.
13 Eine Rückwareneigenschaft der Schmuckstücke habe zum Zeitpunkt der Amtshandlung nicht abschließend geprüft werden können.
14 Mit der Einholung einer schriftlichen Beschlagnahmeanordnung der Finanzstrafbehörde die mögliche Tat sei an einem gesetzlichen Feiertag begangen worden wäre nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts eine zum Unrechtsgehalt der zur Last gelegten Tat außer Verhältnis stehende lange Anhaltung der Revisionswerberin verbunden gewesen. Dem gegenüber stelle eine erst in der Folge (nach erstatteter Anzeige an die Finanzstrafbehörde) verfügte schriftliche Beschlagnahme durch die Finanzstrafbehörde und damit verbunden die Belassung des Schmucks in der Gewahrsame der Revisionswerberin genau jene Gefahrensituation dar, die den gebotenen Zugriff der Behörde auf den Schmuck hätte erschweren oder verhindern können. Somit sei „Gefahr im Verzug“ vorgelegen. Die Beschlagnahme ohne schriftliche Anordnung der zuständigen Finanzstrafbehörde sei zu Recht erfolgt.
15 Mit Beschluss vom 17. September 2024, E 975/2023 8, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der von der Revisionswerberin gegen das angefochtene Erkenntnis eingebrachten Beschwerde ab und trat diese zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab.
16 In der Folge wurde die vorliegende Revision erhoben.
17Der Verwaltungsgerichtshof hat das Vorverfahren gemäß § 36 VwGG eingeleitet. Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung in der sie Kostenersatz begehrte und zum Ausdruck brachte, die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde gelegte Rechtsansicht des Bundesfinanzgerichts zu teilen.
18 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
19Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
20Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
21Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt bei der Prüfung eines angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses eines Verwaltungsgerichts dem Revisionspunkt nach § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG entscheidende Bedeutung zu, denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt worden ist, sondern nur, ob jenes verletzt worden ist, dessen Verletzung der Revisionswerber behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder Beschlusses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 16.1.2025, Ra 2024/01/0363; 5.10.2023, Ra 2023/16/0092, jeweils mwN).
22 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besteht (im Falle einer meritorischen Entscheidung des Verwaltungsgerichts über eine Maßnahmenbeschwerde) das subjektivöffentliche Recht eines Maßnahmenbeschwerdeführers allein darin, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird (vgl. VwGH 13.9.2024, Ra 2024/01/0292; vgl. weiters z.B. auch VwGH 4.10.2022, Ra 2022/01/0179, mwN).
23 Die Revisionswerberin erachtet sich durch die angefochtene Entscheidung in ihrem „Recht auf ein gesetzmäßiges Verfahren, richtige Beweiswürdigung, mangelhafte Feststellung des Sachverhaltes sowie richtige rechtliche Beurteilung“ verletzt. Eine Verletzung subjektiv öffentlicher Rechte im Sinn der genannten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes behauptet sie indes nicht.
24Im Übrigen handelt es sich bei dem von der Revisionswerberin geltend gemachten Rechten auf „ein gesetzmäßiges Verfahren, richtige Beweiswürdigung, mangelhafte Feststellung des Sachverhalts sowie richtige rechtliche Beurteilung“ nicht um Revisionspunkte im Sinn des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiellrechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. etwa VwGH 12.8.2024, Ra 2024/13/0069, mwN).
25 Die vorliegende Revision war daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 BVG gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
26Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 22. Mai 2025