Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Lukacic Marinkovic, über die Revision des M in W, vertreten durch die Fieldfisher Rechtsanwälte GmbH Co KG in 1010 Wien, Rotenturmstraße 5 9, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 3. Mai 2024, Zl. RV/7100499/2024, betreffend Haftung gemäß § 9 BAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Österreich), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom 3. Mai 2023, mit dem der Revisionswerber als ehemaliger Geschäftsführer der M GmbH für näher bezeichnete Abgaben in näher genannter Höhe gemäß § 9 Abs. 1 iVm § 80 BAO zur Haftung herangezogen worden war, ab und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
2 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
3 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
4 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hängt die Revision nur dann von der Lösung einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG ab, wenn sich diese innerhalb des Revisionspunktes, des vom Revisionswerber selbst definierten Prozessthemas, stellt (vgl. etwa VwGH 11.2.2022, Ra 2022/13/0007, mwN).
5 Nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt dem Revisionspunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses entscheidende Bedeutung zu, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen hat, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers, sondern nur, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung er behauptet. Durch den Revisionspunkt wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses gebunden ist. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. etwa VwGH 17.12.2020, Ra 2020/16/0078, mwN).
6 Bei den in der Revision angeführten Rechten auf „fehlerfreie Anwendung der Gesetze“ und „Erlass einer fehlerfreien Ermessensentscheidung“ handelt es sich nicht um taugliche Revisionspunkte im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG, sondern allenfalls um Revisionsgründe, die nur in Verbindung mit der Verletzung eines aus einer materiell rechtlichen Vorschrift ableitbaren subjektiven Rechts zielführend vorgebracht werden können (vgl. etwa VwGH 7.5.2024, Ra 2024/02/0073; 19.9.2023, Ra 2022/12/0163; 15.9.2020 Ra 2020/16/0135).
7 Im Übrigen zeigt die Revision auch in ihrer Zulässigkeitsbegründung keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wirken im Hinblick auf die Einhebungsverjährung Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO anspruchsbezogen; sie unterbrechen die Verjährung gegenüber jedem, der als Zahlungspflichtiger etwa auch als Haftungspflichtiger in Betracht kommt (vgl. etwa VwGH 20.2.2019, Ra 2019/13/0010; 17.6.2015, Ra 2015/16/0044; 16.10.2014, Ra 2014/16/0026; 29.9.2011, 2011/16/0072).
8 Soweit im Zulässigkeitsvorbringen die zu Landesabgabenordnungen (Bgld LAO 1963, NÖ AO 1977) ergangenen Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1996, 92/17/0103, und vom 6. August 1996, 93/17/0093, 0094, ins Treffen geführt werden, genügt der Hinweis, dass mit dem Abgabenverwaltungsreformgesetz (AbgVRefG) vom 25. März 2009, BGBl. I Nr. 20, der Anwendungsbereich der BAO (samt den Verjährungsbestimmungen) auf Landes und Gemeindeabgaben ausgedehnt wurde.
9 Soweit zur Zulässigkeit der Revision weiters vorgebracht wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die Anmeldung einer Forderung im Insolvenzverfahren gemäß § 9 Abs. 1 IO eine anspruchsbezogene oder eine personenbezogene Unterbrechungshandlung darstelle, genügt es darauf hinzuweisen, dass die Inanspruchnahme persönlich Haftender durch Haftungsbescheid eine Einbringungsmaßnahme darstellt; sie ist nur zulässig, wenn die Einhebungsverjährung gegenüber dem Hauptschuldner noch nicht eingetreten ist. Damit kommt es also darauf an, ob gegenüber dem Hauptschuldner Einhebungsverjährung eingetreten ist (vgl. mit weiteren Hinweisen VwGH 20.2.2019, Ra 2019/13/0010). Hat demnach der Lauf der Verjährungsfrist erst mit Rechtskraft des Beschlusses des Insolvenzgerichts über die Aufhebung des Konkurses über das Vermögen der Hauptschuldnerin (neuerlich) zu laufen begonnen (§ 9 Abs. 1 IO), so wurde der Haftungsbescheid noch innerhalb der Verjährungsfrist erlassen (vgl. z.B. VwGH 19.5.2015, 2013/16/0016).
10 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 12. August 2024