JudikaturVwGH

Ra 2024/14/0860 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Januar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer sowie die Hofrätinnen Dr. in Sembacher und Mag. Bayer als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Janitsch, über die Revision des S N, vertreten durch Dr. Gregor Klammer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Goldschmiedgasse 6/6 8, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 6. Oktober 2023, W217 22652652/19E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger Syriens, stellte am 2. April 2021 einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), den er im Wesentlichen damit begründete, im Februar 2016 in Syrien festgenommen worden zu sein und für das syrische Militär den Wehrdienst leisten zu müssen.

2Mit Bescheid vom 3. Oktober 2022 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den Antrag des Revisionswerbers ab, erteilte ihm keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005, erließ gegen ihn eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass seine Abschiebung nach Syrien zulässig sei und legte eine Frist von 14 Tagen für die freiwillige Ausreise fest.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und sprach aus, dass die Erhebung einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

4 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese mit Erkenntnis vom 2. Oktober 2024, E 3587/2023 15, abwies.

5Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, das Bundesverwaltungsgericht gehe vor dem Hintergrund der festgestellten Länderberichte in nachvollziehbarer und nach Regionen differenzierender Weise davon aus, dass sich die Sicherheitslage in der Stadt Damaskus, dem Herkunftsort des Revisionswerbers, als nicht derart instabil darstelle, dass jede Rückkehr bereits mit einem realen Risiko einer Art. 2 oder 3 EMRK widersprechenden Gefahr verbunden wäre. Im Hinblick auf die Versorgungslage habe das Bundesverwaltungsgericht die persönlichen Umstände des Revisionswerbers er entstamme einer wohlhabenden Familie, welche in Damaskus im Haus der Familie wohne und von den Geschwistern des Revisionswerbers, welche in Deutschland, England, Frankreich und der Türkei lebten, unterstützt werdeberücksichtigt. Es könne dem Bundesverwaltungsgericht daher auch diesbezüglich nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgehe, dass dem Revisionswerber im Fall seiner Rückkehr keine reale Gefahr einer Verletzung in seinen Rechten gemäß Art. 2 und 3 EMRK drohe.

6 Mit Beschluss vom 25. Oktober 2024, E 3587/2023 18, trat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab. In der Folge wurde die gegenständliche außerordentliche Revision eingebracht.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

8Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

9Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10Vorauszuschicken ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist. Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sach- und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren (vgl. etwa VwGH 21.11.2022, Ra 2022/18/0189, mwN).

11Der Revisionswerber bringt zur Zulässigkeit der Revision zusammengefasst vor, das Bundesverwaltungsgericht sei in relevanter Weise von näher genannter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Begründungspflicht abgewichen, weil es widerstreitend zu seinen Länderfeststellungen ausgeführt habe, dass sich die Sicherheitslage in der Stadt Damaskus nicht als derart instabil darstelle, dass bei einer Rückkehr des Revisionswerbers eine Verletzung von Art. 2 oder 3 EMRK maßgeblich wahrscheinlich sei.

12Mit diesem Vorbringen wendet sich die Revision tatsächlich gegen die vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommene Beweiswürdigung. Dazu ist festzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung als Rechtsinstanz zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen ist. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 31.10.2024, Ra 2024/14/0564, mwN).

13Das Bundesverwaltungsgericht verschaffte sich im Rahmen einer Verhandlung einen persönlichen Eindruck vom Revisionswerber und befasste sich mit seiner individuellen Situation in Bezug auf seine familiären Verhältnisse und seine Heimatstadt Damaskus. Anhand der dazu getroffenen Feststellungen hat es das Vorliegen einer realen Gefahr einer Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK im Fall einer Rückkehr in vertretbarer Weise verneint. Dass die beweiswürdigenden Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Mangel behaftet wären, wird in der Revision mit ihrem Vorbringen nicht aufgezeigt.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 14. Jänner 2025