Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer, den Hofrat Mag. Nedwed und die Hofrätin Dr. in Gröger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wuketich, in der Revisionssache der Z R, vertreten durch Dr. Franz Hofbauer, Rechtsanwalt in 3370 Ybbs an der Donau, Hauptplatz 6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 15. Juni 2022, L512 2204978 1/27Z, betreffend eine Asylangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die aus dem Iran stammende Revisionswerberin stellte am 11. September 2017 einen Antrag auf internationalen Schutz, den sie im Wesentlichen damit begründete, dass ihr aufgrund ihrer exilpolitischen Tätigkeit und ihrer Konversion zum Christentum bei Rückkehr in ihre Heimat asylrelevante Verfolgung drohe.
2 Mit Bescheid vom 7. August 2018 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) diesen Antrag zur Gänze ab, erteilte der Revisionswerberin keinen Aufenthaltstitel gemäß § 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), erließ gegen sie eine Rückkehrentscheidung, stellte fest, dass ihre Abschiebung in den Iran zulässig sei, und legte eine zweiwöchige Frist für die freiwillige Ausreise fest.
3 Mit dem angefochtenen und mittels Berichtigungsbeschluss vom selben Tag um Länderfeststellungen ergänzten Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde der Revisionswerberin nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ab und erklärte die Revision für nicht zulässig.
4 Begründend führte das BVwG soweit relevant zusammengefasst aus, die Revisionswerberin, die vor dem Verlassen des Irans nicht politisch tätig gewesen sei, wäre aufgrund ihrer niederschwelligen Tätigkeiten auf Instagram im Fall ihrer Rückkehr keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Weiters sei von einer Scheinkonversion zum Christentum auszugehen. Die Revisionswerberin habe im Verfahren weder plausibel noch glaubhaft ihre Beweggründe für die behauptete Abwendung vom Islam und ihre Hinwendung zum Christentum verdeutlichen können. Auch habe sie nicht nachvollziehbar dargelegt, welche persönlichen und religiösen Aspekte sie zu einer Konversion zum Christentum bewegt hätten. Die Angaben der Revisionswerberin ließen eine Begeisterung für das Christentum und eine persönliche Motivation, diesem anzugehören, völlig vermissen. Die Revisionswerberin habe zwar in Österreich, wie viele andere iranische Konvertiten, an kirchlichen Veranstaltungen teilgenommen, sich jedoch nicht in leitender Funktion exponiert. Wegen der festgestellten Scheinkonversion könne die Revisionswerberin bei Rückkehr für die iranischen Behörden in keiner Weise von Interesse sein; Repressionen würden vor allem missionierende und praktizierende Christen betreffen. Dass die Revisionswerberin, die zum Schein konvertiert sei, den christlichen Glauben ausübe, sei auszuschließen.
5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der zu ihrer Zulässigkeit zusammengefasst geltend gemacht wird, dass der Revisionswerberin aufgrund ihres römisch-katholischen Glaubensbekenntnisses insbesondere auch unter Berücksichtigung der aktuellen Situation im Iran asylrelevante Verfolgung drohe. Das BVwG sei zu Unrecht von einer Scheinkonversion ausgegangen und jeder, der sich im Iran zu einer anderen Religion bekenne, sei erheblich gefährdet.
6 Mit diesem Vorbringen wird die Zulässigkeit der Revision nicht dargetan.
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Vorauszuschicken ist, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtmäßigkeit der Entscheidung des BVwG gemäß § 41 VwGG auf der Grundlage der Sach und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zu prüfen ist. Dementsprechend entziehen sich Änderungen der Sach und Rechtslage, die sich nach Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses ereignet haben, einer Prüfung im gegenständlichen Revisionsverfahren (vgl. etwa VwGH 15.7.2022, Ra 2020/18/0451, mwN). Die Frage, ob sich die Situation im Iran seit der Entscheidung des BVwG wie die Revision unter anderem geltend macht maßgeblich geändert hat, kann daher im Rahmen des Revisionsverfahrens keine Berücksichtigung finden.
11 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann eine begründete Furcht einer Asylwerberin vor asylrelevanter Verfolgung wegen einer Konversion vorliegen, und zwar insbesondere dann, wenn anzunehmen wäre, dass sie nach Rückkehr in ihr Herkunftsland religiöse Betätigungen vornehmen wird, die sie der tatsächlichen Gefahr einer Verfolgung aussetzen werden (vgl. VwGH 23.6.2021, Ra 2021/18/0126, mwN).
12 Bei der Beurteilung eines behaupteten Religionswechsels und einer daraus resultierenden Verfolgungsgefahr kommt es wesentlich auf die aktuell bestehende Glaubensüberzeugung von Konvertiten an, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung anhand einer näheren Beurteilung von Zeugenaussagen und einer konkreten Befragung des Asylwerbers zu seinen religiösen Aktivitäten zu ermitteln ist. Maßgebliche Indizien für einen aus innerer Überzeugung vollzogenen Religionswechsel sind beispielsweise das Wissen über die neue Religion, die Ernsthaftigkeit der Religionsausübung, welche sich etwa in regelmäßigen Gottesdienstbesuchen oder sonstigen religiösen Aktivitäten manifestiert, eine mit dem Religionswechsel einhergegangene Verhaltens bzw. Einstellungsänderung des Konvertiten sowie eine schlüssige Darlegung der Motivation bzw. des auslösenden Moments für den Glaubenswechsel (vgl. wiederum VwGH 23.6.2021, Ra 2021/18/0126, mwN).
13 Im vorliegenden Fall gelangte das BVwG nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu dem Ergebnis, dass die Revisionswerberin nur zum Schein zum Christentum konvertiert sei. Die Revision vermag mit ihrem allgemein gehaltenen Vorbringen nicht darzulegen, dass sich das BVwG mangelhaft mit den in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorgegebenen maßgeblichen Indizien zur Beurteilung einer möglichen Scheinkonversion auseinandergesetzt hätte und unvertretbar zu dem Ergebnis gelangt wäre, dass die Revisionswerberin bloß zum Schein konvertiert sei und ihr deshalb im Iran keine Verfolgung drohe (vgl. VwGH 6.9.2022, Ra 2022/18/0221, mwN). Aufgrund der angenommenen Scheinkonversion erübrigen sich Überlegungen dahingehend, welches Ausmaß einer Religionsausübung im Heimatstaat eine Verfolgungsgefahr begründen würde.
14 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
15 Wien, am 21. November 2022