Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat MMag. Maislinger, die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr. in Lachmayer sowie den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Kreil, über die Revision des Mag. C S in B, vertreten durch die Rechtsanwälte Steflitsch OG in 7400 Oberwart, Hauptplatz 14, gegen die Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts Burgenland 1. vom 18. Juli 2024, Zlen. E G04/12/2022.014/011 und E G10/12/2022.002/011, und 2. vom 28. Juli 2024, Zlen. E G04/12/2022.008/010 und E G04/12/2022.009/010, jeweils betreffend Kanalbenützungsgebühr und Wasserbezugsgebühr (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde Bad Tatzmannsdorf; weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), zu Recht erkannt:
Spruch
Die angefochtenen Erkenntnisse werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.
Die Gemeinde Bad Tatzmannsdorf hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 2.692,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 19. November 2020 („Kanal Endabrechnung“) wurde gegenüber dem Revisionswerber für den Zeitraum 16. Oktober 2019 bis 6. November 2020 die Kanalbenützungsgebühr mit 518,60 € brutto festgesetzt. Unter Berücksichtigung der verrechneten Akontozahlung von 132,48 € wurde ein Nachverrechnungsbetrag in Höhe von 386,12 € ausgewiesen; die inkludierte Umsatzsteuer (10%) wurde mit 35,11 € bestimmt. Weiters wurden gemäß § 200 BAO „Akontobeträge“ für die Kanalbenützungsgebühr des nächsten Abrechnungszeitraumes entsprechend den aus der Endabrechnung ermittelten Verbrauchsmengen festgesetzt (mit Fälligkeiten am 15. Februar, 15. Mai und 15. August).
2 Mit weiterem Bescheid vom 19. November 2020 („Wasser - Endabrechnung“) wurde gegenüber dem Revisionswerber für den Zeitraum 16. Oktober 2019 bis 6. November 2020 die Wasserbezugsgebühr mit 504 € brutto festgesetzt. Unter Berücksichtigung der verrechneten Akontozahlung von 205,29 € wurde ein Nachverrechnungsbetrag in Höhe von 298,71 € ausgewiesen; die inkludierte Umsatzsteuer (10%) wurde mit 27,16 € bestimmt. Weiters wurden gemäß § 200 BAO „Akontobeträge“ für die Wasserbezugsgebühr des nächsten Abrechnungszeitraumes entsprechend den aus der Endabrechnung ermittelten Verbrauchsmengen festgesetzt (mit Fälligkeiten am 15. Februar, 15. Mai und 15. August).
3 Gegen diese Bescheide erhob der Revisionswerber Berufungen, die mit Bescheiden des Gemeinderates vom 28. September 2021 als unbegründet abgewiesen wurden.
4 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Beschwerden.
5 Mit dem zweitangefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht diesen Beschwerden dahin Folge, dass die Abgabenfestsetzung mit „Nettobeträgen“ (exklusive Umsatzsteuer) erfolgte und gesondert Umsatzsteuer zum Nachverrechnungsbetrag ausgewiesen wurde; der „Nachverrechnungsbetrag brutto“ blieb jeweils gleich. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
6 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom 15. November 2021 („Kanal Endabrechnung“) wurde gegenüber dem Revisionswerber für den Zeitraum 7. November 2020 bis 12. November 2021 die Kanalbenützungsgebühr mit 508 € brutto festgesetzt. Unter Berücksichtigung der verrechneten Akontozahlung von 367,53 € wurde ein Nachverrechnungsbetrag in Höhe von 140,47 € ausgewiesen; die inkludierte Umsatzsteuer (10%) wurde mit 12,76 € bestimmt. Weiters wurden gemäß § 200 BAO „Akontobeträge“ für die Kanalbenützungsgebühr des nächsten Abrechnungszeitraumes entsprechend den aus der Endabrechnung ermittelten Verbrauchsmengen festgesetzt (mit Fälligkeiten am 15. Februar, 15. Mai und 15. August).
7 Mit weiterem Bescheid vom 15. November 2021 („Wasser Endabrechnung“) wurde gegenüber dem Revisionswerber für den Zeitraum 7. November 2020 bis 12. November 2021 die Wasserbezugsgebühr mit 457,20 € brutto festgesetzt. Unter Berücksichtigung der verrechneten Akontozahlung von 357,15 € wurde ein Nachverrechnungsbetrag in Höhe von 100,05 € ausgewiesen; die inkludierte Umsatzsteuer (10%) wurde mit 9,10 € bestimmt. Weiters wurden gemäß § 200 BAO „Akontobeträge“ für die Kanalbenützungsgebühr des nächsten Abrechnungszeitraumes entsprechend den aus der Endabrechnung ermittelten Verbrauchsmengen festgesetzt (mit Fälligkeiten am 15. Februar, 15. Mai und 15. August).
8 Gegen diese Bescheide erhob der Revisionswerber Berufungen, die mit Bescheiden des Gemeinderates vom 25. Juli 2022 als unbegründet abgewiesen wurden.
9 Der Revisionswerber erhob gegen diese Bescheide Beschwerden.
10 Mit dem erstangefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht diesen Beschwerden dahin Folge, dass die Abgabenfestsetzung mit „Nettobeträgen“ (exklusive Umsatzsteuer) erfolgte und gesondert Umsatzsteuer zum Nachverrechnungsbetrag ausgewiesen wurde; der „Nachverrechnungsbetrag brutto“ blieb jeweils gleich (betreffend Kanalbenützungsgebühr liegt aber ein offenbarer, geringfügiger Rechenfehler vor: ausgewiesen wird ein Nachverrechnungsbetrag von 140,74 € statt - wie sich auch aus den im Spruch ausgewiesenen Beträgen ergibt - 140,47 €). Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
11 Nach Schilderung des Verfahrensgeschehens führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen jeweils aus, der Revisionswerber sei Hälfteeigentümer einer näher bezeichneten Liegenschaft, die an das öffentliche Wasserleitungsnetz angeschlossen sei. Auf dieser Liegenschaft befinde sich ein Einfamilienhaus, das der Revisionswerber gemeinsam mit seiner Ehefrau (weitere Hälfteeigentümerin der Liegenschaft) bewohne. Die Benützung der Kanalisationsanlage sei schon seit Jahren möglich. Auf dem Grundstück befinde sich ein Naturschwimmteich; die Befüllung des Naturschwimmteiches erfolge mit Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung.
12 Nach Verweis auf Rechtsnormen (§ 7 Abs. 5 F-VG; § 17 Abs. 3 Z 4 FAG 2017; §§ 10 bis 12 Burgenländisches Kanalabgabegesetz KAbG; Verordnungen des Gemeinderates vom 7. November 2018 über die Ausschreibung von Wasserbezugsgebühren und vom 11. Dezember 2019 über die Ausschreibung einer Kanalbenützungsgebühr) führte das Verwaltungsgericht weiter aus, sowohl die Kanalbenützungsgebühr als auch die Wasserbezugsgebühr seien als Benützungsgebühren zu qualifizieren. Die Verpflichtung des Abgabenschuldners werde durch einen Abgabenbescheid festgesetzt. Er habe im Spruch die Art und Höhe der Abgabe, den Zeitpunkt ihrer Fälligkeit und die Grundlagen der Abgabenfestsetzung (Bemessungsgrundlagen) zu enthalten.
13 Die Bescheide des Bürgermeisters mit der Bezeichnung „Kanal Endabrechnung“ bzw. „Wasser Endabrechnung“ seien keine Abrechnungsbescheide iSd § 216 BAO. Weder aus der bundesgesetzlichen Ermächtigung des FAG 2017 noch aus dem KAbG ergäben sich Einschränkungen betreffend die Festlegung der Bemessungsgrundlage. Im Sinne des freien Beschlussrechtes stehe es den Gemeinden frei, die Bemessungsgrundlage für die Kanalbenützungsgebühr nach sachlichen Gesichtspunkten (unter Beachtung des Gleichheitssatzes) zu bestimmen, wobei insofern eine Einschränkung bestehe, als insgesamt das zulässige Ausmaß des mutmaßlichen Jahresertrages das doppelte Jahreserfordernis für Erhaltung, Betrieb und Finanzierung nicht übersteigen dürfe. Die Gemeinde könne daher wie im vorliegenden Fall als Bemessungsgrundlage auch den Wasserverbrauch heranziehen. Auch Wasserleitungsgebühren könnten nach dem Wasserverbrauch bemessen werden. Der Verordnungsgeber könne von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen und auch eine pauschalierte Gebühr festsetzen. Die Benützungsgebühr müsse nicht vom Ausmaß der konkreten Benützung im Einzelnen berechnet werden, weil Kosten nicht nur für die tatsächliche Leistung der Gemeinde, sondern auch für die Bereithaltung der Anlage als solche entstünden. Bei der Festlegung des Wasserverbrauchs als Bemessungsgrundlage für die Kanalbenützungsgebühr handle es sich um eine derart pauschalierte Regelung.
14 Der Revisionswerber und seine Ehefrau seien als Miteigentümer abgabepflichtig. Die belangte Behörde habe den Revisionswerber als Gesamtschuldner zur Entrichtung der Gebühren herangezogen. Nach dem Inhalt der vorgelegten Akten seien die Gebühren der Miteigentümerin nicht vorgeschrieben worden. Die Geltendmachung gegenüber einem Gesamtschuldner habe mit Abgabenbescheid zu erfolgen. Die Inanspruchnahme von Gesamtschuldnern liege im Auswahlermessen der Behörde. Vor dem Hintergrund, dass der Revisionswerber den Beruf des Rechtsanwalts ausübe, sprächen die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Revisionswerbers nicht gegen seine „Inanspruchnahme zur Haftung“ für die Gebühren. Es hätten sich auch keine Hinweise auf eine etwaige Uneinbringlichkeit des Betrags beim Revisionswerber ergeben. Es sei zulässig, die Abgabe nur einem der Gesamtschuldner gegenüber festzusetzen.
15 Unter Zugrundelegung der vom Verwaltungsgericht eingeholten Unterlagen könne - wie näher dargelegt wird - nicht davon ausgegangen werden, dass im Betrachtungszeitraum der Jahresertrag der Kanalbenützungsgebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Kanalisationsanlage überstiegen habe.
16 Bei den Bescheiden des Bürgermeisters handle es sich um ADV Bescheide gemäß § 96 Abs. 2 BAO. Die Behörde gebe die entscheidungsrelevanten Daten in das Programm ein, sodann erfolge die behördliche Entscheidung automationsunterstützt. Die Bescheide entsprächen den Erfordernissen des § 96 Abs. 2 BAO.
17 Gegen diese Erkenntnisse wendet sich die Revision.
18 Nach Einleitung des Vorverfahrens haben sich die belangte Behörde sowie die weitere Partei nicht am Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beteiligt.
19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
20 Die Revision ist zulässig und begründet.
21 Gemäß § 6 Abs. 1 BAO sind Personen, die nach Abgabenvorschriften dieselbe abgabenrechtliche Leistung schulden, Gesamtschuldner (Mitschuldner zur ungeteilten Hand, § 891 ABGB). Personen, die gemeinsam zu einer Abgabe heranzuziehen sind, sind nach § 6 Abs. 2 BAO ebenfalls Gesamtschuldner.
22 Sind zur Entrichtung einer Abgabe mehrere Personen als Gesamtschuldner verpflichtet, so kann nach § 199 BAO gegen sie ein einheitlicher Abgabenbescheid erlassen werden, und zwar auch dann, wenn nach dem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis die Abgabe nicht von allen Gesamtschuldnern zu tragen ist. Der Gesetzgeber regelt sohin explizit, dass bereits die Abgabenfestsetzung (nicht erst deren Einhebung) bei Gesamtschuldnern einheitlich erfolgen „kann“. Es liegt also (entgegen dem Revisionsvorbringen) im Ermessen der Abgabenbehörde, ob Abgabenbescheide gegen alle Gesamtschuldner einheitlich erlassen werden (vgl. Ritz/Koran , BAO 7 , § 199 Tz 1 und 3).
23 Entgegen dem Revisionsvorbringen führt sohin die Festsetzung der Abgaben (nur) gegenüber dem Revisionswerber weder zur Unwirksamkeit noch zur Rechtswidrigkeit der Entscheidungen des Bürgermeisters, des Gemeinderats oder des Verwaltungsgerichts.
24 Gemäß § 7 Abs. 5 F-VG kann die Bundesgesetzgebung Gemeinden ermächtigen, bestimmte Abgaben auf Grund eines Beschlusses der Gemeindevertretung auszuschreiben.
25 Mit § 17 Abs. 3 Z 4 Finanzausgleichsgesetz 2017 (FAG 2017) wurden die Gemeinden u.a. ermächtigt, durch Beschluss der Gemeindevertretung Abgaben vorbehaltlich weiter gehender Ermächtigung durch die Landesgesetzgebung auszuschreiben: Gebühren für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und anlagen, die für Zwecke der öffentlichen Verwaltung betrieben werden, mit Ausnahme von Weg- und Brückenmauten, bis zu einem Ausmaß, bei dem der mutmaßliche Jahresertrag der Gebühren das doppelte Jahreserfordernis für die Erhaltung und den Betrieb der Einrichtung oder Anlage sowie für die Verzinsung und Tilgung der Errichtungskosten unter Berücksichtigung einer der Art der Einrichtung oder Anlage entsprechenden Lebensdauer nicht übersteigt.
26 Sowohl bei den Kanalbenützungsgebühren (vgl. hiezu etwa die auch in VwGH 20.10.2022, Ra 2022/13/0025, zitierten Gesetzesmaterialien zur Änderung des § 11 KAbG mit LGBl. Nr. 37/1990) als auch bei den Wasserbezugsgebühren (vgl. z.B. Frank in Pabel , Das österreichische Gemeinderecht, 11. Teil, Rz 61; vgl. weiters z.B. VfGH 7.12.2023, V 76/2023 u.a.) handelt es sich um Benützungsgebühren iSd § 17 Abs. 3 Z 4 FAG 2017. Eine gesetzliche Ermächtigung zur Ausschreibung und Erhebung (auch) von Wasserbezugsgebühren als öffentlich-rechtliche Abgabe ist somit entgegen dem Revisionsvorbringen auch bei Fehlen einer landesgesetzlichen Ermächtigung für Gemeinden im Burgenland gegeben.
1. Kanalbenützungsgebühr
27 Sofern Gemeinden auf Grund bundesgesetzlicher Ermächtigung durch Verordnung des Gemeinderates Gebühren für die Benützung der Kanalisationsanlage vorschreiben, gelten gemäß § 10 Abs. 1 (burgenländisches) Kanalabgabegesetz (KAbG) die folgenden Bestimmungen, wobei es nach § 10 Abs. 2 KAbG dem Gemeinderat freisteht, innerhalb der bundesgesetzlichen Ermächtigung hinsichtlich des Abgabengegenstandes, der Entstehung der Abgabenschuld, des Abgabenschuldners und der Fälligkeit von diesem Gesetz abweichende Bestimmungen zu treffen.
28 Gemäß § 11 Abs. 4 KAbG ist die Kanalbenützungsgebühr mit ihrem Jahresbetrag festzusetzen. Nach § 11 Abs. 4 letzter Satz KAbG wird die Kanalbenützungsgebühr am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig.
29 Nach der in den angefochtenen Erkenntnissen zitierten Verordnung des Gemeinderates vom 11. Dezember 2019 wird der Gebührensatz mit 1,82 € pro verbrauchtem Kubikmeter Wasser festgesetzt; die gesetzliche Umsatzsteuer ist gesondert hinzuzurechnen. Der Gebührenanspruch entsteht mit Beginn des Monats, in dem erstmalig die Benützung der Kanalisationsanlage möglich ist. Die Kanalbenützungsgebühr wird am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig. Nach § 6 der Verordnung trat diese Verordnung mit 1. Jänner 2020 in Kraft; gleichzeitig trat die Verordnung vom 7. November 2018 betreffend Kanalbenützungsgebühr außer Kraft.
30 Zunächst ist darauf zu verweisen, dass diese Verordnung somit nicht auf den vor dem 1. Jänner 2020 liegenden Zeitraum anwendbar ist; soweit also mit dem zweitangefochtenen Erkenntnis auch Kanalbenützungsgebühren für den Zeitraum 16. Oktober 2019 bis 31. Dezember 2019 festgesetzt wurden, kann diese Festsetzung nicht auf die im angefochtenen Erkenntnis zitierte Verordnung vom 11. Dezember 2019 gestützt werden. Hingewiesen sei aber darauf, dass im Bescheid des Bürgermeisters vom 19. November 2020 erst für den Zeitraum ab 1. Jänner 2020 der in der zitierten Verordnung angeführte Gebührensatz (insoweit inklusive Umsatzsteuer) angesetzt wurde. Für den davor liegenden Zeitraum wurde hingegen ein von dieser Verordnung abweichender (geringerer) Gebührensatz angesetzt; ob dieser Gebührensatz in der vorangegangenen Verordnung Deckung finden könnte, kann hier auf sich beruhen.
31 § 11 Abs. 4 KAbG sieht vor, dass die Kanalbenützungsgebühr mit ihrem Jahresbetrag festzusetzen ist. Unter „Jahr“ ist dabei, wie sich aus § 11 Abs. 5 letzter Satz KAbG ergibt, das Kalenderjahr zu verstehen (vgl. VwGH 29.9.1997, 93/17/0302). In gleicher Weise wie § 11 Abs. 5 letzter Satz KAbG sieht auch die Verordnung des Gemeinderates vor, dass die Kanalbenützungsgebühr an den genannten Tagen „zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages“ fällig wird.
32 Die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr hat daher wie vom Revisionswerber geltend gemacht jeweils für ein Kalenderjahr zu erfolgen. Da sich die Kanalbenützungsgebühr (nach der zitierten Verordnung) nach der verbrauchten Wassermenge richtet, kann diese Gebühr jeweils erst im Nachhinein für das vergangene Kalenderjahr (endgültig) festgesetzt werden. In diesem Sinne erfolgten mit den Bescheiden des Bürgermeisters auch folgerichtig gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Festsetzungen („Akonto“) jeweils für das Folgejahr. Zu diesen vorläufigen Festsetzungen wären aber nach Ablauf des Kalenderjahres und Ermittlung der in diesem Kalenderjahr verbrauchten Wassermenge (nach den in den Verfahrensakten befindlichen Bescheiden liegen insoweit digitale Wasserzähler vor), wenn also die Ungewissheit betreffend den Umfang der Abgabepflicht beseitigt ist, gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültige Festsetzungen für das Kalenderjahr vorzunehmen gewesen.
33 Eine zusammengefasste (vgl. dazu etwa § 201 Abs. 4 BAO) Festsetzung wie hier vorgenommen für einen Zeitraum, der mehrere Kalenderjahre betrifft, ist in den anwendbaren Rechtsgrundlagen (anders als eine anteilige Festsetzung bei Entstehen des Abgabenanspruchs während des Jahres oder bei einer Veränderung während des Jahres; vgl. § 11 Abs. 5 zweiter und dritter Satz KAbG) nicht vorgesehen. Im Hinblick darauf, dass die Festsetzung der Abgabe (in der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Weise) sich pauschal auf den gesamten Zeitraum erstreckt, erfüllt diese Festsetzung auch nicht die Voraussetzungen einer Festsetzung im Wege eines Sammelbescheides (Sammelerkenntnisses). Dazu wäre es erforderlich, für das jeweilige Kalenderjahr die Bemessungsgrundlagen und die Abgabe anzugeben (vgl. z.B. VwGH 9.8.2001, 2001/16/0243, mwN).
34 Die angefochtenen Erkenntnisse erweisen sich daher insoweit aus diesem Grund als rechtswidrig.
2. Wasserbezugsgebühren
35 Das (Burgenländische) Gesetz über die Einhebung einer Wasserleitungsabgabe durch die Gemeinden (Stammfassung LGBl. Nr. 6/1962) ermächtigt die Gemeinden (lediglich) zur Einhebung einer einmaligen Wasserleitungsabgabe (§ 1 Abs. 1 leg. cit.). Sie ist für alle Baulichkeiten zu entrichten, die an die Wasserleitung angeschlossen werden oder für die eine Anschlusspflicht an die Wasserleitung besteht (§ 2 Abs. 1 leg. cit.). Eine derartige Abgabe ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
36 Zur Erhebung von Wasserbezugsgebühren sind aber die Gemeinden wie bereits eingangs dargelegt bundesgesetzlich ermächtigt.
37 Nach der in den angefochtenen Erkenntnissen zitierten Verordnung des Gemeinderates vom 7. November 2018 werden für den Bezug von Wasser aus der öffentlichen Wasserleitung und die Benützung von Wassermessern im Bereich der Gemeinde Wasserbezugs- und Zählergebühren ausgeschrieben. Die Höhe der Wasserbezugsgebühr beträgt pro Kubikmeter 1,64 €; die gesetzliche Umsatzsteuer ist jeweils gesondert hinzuzurechnen. Die Gebührenschuld entsteht mit dem Zeitpunkt des Anschlusses an das öffentliche Wasserleitungsnetz. Die Wasserbezugsgebühr wird am 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November zu je einem Viertel ihres Jahresbetrages fällig. Die (zitierte) Verordnung trat mit 1. Jänner 2019 in Kraft.
38 Da die Formulierung zur Fälligkeit jener entspricht, die auch die Verordnung zur Kanalbenützungsgebühr und § 11 KAbG verwenden, ist auch im Hinblick darauf, dass diese Normen verwandte Rechtsgebiete regeln, anzunehmen, dass auch betreffend die Wasserbezugsgebühren die Festsetzung der Abgabe jeweils für ein Kalenderjahr zu erfolgen hat. Es ist nicht ersichtlich, dass aus dem Umstand, dass hier der Gebührensatz nicht ausdrücklich an „verbrauchte Kubikmeter Wasser“ anknüpft, sondern ein Gebührensatz „pro Kubikmeter“ festgesetzt ist, abzuleiten wäre, dass damit eine inhaltlich anders gemeinte Regelung vorliege.
39 Auch die Festsetzung der Wasserbezugsgebühr hat daher - wie vom Revisionswerber geltend gemacht - jeweils für ein Kalenderjahr zu erfolgen. Auch diese kann jeweils erst im Nachhinein für das vergangene Kalenderjahr (endgültig) festgesetzt werden. In diesem Sinne erfolgten auch hier mit den Bescheiden des Bürgermeisters folgerichtig gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufige Festsetzungen („Akonto“) jeweils für das Folgejahr. Zu diesen vorläufigen Festsetzungen wären aber nach Ablauf des Kalenderjahres und Ermittlung der in diesem Kalenderjahr verbrauchten (bezogenen) Wassermenge gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültige Festsetzungen für das Kalenderjahr vorzunehmen gewesen.
40 Auch insoweit erweisen sich die angefochtenen Erkenntnisse (wie zur Kanalbenützungsgebühr bereits ausgeführt) als rechtswidrig.
41 Die angefochtenen Erkenntnisse waren daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben, wobei es sich erübrigte, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.
42 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff (insbesondere § 52) VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 26. März 2025