JudikaturVwGH

Ra 2024/10/0161 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
11. Februar 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger und den Hofrat Dr. Eisner als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der J S in S, vertreten durch die Erziehungsberechtigten N und E S, diese vertreten durch die Kranebitter Rechtsanwalts GmbH, Liebhartsgasse 36/16 17, 1160 Wien, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2024, Zl. W128 2293576 1/2E, betreffend eine Angelegenheit des Schulpflichtgesetzes 1985 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Niederösterreich), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 3. Juli 2024 wurde die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den Bescheid der Bildungsdirektion Niederösterreich vom 30. April 2024, mit welchem gemäß § 5 iVm. § 24 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG) der Besuch einer öffentlichen Schule bzw. einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Privatschule mit gesetzlich geregelter Schulbezeichnung angeordnet worden war, als unbegründet abgewiesen. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Dagegen erhob die revisionswerbende Partei zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2024, E 3165/2024 6 ablehnte, und sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

3 Innerhalb der Frist des § 26 Abs. 4 VwGG erhob die revisionswerbende Partei die vorliegende Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, der Verwaltungsgerichtshof habe die Rechtsfragen zu prüfen, ob eine grundsätzliche Berechtigung zur Inanspruchnahme von häuslichem Unterricht bestehe, ob dem „Staat“ das Recht einer „Schulzuweisung“ zustehe und ob und in welchem Ausmaß das Recht auf häuslichen Unterricht tatsächlich einer „Verwirkung“ zugänglich sei, insbesondere wenn eine derart ausgelegte Verwirkung einen massiven Eingriff in das schulische Fortkommen der Rechtsunterworfenen habe und in jedem Fall als dem Kindeswohl abträglich angesehen werden müsse. „Stehe dem Staat eine derartige Beeinträchtigung der Lebensqualität und des Bildungsniveaus einer minderjährigen Person überhaupt zu?“

8 Des weiteren wird die Frage aufgeworfen, ob „das Recht auf häuslichen Unterricht durch ein einfaches Gesetz eingeschränkt“ werden könne. Es stelle sich die Frage nach der Kompetenz des Gesetzgebers, mit der Erlassung eines einfachen Gesetzes derart nachdrücklich in letztlich ausdrücklich ohne entsprechenden Gesetzesvorbehalt erlassene verfassungsgemäß gewährleistete Rechte einzugreifen. „Und selbst dann, wenn man dem einfachen Gesetzgeber ein solches Recht zugestehen will, ist die Frage nach dem Ausmaß der Zulässigkeit und insbesondere hinsichtlich der erforderlichen Berücksichtigung des Kindeswohles im Einzelfall zu prüfen. Müsste nicht für jede Form der Vorschreibung eine entsprechende Prüfpflicht für derartige Einschränkungen normiert werden?“

9 Abschließend wird in der Zulässigkeitsbegründung die Frage aufgeworfen, „inwieweit die menschliche Würde eines Kindes im Rahmen einer Schulzuweisung zu achten“ sei.

10 Die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision erfolgt ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulässigkeitsbegründung. Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. etwa VwGH 16.5.2024, Ra 2024/06/0010, mwN).

11 In den demnach zur Zulässigkeit der Revision allein maßgeblichen Revisionszulässigkeitsgründen ist dabei konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat (vgl. für viele etwa VwGH 19.2.2024, Ra 2024/06/0014, mwN).

12 Mit der in der vorliegenden Zulässigkeitsbegründung bloß pauschalen Aneinanderreihung von Rechtsfragen ohne Bezugnahme auf den konkreten Sachverhalt wird den Anforderungen an die gesetzmäßige Ausführung einer außerordentlichen Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG nicht entsprochen, weil mit den Ausführungen nicht aufgezeigt wird, inwiefern das rechtliche Schicksal der Revision von den abstrakt gestellten Rechtsfragen abhängen sollte (vgl. etwa VwGH 11.7.2024, Ra 2021/06/0051, mwN). Dem Zulässigkeitsvorbringen der vorliegenden Revision mangelt es an der erforderlichen Verknüpfung zwischen der individualisierten Rechtsfrage, dem konkret zu Grunde gelegten Sachverhalt und der darauf basierenden rechtlichen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, die den Verwaltungsgerichtshof erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob eine grundsätzliche Rechtsfrage überhaupt vorliegt (vgl. neuerlich VwGH 11.7.2024, Ra 2021/06/0051, mwN). Zur Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof auf Grund von Revisionen gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zuständig (vgl. etwa VwGH 13.11.2023, Ra 2023/06/0134, mwN).

13 Zu den von der Revisionswerberin unterbreiteten verfassungsrechtlichen Bedenken ist zudem auf Art. 133 Abs. 5 B VG zu verweisen. Eine (behauptete) Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten fällt in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes (vgl. etwa VwGH 15.10.2024, Ra 2024/10/0133, mwN).

14 Soweit die Revisionswerberin vorbringt, dass der Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision nicht begründet worden sei, ist ihr zu entgegnen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch eine fehlende Begründung des Ausspruches über die Zulässigkeit der Revision nicht dazu führt, dass die Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig wäre. Die Zulässigkeitsbegründung der außerordentlichen Revision muss vielmehr Gründe anführen, aufgrund derer anzunehmen wäre, dass die Lösung des Revisionsfalles von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhinge (vgl. VwGH 8.10.2019, Ra 2019/22/0191, mwN).

15 In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revison war daher zurückzuweisen.

Wien, am 11. Februar 2025

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