Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision des mj. A M in W, vertreten durch die Zacherl Schallaböck Proksch Manak Kraft Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Teinfaltstraße 8/5.01, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. September 2023, Zl. W129 2275484/3E, betreffend Schulpflicht (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bildungsdirektion für Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. Mai 2023 wurde der Antrag des am 4. Juni 2015 geborenen Revisionswerbers auf Feststellung, dass seine Schulpflicht „noch nicht begonnen“ habe, abgewiesen (Spruchpunkt I.) und festgestellt, dass der Revisionswerber schulpflichtig sei (Spruchpunkt II.).
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 12. September 2023 wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
3 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 10. Juni 2024, E 3363/2023, E 3804/2023 8, deren Behandlung ablehnte und diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG zur Entscheidung abtrat.
4 Im diesem Beschluss führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem Folgendes aus:
„Soweit die Beschwerden aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühren, als die Rechtswidrigkeit der die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften behauptet wird, lässt ihr [Vorbringen] vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes die behaupteten Rechtsverletzungen, die Verletzung in einem anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg haben. So sind keine Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit des § 2 Schulpflichtgesetz 1985, BGBl. 76/1985, idF BGBl. I 138/2017 entstanden. ...“
5 In seiner mit Blick auf § 26 Abs. 4 VwGG rechtzeitig erhobenen außerordentlichen Revision bringt der Revisionswerber unter der Überschrift „ 4. Revisionspunkte “ das Folgende vor:
„Der Revisionswerber erachtet sich durch das angefochtene Erk in folgenden subjektiv öffentlichen Rechten verletzt:
(i) Recht auf Schulbesuch nach § 2 SchPflG;
(ii) Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nach Art 7 B VG und Art 2 StGG, sowie Art 6 Satz 2 B VG Kinder;
(iii) Recht auf Bildung nach Art 2 1. ZPMRK und Art 17 StGG;
(iv) Rechts auf eine wirksame Grundrechtsbeschwerde nach Art 13 EMRK
(iv) Recht auf Erwerbsfreiheit nach Art 6 und 18 StGG;
(v) Recht auf Eigentumsfreiheit nach Art 1 1. ZPMRK und Art 5 StGG;
(vi) sowie die korrespondierenden Grundrechte der EU Grundrechtecharta, insb das Recht auf Bildung nach Art 14 GRC, das Recht auf Integration von Menschen mit Behinderung nach Art 26 GRC das Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz nach Art 20 GRC, das Recht auf Nichtdiskriminierung nach Art 21 GRC, die Rechte des Kindes nach Art 24 GRC, die Berufsfreiheit nach Art 15 GRC, die Eigentumsfreiheit nach Art 17 GRC.“
6 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.
7 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich ausgeführt, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. VwGH 15.5.2024, Ra 2024/10/0067; 13.9.2023, Ra 2023/10/0375; 13.3.2023, Ra 2022/10/0089).
8 § 2 Schulpflichtgesetz 1985 (SchPflG), BGBl. Nr. 76/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 138/2017, lautet wie folgt:
„ Beginn der allgemeinen Schulpflicht
§ 2. (1) Die allgemeine Schulpflicht beginnt mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September.
(2) Wenn die Geburt des Kindes vor dem gemäß dem Mutter Kind Pass als Tag der Geburt festgestellten Tag erfolgte, dann tritt für die Bestimmung des Beginns der allgemeinen Schulpflicht auf Wunsch der Erziehungsberechtigten dieser Tag an die Stelle des Tages der Geburt. Ein derartiger Wunsch ist im Zuge der Schülereinschreibung (§ 6 Abs. 1) unter gleichzeitiger Vorlage des Mutter Kind Passes vorzubringen. Der Schulleiter oder die Schulleiterin hat den sich daraus ergebenden Beginn der allgemeinen Schulpflicht den Erziehungsberechtigten schriftlich zu bestätigen und die zuständige Bildungsdirektion hievon zu verständigen.“
9 Soweit der Revisionswerber als Revisionspunkte eine Verletzung von im B VG, der EMRK, dem StGG oder andernorts verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten geltend macht, fällt deren Prüfung nach Art. 144 Abs. 1 B VG in die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes und damit nicht in jene des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. VwGH 15.5.2024, Ra 2024/10/0067; 22.1.2024, Ra 2023/09/0176; 5.3.2021, Ra 2020/09/0072). Soweit auch eine Verletzung einzelner Artikel der Grundrechte Charta der Europäischen Union behauptet wird, mangelt es im Revisionsfall an einer nach Art. 51 Abs. 1 der Grundrechte Charta erforderlichen Durchführung des Rechts der Europäischen Union und somit an einem Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt (vgl. nochmals VwGH 22.1.2024, Ra 2023/09/0176; 5.3.2021, Ra 2020/09/0072; siehe zum SchPflG auch VfGH 10.3.2015, VfSlg. 19.958).
10 Was schließlich eine Verletzung im „Recht auf Schulbesuch nach § 2 SchPflG“ durch das angefochtene Erkenntnis anbelangt, so kommt eine derartige Verletzung schon deshalb nicht in Betracht, weil mit diesem Erkenntnis (durch Abweisung der Beschwerde gegen den behördlichen Bescheid) der Antrag des Revisionswerbers auf behördliche Feststellung, dass seine Schulpflicht „noch nicht begonnen“ habe, abgewiesen und festgestellt wurde, dass der Revisionswerber schulpflichtig sei. Eine Verletzung im Recht auf Feststellung, dass die Schulpflicht noch nicht begonnen habe bzw. nicht bestehe, wurde nicht geltend gemacht. Eine dahingehende Umdeutung der behaupteten Rechtsverletzung scheidet nach der genannten hg. Judikatur aus.
11 Die Revision war daher mangels tauglichen Revisionspunktes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 26. August 2024