Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel, den Hofrat Dr. Doblinger und die Hofrätin Mag. Schindler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Rieder, über die außerordentliche Revision des Dr. A B in C, vertreten durch die Prutsch Lang Damitner Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Joaneumring 6/III, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 10. November 2023, VGW 172/091/5161/2023/E 25, betreffend Disziplinarstrafe nach dem Ärztegesetz 1998 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarrat der Österreichischen Ärztekammer Disziplinarkommission für Wien), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Zur Vorgeschichte wird auf das im ersten Rechtsgang ergangene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 2023, Ra 2021/09/0001, verwiesen.
2 Mit dem im zweiten Rechtsgang im Beschwerdeverfahrenen ergangenen und angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien wurde der Revisionswerber schuldig erkannt, die Disziplinarvergehen nach § 136 Abs. 1 Z 1 und 2 Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) dadurch begangen zu haben, dass er per E Mail seinen für 4. April 2019 geplanten Vortrag „Impfen Das Geschäft mit der Unwissenheit“ mit der Behauptung beworben habe, Impfungen seien unwirksam und schädlich. Es verhängte über den Revisionswerber hiefür eine bedingte Geldstrafe in der Höhe von € 2.000, und verpflichtete ihn zum Ersatz der Kosten des Disziplinarverfahrens.
3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
4 Gemäß § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG hat die Revision u.a. die Bezeichnung der Rechte, in denen der Revisionswerber verletzt zu sein behauptet (Revisionspunkte), zu enthalten.
5 Durch die vom Revisionswerber vorgenommene Bezeichnung der Revisionspunkte wird der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Erkenntnisses oder des angefochtenen Beschlusses gemäß § 41 VwGG gebunden ist. Danach hat der Verwaltungsgerichtshof nicht zu prüfen, ob durch die angefochtene Entscheidung irgendein subjektives Recht des Revisionswerbers verletzt wurde, sondern nur zu prüfen, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung dieser behauptet. Der in § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG geforderten Angabe der Revisionspunkte kommt für den Prozessgegenstand des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof insoweit entscheidende Bedeutung zu, als der Revisionswerber jenes subjektive Recht herauszuheben hat, dessen behauptete Verletzung die Legitimation zur Revisionserhebung erst begründet. Wird der Revisionspunkt unmissverständlich behauptet, so ist er einer Auslegung aus dem Gesamtzusammenhang der Revision nicht zugänglich (vgl. aus der ständigen Rechtsprechung etwa VwGH 13.1.2022, Ra 2021/09/0259, mwN).
6 In der Revision wird geltend gemacht, der Revisionswerber erachte sich in seinem subjektiven Recht darauf, dass „die Behörde die entscheidungswesentlichen Beurteilungsgrundlagen gesetzmäßig anwendet und ihre Aufgaben im Rahmen der Offizialmaxime nicht zu seinem Nachteil vernachlässigt“ sowie „ihrer Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsfindung nachkommt und vor Erlassung eines Bescheides auch die von ihm beantragten Beweise zu relevanten Beweisthemen aufnimmt, damit vollständige und umfassende Ermittlungsergebnisse vorliegen, die dann von der belangten Behörde im Sinne einer nachvollziehbaren Würdigung zu beurteilen sind“. Weiters erachte sich der Revisionswerber in seinem subjektiven Recht darauf, dass „ihm die belangte Behörde die Vorlage konkreter Beweismittel aufträgt, wenn diese zur Wahrheitsfindung notwendig sind“ sowie im Recht darauf, dass „die belangte Behörde nicht auf der Grundlage von unvollständigen und unzureichenden Ermittlungsergebnissen eine Entscheidung trifft“ und „sich nicht ohne weitere Ermittlungen und ohne eine Begründung über seine Behauptungen, seine vorgelegten Unterlagen sowie Dokumente und seine wesentlichen Beweisanträge hinwegsetzt“. Zudem erachte sich der Revisionswerber in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht der freien Meinungsäußerung verletzt, das ihm auch in der Ausübung seines Berufes zustehe.
7 Mit dem oben wiedergegebenen Vorbringen wird kein subjektiv öffentliches Recht im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG angeführt. Die Verletzung von Verfahrensvorschriften für sich stellt keinen tauglichen Revisionspunkt dar, sondern zählt zu den Revisionsgründen. Die behauptete Verletzung von Verfahrensvorschriften kann nämlich nicht losgelöst von materiellen Rechten zu einer Verletzung subjektiver Rechte führen. Ein abstraktes Recht auf richtige Gesetzesanwendung besteht nicht (vgl. VwGH 25.1.2022, Ra 2022/09/0006, mwN).
8 Zur Prüfung der weiters behaupteten Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berufen (vgl. zum Recht auf Erwerbs[ausübungs]freiheit und auf Meinungsäußerungsfreiheit ebenfalls VwGH 28.6.2022, Ro 2022/09/0006, mwN).
9 Eine Verletzung im Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung mangels Vorliegens eines Disziplinarstraftatbestandes hat der Revisionswerber nicht geltend gemacht (vgl. etwa VwGH 12.3.2021, Ro 2021/09/0003, mwN). Eine dahingehende Umdeutung der behaupteten Rechtsverletzung scheidet nach der dargestellten Rechtsprechung jedoch aus.
10 Die Revision war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
11 Darüber hinaus erweist sich die gegenständliche Revision auch nicht als gesetzmäßig ausgeführt, weil die Darstellung der Gründe für die Zulässigkeit zwar unter der Überschrift „2. Zur Zulässigkeit der außerordentlichen Revision“ erfolgt und ein eigenes Kapitel „3. Revisionsgründe“ vorhanden ist, jedoch in den Ausführungen unter der Überschrift „Revisionsgründe“ inhaltlich bloß auf die Zulässigkeitsbegründung verwiesen wird und lediglich ergänzende Darlegungen zum Vorliegen einer grundsätzlichen Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG enthält.
12 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Zusammenhang mit dem Erfordernis nach § 28 Abs. 3 VwGG, die Gründe für die Zulässigkeit der Revision gesondert darzustellen, sind jedoch die Gründe für die Zulässigkeit der Revision (insbesondere auch) gesondert von den Revisionsgründen gemäß § 28 Abs. 1 Z 5 VwGG darzustellen. Der Darstellung von Revisionsgründen wird nicht dadurch entsprochen, dass auf die Ausführungen zu den Zulässigkeitsgründen verwiesen wird (vgl. etwa VwGH 4.5.2021, Ra 2021/09/0088, mwN) oder wenn die zur Zulässigkeit der Revision erstatteten Ausführungen der Sache nach Revisionsgründe (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) darstellen oder das Vorbringen zur Begründung der Zulässigkeit der Revision mit Ausführungen, die inhaltlich (bloß) Revisionsgründe darstellen, in einer Weise vermengt ist, dass keine gesonderte Darstellung der Zulässigkeitsgründe im Sinne der Anordnung des § 28 Abs. 3 VwGG vorliegt (vgl. etwa VwGH 15.7.2020, Ra 2020/11/0096, mwN).
Wien, am 15. Februar 2024