Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des F K in V, vertreten durch Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2024, L517 2286825 1/11E, betreffend Widerruf und Rückforderung von Arbeitslosengeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Vöcklabruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit dem angefochtenen, im Beschwerdeweg ergangenen Erkenntnis sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass der Arbeitslosengeldbezug des Revisionswerbers im Zeitraum 1. September 2023 bis 30. November 2023 gemäß § 24 Abs. 2 AlVG widerrufen und gemäß § 25 Abs. 1 AlVG das unberechtigt empfangene Arbeitslosengeld in Höhe von € 4.381,63 zurückgefordert werde.
2 Der Revisionswerber habe am 1. August 2023 eine geringfügige Beschäftigung bei der M. GmbH und am 11. September 2023 eine weitere geringfügige Beschäftigung „bei der Bildungsdirektion Oberösterreich“ (als Lehrer) aufgenommen. Im Rahmen dieser Dienstverhältnisse habe der Revisionswerber im September 2023 insgesamt ein Bruttogehalt von € 551,59, im Oktober 2023 von € 527,40 und im November 2023 von € 527,40 erhalten. Damit sei jeweils die Geringfügigkeitsgrenze in Höhe von € 500,91 überschritten worden. Dies sei gemäß § 12 Abs. 6 lit. a AlVG der Zuerkennung von Arbeitslosengeld entgegen gestanden, sodass es zu widerrufen gewesen sei.
3 Die Rückforderung des Arbeitslosengelds gründete das Bundesverwaltungsgericht tragend auf § 25 Abs. 1 zweiter Fall AlVG, wonach der Empfänger zum Ersatz des unberechtigt Empfangenen zu verpflichten ist, wenn er den Bezug durch Verschweigung maßgeblicher Tatsachen herbeigeführt hat. Der Revisionswerber habe das zweite geringfügige Beschäftigungsverhältnis nicht bekannt gegeben, wodurch er seine Meldepflichten gegenüber dem Arbeitsmarktservice verletzt habe. Dadurch werde der genannte Rückforderungstatbestand erfüllt.
4 Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
5 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Unter diesem Gesichtspunkt bringt der Revisionswerber vor, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wonach die Meldepflichtverletzung kausal für den unberechtigten Leistungsbezug sein müsse. Das Bundesverwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es auch bei Meldung der zweiten geringfügigen Beschäftigung zur Auszahlung des Arbeitslosengelds gekommen wäre, weil die Geringfügigkeitsgrenze in den Monaten September bis November 2023 nicht überschritten worden sei. Erst auf Grund einer Nachverrechnung und Neueinstufung der Tätigkeit als Lehrer im Dezember 2023 sei es zur Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze gekommen. Die Meldepflichtverletzung sei sohin nicht kausal für die Auszahlung des Arbeitslosengeldes gewesen, dessen Bezug erst durch die Nachverrechnung unberechtigt geworden sei.
9 Nach dem vom Revisionswerber zitierten Beschluss VwGH 29.6.2016, Ra 2016/08/0100, reicht es für die Bejahung der Kausalität einer Meldepflichtverletzung aber aus, dass die rechtzeitige und korrekte Meldung potentiell die objektiv gesetzwidrige Auszahlung verhindern hätte können. Dies trifft auch im hier vorliegenden Fall zu, weil die Meldung der Arbeitsaufnahme dem Arbeitsmarktservice die Überprüfung ermöglicht hätte, ob die durch den Dienstgeber vorgenommene Einstufung korrekt war und die Geringfügigkeitsgrenze somit unter Zugrundelegung des maßgeblichen Anspruchslohns tatsächlich nicht überschritten wurde.
10 Da im gesamten Verfahren weder die Meldepflichtverletzung als solche noch die Überschreitung der Geringfügigkeitsgrenze bestritten wurde, durfte das Bundesverwaltungsgericht auch von einem geklärten Sachverhalt ausgehen und von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung absehen.
11 Richtig ist, dass die Meldepflichtverletzung wie der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung weiter vorbringt zumindest bedingt vorsätzlich erfolgt sein muss, um den Tatbestand des Verschweigens zu erfüllen. Dabei muss sich der Vorsatz nur auf die Verletzung der Meldepflicht und nicht auch darauf beziehen, dass das Arbeitsmarktservice tatsächlich keine Kenntnis von den meldepflichtigen Tatsachen erlangt (vgl. VwGH 30.1.2018, Ra 2017/08/0125, mwN).
12 Der Revisionswerber legt nun aber nicht dar, warum trotz des vom Bundesverwaltungsgericht festgestellten Hinweises im Antragsformular auf die Verpflichtung, den Eintritt in ein (sei es auch geringfügiges) Arbeitsverhältnis dem Arbeitsmarktservice sofort zu melden kein Vorsatz im genannten Sinn vorgelegen sein sollte (vgl. auch VwGH 19.12.2007, 2004/08/0129, wonach dann, wenn während des Bezugs von Geldleistungen aus der Arbeitslosenversicherung Erwerbstätigkeiten nicht gemeldet werden, im Zweifel davon ausgegangen werden kann, dass dabei schon angesichts des jedem Arbeitslosen zu unterstellenden Alltagswissens eine Verletzung der Meldepflicht zumindest billigend in Kauf genommen wurde, also Vorsatz in der Form des dolus eventualis vorliegt).
13 Schließlich bringt der Revisionswerber zur Zulässigkeit der Revision noch vor, es fehle Rechtsprechung zu der Frage, ob bei einem Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze auf Grund einer Nachverrechnung im Hinblick auf die ursprünglich fehlerhafte Einstufung eines geringfügig Beschäftigten eine Verpflichtung zur Rückzahlung von Arbeitslosengeld im Sinn des § 25 Abs. 1 dritter Fall AlVG bestehe bzw. „welcher Zeitpunkt des Erkennens“ einen Rückforderungsanspruch begründe.
14 Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidungsbegründung zwar zu Unrecht unterstellt, dass es für den Rückforderungstatbestand des Erkennenmüssens des Überbezugs (§ 25 Abs. 1 dritter Fall AlVG) genügt, wenn dieser erst im Nachhinein (hier: aus Anlass der Nachverrechnung für die Monate September bis November 2023 im Dezember 2023) auffällt. Da aber nach dem oben Gesagten schon der zweite Rückforderungstatbestand des § 25 Abs. 1 AlVG (Verschweigen maßgeblicher Tatsachen) erfüllt war, ist es darauf nicht angekommen.
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 28. August 2024