Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth, die Hofräte Mag. Haunold, Mag. Stickler und Dr. Himberger sowie die Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision der Gemeinde M, vertreten durch die DAX Wutzlhofer Partner Rechtsanwälte GmbH in 7400 Oberwart, Wienerstraße 8A, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland vom 5. Juni 2024, Zl. E 006/15/2023.004/009, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf; mitbeteiligte Partei: Mag. B M in W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die revisionswerbende Gemeinde ist Eigentümerin der öffentlichen Verkehrsfläche, Grundstück Nr. 1549, KG R. An dieses Grundstück schließt nördlich unter anderem das Grundstück Nr. 293, KG R., (mit der Widmung „Grünland landwirtschaftliche Nutzung“ sowie „Bauland Wohngebiet“) der mitbeteiligten Partei an.
2 Quer über das Grundstück Nr. 1549 wurde ein Asphaltwulst hergestellt. Ferner wurde im Sommer 2023 auf dieser öffentlichen Verkehrsfläche, angrenzend an das Grundstück Nr. 293 der mitbeteiligten Partei, ein Straßenbegleitgraben errichtet, der bis auf die Höhe des Asphaltwulstes führt und dann mit Randsteinen gelenkt auf das Grundstück Nr. 293 entwässert.
3 Mit dem im Beschwerdeweg und nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Burgenland (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde der Revisionswerberin gemäß § 138 Abs. 1 lit. a in Verbindung mit § 39 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959) aufgetragen,
1. den Graben auf Grundstück Nr. 1549 bis längstens 31. Oktober 2024 mit näher genanntem Material soweit zu verfüllen, zu verdichten und zu besämen, sodass die ursprünglichen Geländeverhältnisse in diesem Bereich wiederhergestellt sind, wobei die Durchführung dieser Maßnahmen in Anwesenheit der mitbeteiligten Partei zu erfolgen hat,
2. den Asphaltwulst und die Randsteine in diesem Bereich auf Grundstück Nr. 1549 bis längstens 31. Oktober 2024 zu entfernen,
3. die Durchführung der Maßnahmen der Behörde unaufgefordertschriftlich mitzuteilen.
4 Gestützt auf die Beurteilung eines wasserfachlichen Amtssachverständigen ging das Verwaltungsgericht in seinen Erwägungen vom Vorliegen einer willkürlichen Änderung der Abflussverhältnisse im Sinn des § 39 Abs. 1 WRG 1959 aus. Durch die Errichtung des Asphaltwulstes auf der öffentlichen Verkehrsfläche, Grundstück Nr. 1549, komme es bereits bei geringen Regenmengen zu negativen Auswirkungen auf das darunter liegende Grundstück Nr. 293 der mitbeteiligten Partei. Der zusätzlich errichtete Straßenbegleitgraben bündle die anfallenden Wassermengen und leite sie an seinem Ende beim Asphaltwulst auf das Grundstück Nr. 293, was bei typischen Regenereignissen Erosionserscheinungen an der Eintrittsstelle zu diesem Grundstück zur Folge habe.
5 Nach der Literatur und der älteren Rechtsprechung seien unter dem Wort „Grundstück“ in § 39 WRG 1959 nur Grundstücke „landwirtschaftlichen Charakters“ zu verstehen. Nach jüngerer Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei jedoch die Anwendbarkeit des § 39 WRG 1959 auf Baugrundstücke und öffentliche Verkehrsflächen nur dann auszuschließen, wenn die Maßnahme durch straßenrechtliche (oder baurechtliche) Vorschriften erfasst sei, wobei dies nicht unbedingt das Erfordernis einer entsprechenden Bewilligung bedeute.
6 Hinsichtlich des Grundstücks Nr. 1549 so das Verwaltungsgericht seien zweifelsfrei die formalen Kriterien einer öffentlichen Verkehrsfläche nach dem Bgld. Raumplanungsgesetz 2019 und einer Straße im Sinn des Bgld. Straßengesetzes 2005 erfüllt, das Grundstück stelle jedoch aufgrund seiner (näher beschriebenen) Ausgestaltung und der tatsächlichen Nutzung eine Grünfläche bzw. eine Straße mit faktischer Grünlandnutzung dar.
7 Das Verwaltungsgericht vertrat die Ansicht, dass auch eine primär landwirtschaftlichen Zwecken dienende Straße bzw. öffentliche Verkehrsfläche in den Anwendungsbereich des § 39 WRG 1959 falle, „überdies wenn durch auf ihr gesetzte, nach den straßenpolizeilichen Vorschriften unzulässige Einwirkungen folgen“. Es seien sohin sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen gemäß § 39 WRG 1959 erfüllt.
8 Die ordentliche Revision wurde vom Verwaltungsgericht zugelassen, weil im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukomme, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche bzw. eine solche Rechtsprechung betreffend öffentliche Verkehrsflächen fehle.
9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
10 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, ohne einen Antrag zu stellen.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
14 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet. Der Verwaltungsgerichtshof hat weder Gründe für die Zulässigkeit der Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen noch ist er berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten, aufzugreifen (vgl. zum Ganzen VwGH 27.6.2024, Ro 2024/07/0003, mwN).
15 Die Revisionswerberin verweist in ihrer Zulässigkeitsbegründung ausschließlich auf den Zulässigkeitsausspruch des Verwaltungsgerichts, wonach in der Formulierung der Revision Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob „in einem Fall wie hier“ die Anwendung des § 39 WRG 1959 auf öffentlichen Verkehrsflächen möglich sei, und überdies das angefochtene Erkenntnis von der hg. Rechtsprechung abweiche.
16 Der Ausspruch der Zulässigkeit der ordentlichen Revision durch das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis beinhaltet keine konkrete Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, weil er nur ganz allgemein davon spricht, dass das Erkenntnis von (nicht näher genannter) Rechtsprechung abweiche bzw. „eine solche Rechtsprechung betreffend öffentlicher Verkehrsflächen fehlt“.
17 Gleiches gilt für das Zulässigkeitsvorbringen in der Revision, in der lediglich ausgeführt wird, es fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ob „in einem Fall wie hier“ die Anwendung des § 39 WRG 1959 auf öffentliche Verkehrsflächen möglich sei. Der ergänzende bloße Verweis auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts, wonach das angefochtene Erkenntnis von der hg. Rechtsprechung abweiche, zitiert ebenso wenig diesbezüglich konkrete Judikatur.
18 Damit formuliert auch die Revisionswerberin keine konkrete Rechtsfrage, die in der hg. Judikatur noch nicht beantwortet wurde. Sie zeigt aber auch nicht auf, von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das angefochtene Erkenntnis abgewichen sein soll, erforderte dies doch auf den konkreten Sachverhalt bezogen unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, in welchen Punkten von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen worden sein soll (vgl. etwa VwGH 15.6.2023, Ro 2023/09/0003, mwN).
19 Da in der Revision aus den dargestellten Gründen keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war diese in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
20 Von der beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 29. Jänner 2025