Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer sowie die Hofräte Dr. Himberger und Dr. Chvosta als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der M Z, vertreten durch die Battlogg Rechtsanwalts GmbH in Schruns, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 12. Juni 2025, Zl. LVwG 2024/45/3006 12, betreffend Entziehung einer Waffenbesitzkarte (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Imst), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Mit dem angefochtenen Erkenntnis entzog das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) der Revisionswerberin durch Abweisung ihrer Beschwerde gegen einen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Oktober 2024 gemäß § 25 Abs. 3 iVm § 8 Abs. 6 Z 1 und 2 Waffengesetz 1996 (WaffG) die ihr ausgestellte Waffenbesitzkarte. Dazu sprach es aus, dass eine Revision gegen diese Entscheidung nicht zulässig sei.
2 Dabei stellte es soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung fest, dass die belangte Behörde am 1. August 2024 aufgrund des Ablaufs der Fünf JahresFrist des § 25 Abs. 1 WaffG nach der Ausstellung der Waffenbesitzkarte eine Überprüfung der Verlässlichkeit der Revisionswerberin gemäß § 25 WaffG iVm § 4 Abs. 3 der 2. Waffengesetz Durchführungsverordnung angeordnet habe. Am 21. August 2024 hätten sich drei Polizeibeamte zum Wohnhaus der Revisionswerberin begeben, um die angeordnete Waffenüberprüfung durchzuführen. Dort seien sie zunächst auf die Revisionswerberin getroffen und hätten ihr den Grund der Amtshandlung, nämlich die Waffenüberprüfung, erklärt. Die entsprechende behördliche Anordnung habe einer der Beamten in der Hand gehalten. Die Revisionswerberin habe sich erkundigt, ob es notwendig sei, dass die Beamten in das Haus hineingingen, was von diesen bejaht worden sei. Daraufhin habe sich der ebenfalls anwesende Lebensgefährte der Revisionswerberin eingemischt, habe einen Durchsuchungsbefehl sehen wollen und mitgeteilt, dass sie keine Zeit für eine Waffenüberprüfung hätten. Die Revisionswerberin sei danebengestanden und habe nichts gesagt. Daraufhin hätten die Beamten die Amtshandlung beendet, ohne dass sie das Grundstück betreten hätten können, ihnen die Waffen vorgewiesen worden seien und sie die sichere Verwahrung der Waffen überprüfen hätten können.
3In rechtlicher Hinsicht erwog das Verwaltungsgericht, es wäre eine Verpflichtung der Revisionswerberin als Inhaberin der betreffenden Waffenbesitzkarte gewesen, für die Durchführung bzw. Durchführbarkeit der waffenrechtlichen Überprüfung zu sorgen, zumal ihr die Überprüfung als solche bewusst gewesen sei. Nach der näher zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlege § 8 Abs. 6 WaffG dem Betroffenen eine Mitwirkungsverpflichtung bei der Feststellung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf. Dazu gehöre in den Fällen des § 8 Abs. 6 WaffG die Gewährung eines Zutritts zum Aufbewahrungsort, widrigenfalls die unwiderlegliche Vermutung der waffenrechtlichen Unverlässlichkeit nach § 8 Abs. 6 zweiter Satz WaffG zum Tragen komme.
4Die Revisionswerberin treffe als Inhaberin der Waffenbesitzkarte allein die Mitwirkungspflicht in diesem Sinn. Sie treffe somit die Verpflichtung, für die Durchführbarkeit der Überprüfung Sorge zu tragen. Zu den Gründen, die sie in diesem Zusammenhang jedenfalls zu vertreten habe, zähle auch, wenn sie als Inhaberin der Waffenbesitzkarte tatenlos zusehe und sich damit abfinde, dass die Überprüfung von einer anderen Person verweigert werde. Damit werde sie dem „dem WaffG innewohnenden strengen Sorgfaltsprinzip“ eines Inhabers eines waffenrechtlichen Dokumentes nicht gerecht. Weil im konkreten Fall der Zutritt zum Aufbewahrungsort durch von der Revisionswerberin zu vertretende Umstände verwehrt worden sei, die Waffen von der Revisionswerberin nicht vorgewiesen worden seien bzw. deren sichere Verwahrung nicht überprüft habe werden können, sei die unwiderlegliche Rechtsvermutung der waffenrechtlichen Unverlässlichkeit iSd § 8 Abs. 6 Z 1 und Z 2 WaffG vorgelegen.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die zu ihrer Zulässigkeit vorbringt, die rechtliche Beurteilung des Verwaltungsgerichtes sei unrichtig, weiche von höchstgerichtlicher Rechtsprechung ab und greife zu kurz.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erlegt § 8 Abs. 6 WaffG dem Betroffenen eine besondere Mitwirkungsverpflichtung bei der Feststellung seiner waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf. Ist die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhalts aus Gründen, die in der von der Überprüfung betroffenen Person liegen, nicht möglich, so folgt aus § 8 Abs. 6 erster Satz WaffG die unwiderlegliche Rechtsvermutung der waffenrechtlichen Unverlässlichkeit.
§ 8 Abs. 6 WaffG trägt dem Umstand Rechnung, dass der Verpflichtung der Behörde, den maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen (§ 39 Abs. 2 AVG), die Pflicht der Parteien korrespondiert, an der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken; dort, wo es der Behörde nicht möglich ist, den entscheidungswesentlichen Sachverhalt ohne Mitwirken der Partei festzustellen, ist von einer Mitwirkungspflicht der Partei auszugehen. Weigert sich der von der Überprüfung Betroffene, die Waffen iSd § 8 Abs. 6 Z 1 WaffG vorzuweisen bzw. die sichere Verwahrung der Waffen unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 6 Z 2 leg. cit. nachzuweisen, wozu in beiden Fällen auch die Gewährung eines Zutritts zum Aufbewahrungsort erforderlich ist, dann kommt die unwiderlegliche Vermutung des § 8 Abs. 6 zweiter Satz WaffG zum Tragen. Ohne Gewährung des Zutrittes kann der entscheidungswesentliche Sachverhalt regelmäßig nicht festgestellt werden, weshalb diesbezüglich die Anordnung der Mitwirkung den Bestimmungen des § 39 Abs. 2 AVG nicht widerstreitet (vgl. etwa VwGH 3.3.2023, Ra 2023/03/0018, und 26.4.2016, Ra 2016/03/0038, je mwN).
8Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, § 8 Abs. 6 WaffG fordere die Weigerung, sohin „aktives Tun“ des Betroffenen selbst. Eine solche Weigerung im Sinne eines aktiven Tuns habe die Revisionswerberin nicht gesetzt. Sie sei auch nicht für das Verhalten eines Dritten (ihres Lebensgefährten) verantwortlich. Sie habe weder etwas gesagt noch etwas getan, es habe nur ihr Lebensgefährte mit der Polizei kommuniziert. Dem WaffG sei eine „Fremdhaftung“ für Verhaltensweisen Dritter völlig fremd. Es entspreche der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die verlässlichkeitsschädliche Weigerung bzw. der Verstoß gegen die Mitwirkungsverpflichtung ein Verhalten des Überprüften bzw. des Betroffenen selbst nach einer entsprechenden Aufforderung sein müsse (Hinweis auf VwGH 22.10.2012, 2012/03/0092, und 27.5.2010, 2009/03/0169).
9 Damit wird eine Zulässigkeit der Revision aus dem Grunde einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht dargetan:
10 So legt die Revision nicht dar, inwiefern die Rechtsprechung, von der abgewichen worden sein soll, vergleichbare Sachverhalte betrifft: Dem Erkenntnis zu 2012/03/0092 lag zu Grunde, dass in Gegenwart des dortigen Beschwerdeführers in seiner Wohnung eine (ungewollte) Schussabgabe stattgefunden und er sich gegenüber den Sicherheitsorganen geweigert habe, an der Aufklärung dieses gefährlichen Sachverhalts mitzuwirken (den Namen des vermeintlichen Schützen zu nennen). Das Erkenntnis zu 2009/03/0169 betraf die Aufforderung an den Betroffenen, einen Nachweis über die Befähigung zum sachgemäßen Umfang mit Schusswaffen (Schulungsnachweis), der nicht älter als sechs Monate sei, vorzulegen. Diese Frist (und eine weitere Nachfrist) habe der dortige Beschwerdeführer ungenützt verstreichen lassen.
11Weder spielte in diesen Fällen ein verweigerndes Verhalten Dritter eine Rolle, noch ergibt sich aus dieser Rechtsprechung, dass eine „Weigerung“ im Sinne des § 8 Abs. 6 WaffG nur in einem aktiven Tun des Betroffenen bestehen könne. So legt schon der allgemeine Sprachgebrauch nahe, dass eine Weigerung typischerweise gerade in der Unterlassung jener Handlung liegt, zu der man aufgefordert wurde. Dementsprechend lag etwa auch dem zitierten Erkenntnis zu 2009/03/0169 kein aktives Tun, sondern eine Unterlassung des Betroffenen (Nichtvorlage des geforderten Nachweises) zu Grunde.
12 Überdies verkennt die Revision, dass das Verwaltungsgericht der Revisionswerberin gerade nicht das Verhalten ihres Lebensgefährten zugerechnet, sondern vielmehr betont hat, dass die verletzte Mitwirkungspflicht allein die Revisionswerberin treffe. Es hat dabei darauf abgestellt, dass die Revisionswerberin die waffenrechtliche Überprüfung dadurch verunmöglicht habe, dass sie sich mit der Zutrittsverweigerung durch ihren Lebensgefährten abgefunden und tatenlos zugesehen habe. Darin ist jene Unterlassung gelegen, mit der die Verletzung der Mitwirkungspflicht durch Revisionswerberin begründet wurde. Dass es der Revisionswerberin nicht möglich oder nicht zumutbar gewesen wäre, den einschreitenden Organen den für die Überprüfung erforderlichen Zutritt zum Aufbewahrungsort zu gewähren, ergibt sich aus den unbekämpften Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses nicht. Gründe für die Verweigerung der Mitwirkung durch die Revisionswerberin wurden im Verfahren auch nicht vorgebracht.
13Wenn die Revision im Weiteren eine Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (erneut VwGH 27.5.2010, 2009/03/0169) behauptet, wonach die Anwendung des § 8 Abs. 6 WaffG eine entsprechende Aufforderung an die Revisionswerberin als Betroffene - und nur an diese und an niemanden anderen - voraussetze, lässt sie den festgestellten Sachverhalt außer Acht. Demnach haben die einschreitenden Organe der Revisionswerberin einerseits den Grund der Amtshandlung, nämlich die Waffenüberprüfung, erklärt, und andererseits auf ausdrückliche Nachfrage bejaht, dass es dafür notwendig sei, dass die Beamten in das Haus hineingingen.
14Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich aus der von ihr angeführten Rechtsprechung auch nicht, dass die Revisionswerberin ausdrücklich dahingehend aufgeklärt hätte werden müssen, was die Konsequenzen einer Weigerung (zur Gewährung des Zutritts zum Haus) wären. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof bereits erkannt, dass einem mit den waffenrechtlichen Vorschriften vertrauten Inhaber einer Waffenbesitzkarte der nach § 4 Abs. 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung bestehende Zusammenhang zwischen einer Überprüfung der sicheren Verwahrung des aktuellen Besitzstandes und der Prüfung der Verlässlichkeit iSd § 25 WaffG bekannt sein muss; er also wissen muss, dass die Prüfung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit die Vornahme einer Verwahrungsprüfung einschließt; und ihm auch klar sein muss, dass die Überprüfung der sicheren Verwahrung Auswirkungen auf die Frage der Beurteilung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit hat (vgl. VwGH 18.2.2015, Ra 2015/03/0011).
15Soweit die Revision zu ihrer Zulässigkeit schließlich eine Abweichung von ständiger bzw. gesicherter Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu weiteren Fragen behauptet, kann sie damit schon deshalb ihre Zulässigkeit nicht begründen, weil sie diese angebliche Rechtsprechung nicht näher bezeichnet (vgl. zum Erfordernis der Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung zur Darlegung einer Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes etwa VwGH 29.1.2025, Ro 2024/07/0010, mwN).
16 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 BVG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 31. Juli 2025