JudikaturVwGH

Ro 2024/07/0003 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision der S Ges.m.b.H. in S, vertreten durch Mag. Johannes Zach, Rechtsanwalt in 2483 Weigelsdorf, Hauptstraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 31. Jänner 2024, Zl. LVwG AV 2065/001 2021, betreffend Behandlungsauftrag nach dem AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde die Revisionswerberin - durch mit einer Maßgabe hinsichtlich der gesetzten Fristen erfolgte Abweisung der von ihr gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt (belangte Behörde) vom 18. Oktober 2021 erhobenen Beschwerde und gleichzeitige Stattgabe der Beschwerde des handelsrechtlichen Geschäftsführers der Revisionswerberin gemäß § 74 Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (AWG 2002) verpflichtet, auf dem Grundstück Nr. .302, KG S., gelagerte Kunststoffabfälle mit einem Gesamtvolumen von rund 29.780 m 3 bis spätestens 31. August 2024 zu entfernen und ordnungsgemäß behandeln zu lassen sowie bis spätestens 30. September 2024 entsprechende Entsorgungsnachweise vorzulegen. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof ließ das Verwaltungsgericht zu.

2 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt nachstehender, insoweit unstrittiger Sachverhalt zugrunde:

Bei den auf dem genannten Grundstück auf zwei aufgrund getrennter Lagerflächen voneinander unterscheidbaren Haufwerken lagernden Materialien handelt es sich um ein Gemenge aus sogenannten Spuckstoffen, diversen Kunststoffen, Folien, Papier, Holz, gepressten Kunststoffballen und Big Packs mit Hartkunststoffen mit einer Gesamtkubatur von rund 29.780 m 3 .

3 Beide genannten Haufwerke enthalten jeweils Abfälle, zu deren ordnungsgemäßer Entfernung vor Erlassung des Bescheides der belangten Behörde vom 18. Oktober 2021 bereits gegenüber der H. Gesellschaft für Umwelttechnik Ges.m.b.H. sowie gegenüber der A.ges.m.b.H. rechtskräftige Bescheide ergangen waren.

4 So wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 2. Mai 2002 in der Fassung der Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 28. Jänner 2005 die A.ges.m.b.H. zur Beseitigung der im Freien gelagerten Kunststoff- und Spuckstoffabfälle verpflichtet. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 21. Juli 2003 wurde die A.ges.m.b.H. verpflichtet, sämtliche Lagerungen von Kunststoffabfällen in der dort befindlichen Lagerhalle direkt nördlich der durch die Halle führenden Gleise in näher genanntem Ausmaß an Feinfraktionen aus Kunststoffen zu entfernen und die Abfälle ordnungsgemäß zu entsorgen. Am 11. Dezember 2003 stellte ein Amtssachverständiger für Deponietechnik und Gewässerschutz fest, dass die vom Bescheid vom 21. Juli 2003 umfassten Kunststoffabfälle und Spuckstoffe aus der Halle entfernt, aber anstelle einer ordnungsgemäßen Entsorgung lediglich auf die angrenzende Freilagerhalde transferiert worden seien.

5 Weiters wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 29. April 2005 in der Fassung der Berufungsentscheidung des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 13. September 2006 die H. Gesellschaft für Umwelttechnik Ges.m.b.H. verpflichtet, die Lagerungen von Kunststoffabfällen mit einem näher beschriebenen Gesamtvolumen bis längstens 20. Oktober 2006 ordnungsgemäß zu entfernen. Die Beschwerde gegen die Berufungsentscheidung wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23. April 2009, 2006/07/0164, als unbegründet abgewiesen.

6 Bei Vermessungen im Mai 2014 wurden die auf dem Grundstück Nr. .302 von der H. Gesellschaft für Umwelttechnik Ges.m.b.H. zu verantwortenden Abfalllagerungen lokalisiert. Ferner waren im Mai 2014 von den vom Bescheid vom 2. Mai 2002 umfassten Kunststoff- und Spuckstoffabfällen noch Abfälle im Ausmaß von 24.311 m 3 auf dem genannten Grundstück im Freien gelagert, die der A.ges.m.b.H. zugeordnet werden konnten. Es konnte auch keine ordnungsgemäße Entsorgung, sondern lediglich eine Umlagerung der vom Bescheid vom 21. Juli 2003 umfassten Feinfraktionen aus Kunststoffen im Ausmaß von 1.500 m 3 festgestellt werden.

7 Sowohl die H. Gesellschaft für Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H. als auch die A.ges.m.b.H. meldeten Konkurs an und wurden in der Folge wegen Eröffnung des Konkursverfahrens im August bzw. September 2014 aufgelöst. Die Firmen wurden wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 40 Firmenbuchgesetz gelöscht.

8 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 2015 wurde der handelsrechtliche Geschäftsführer der H. Gesellschaft für Umwelttechnik Ges.m.b.H., gemäß § 73 AWG 2002 zur Entfernung und ordnungsgemäßen Entsorgung der auf dem Grundstück Nr. .302 gelagerten Kunststoffabfälle in näher beschriebenem Ausmaß verpflichtet. Weiters wurde er mit Bescheid der belangten Behörde vom 11. März 2015 als handelsrechtlicher Geschäftsführer der A.ges.m.b.H. gemäß § 73 AWG 2002 verpflichtet, die auf den Grundstücken Nr. .302 und Nr. 134/7 gelagerten Kunststoffabfälle mit näher genanntem Volumen zu entfernen. Beide Bescheide wurden jedoch mit Entscheidungen des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2020 ersatzlos behoben.

9 Zum Zeitpunkt der Verbringung der Abfälle auf die Liegenschaft stand diese im Eigentum einer Erbengemeinschaft; die Liegenschaft war an die A. Metallumschmelzwerk GmbH vermietet. Später wurde die F. Development GmbH Eigentümerin des hier gegenständlichen Grundstücks. Mit Kaufvertrag vom 19. Mai 2009 kaufte die C. G. Rückgewinnungsges.m.b.H. von der F. Development GmbH das Grundstück Nr. .302 im Ausmaß von 69.276 m 2 um einen Kaufpreis von € 5.000, .

10 Im Februar 2011 erfolgte die Umfirmierung der C. G. Rückgewinnungsges.m.b.H. in „(S.) Immobilienvermietungsges.m.b.H.“ (Revisionswerberin). Diese ist Eigentümerin des Grundstücks Nr. .302, auf dem die genannten Abfälle in zwei Haufwerken seit 1998 mit einem Gesamtvolumen von rund 29.780 m 3 lagern.

11 Der Altstandort „Metallumschmelzwerk (A.)“, der mehrere Grundstücke der KG S., unter anderem das Grundstück Nr. .302 umfasst, war im Verdachtsflächenkataster erfasst. Aufgrund einer ergänzenden Untersuchung gemäß § 13 Abs. 1 Altlastensanierungsgesetz (ALSAG) erfolgte im März 2011 eine Gefährdungsabschätzung. Diese ergab, dass der Altstandort nicht als Altlast zu bewerten sei. Es wurde die Streichung aus dem Verdachtsflächenkataster veranlasst.

12 Nach Ausführungen, weshalb die unter anderem von der Revisionswerberin gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 18. Oktober 2021 an eine näher genannte E Mail Adresse übermittelte Beschwerde als rechtswirksam eingebracht zu beurteilen sei, hielt das Verwaltungsgericht in seinen rechtlichen Erwägungen des nun angefochtenen Erkenntnisses näher begründend fest, dass es sich bei den gegenständlichen Lagerungen von Kunststoffabfällen um Abfall im Sinn des AWG 2002 handle und die Voraussetzungen für die Erlassung eines Behandlungsauftrages betreffend die gelagerten Kunststoffabfälle gemäß § 73 Abs. 1 AWG 2002 grundsätzlich vorlägen.

13 Für die Erteilung eines auf § 73 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 gestützten abfallrechtlichen Maßnahmenauftrages sei eine tatsächliche Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 angesprochenen Schutzgüter nicht erforderlich, vielmehr reiche die bloße Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung. Bei der Lagerung der Kunststoffabfälle im Freien, ohne dass Vorkehrungen zum Schutz der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten Schutzgüter getroffen würden, seien auch weiterhin eine Gefährdung des Grundwassers und eine Brandgefahr und somit eine Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten Schutzgüter zumindest möglich, sie stellten auch eine Brandlast dar (Verweis auf die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz vom 21. September 2021). Die Lagerung der bei Bescheiderlassung auf dem gegenständlichen Areal befindlichen Kunststoffabfälle stelle auch einen abfallrechtswidrigen Zustand dar, durch den die für die Erteilung eines Behandlungsauftrages gemäß § 73 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 erforderliche Voraussetzung eines Normbruchs erfüllt sei.

14 Jedenfalls der Großteil der auf dem Areal lagernden, hier gegenständlichen Kunststoffabfälle sei bereits Gegenstand von rechtskräftigen behördlichen Aufträgen gegenüber der H. Gesellschaft für Umwelttechnik Ges.m.b.H. bzw. der A.ges.m.b.H. gewesen. Für die Freilagerung von Kunststoffabfällen auf dem Areal habe zu keinem Zeitpunkt eine Genehmigung bestanden. Es handle sich bei den in Rede stehenden Freiflächen, auf denen keinerlei Vorkehrungen zum Schutz der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten Schutzgüter getroffen worden seien, auch um keinen für die Sammlung oder Behandlung von Abfällen vorgesehenen geeigneten Ort.

15 Voraussetzung für eine subsidiäre Haftung für Behandlungsaufträge gemäß § 74 AWG 2002 sei weiters, dass der gemäß § 73 AWG 2002 Verpflichtete nicht feststellbar sei, zur Erfüllung des Auftrags rechtlich nicht im Stande sei oder aus sonstigen Gründen nicht beauftragt werden könne.

16 Die Verursacherinnen der gegenständlichen Abfälle, die H. Gesellschaft für Umwelttechnik Gesellschaft m.b.H. und die A.ges.m.b.H., seien in Folge Konkurseröffnung aufgelöst worden. Angesichts der Löschung der nach § 73 AWG 2002 verpflichteten Gesellschaften m.b.H. aus dem Firmenbuch wegen Vermögenslosigkeit seien die Voraussetzungen für den Eintritt der subsidiären Liegenschaftseigentümerhaftung gegeben. Eine Verpflichtung des handelsrechtlichen Geschäftsführers nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 sei nach den Entscheidungen des Verwaltungsgerichts vom 23. Dezember 2020 nicht möglich gewesen.

17 Da der gemäß § 73 AWG 2002 Verpflichtete zur Erfüllung des Auftrages rechtlich nicht im Stande sei, sei auch diese Voraussetzung für eine subsidiäre Haftung nach § 74 AWG 2002 erfüllt. Gemäß § 74 Abs. 2 AWG 2002 gälten für die Heranziehung des Liegenschaftseigentümers im Ablagerungszeitpunkt bzw. eines Rechtsnachfolgers unterschiedliche Voraussetzungen.

18 Die Revisionswerberin sei die aktuelle Liegenschaftseigentümerin. Die (Ab)Lagerungen seien erfolgt, bevor sie Eigentümerin geworden sei. Die Revisionswerberin sei somit Rechtsnachfolgerin des Liegenschaftseigentümers im Sinn des § 74 Abs. 2 AWG 2002 und hafte dann, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis gehabt habe oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis hätte haben müssen. Der geringe Kaufpreis sei ein Indiz dafür, dass der Revisionswerberin die Ablagerungen bekannt gewesen seien. Aus dem Protokoll vom 17. Februar 2011 gehe hervor, dass die Revisionswerberin bei der Verhandlung, bei der die Ablagerungen erörtert worden seien, anwesend gewesen sei. Das Verwaltungsgericht gehe daher von der Kenntnis der Revisionswerberin über die Ablagerungen aus. Für die Verantwortung des Rechtsnachfolgers (im Grundeigentum) genüge bereits fahrlässige Unkenntnis im Zeitpunkt des Erwerbs der Liegenschaft. Die gegenständlichen Ablagerungen im Ausmaß von etwa 29.780 m 3 seien derart groß und augenscheinlich wahrnehmbar, dass eine allfällige Unkenntnis der Revisionswerberin vorwerfbar wäre. Ferner sei das Grundstück Nr. .302 im Zeitpunkt des Erwerbs als Verdachtsfläche ausgewiesen gewesen. Die Revisionswerberin hätte daher von der Ablagerung zumindest wissen müssen. Es lägen somit die Voraussetzungen für eine subsidiäre Haftung der Revisionswerberin für den Behandlungsauftrag vor.

19 Ein historischer, nicht mehr aktueller Liegenschaftseigentümer dürfe auf der Grundlage des § 74 AWG 2002 nicht als Verpflichteter herangezogen werden. Der Verweis der Revisionswerberin auf eine Haftung der Rechtsvorgänger im Liegenschaftseigentum, insbesondere der Erbengemeinschaft, verfange daher nicht.

20 Das Verwaltungsgericht ließ die Revision zu, weil zu der Rechtsfrage, ob eine Beschwerde an eine (Organisations ) E Mail Adresse, die zwar nicht in einer Kundmachung gemäß § 13 Abs. 2 AVG angeführt sei, aber von derselben Behörde, die die Kundmachung erlassen habe, im elektronischen Verkehr zwischen Beschwerdeführer und Verwaltungsstrafbehörde angeboten und verwendet worden sei, rechtswirksam sei, Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

21 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende (mit näherer Begründung aus anwaltlicher Vorsicht als „ordentliche bzw. außerordentliche Revision“ bezeichnete) ordentliche Revision.

22 Die Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Zurückweisung, in eventu die Abweisung der Revision.

23 Die belangte Behörde gab bekannt, keine Revisionsbeantwortung zu erstatten.

24 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

25 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein solcher Beschluss ist nach § 34 Abs. 3 VwGG in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.

26 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

27 Auch in der ordentlichen Revision hat der Revisionswerber von sich aus die unter dem Gesichtspunkt einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung maßgeblichen Gründe der Zulässigkeit der Revision darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht oder er andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. etwa VwGH 21.12.2023, Ro 2022/07/0013, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof hat weder Gründe für die Zulässigkeit der Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen noch ist er berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision führen könnten, aufzugreifen (vgl. VwGH 11.5.2022, Ro 2021/07/0005, mwN).

28 In der vorliegenden Revision, die von Vornherein unter anderem keinen von ihrem übrigen Inhalt getrennten Abschnitt einer Revisionsbegründung enthält, wird einleitend erwähnt, dass das Verwaltungsgericht die ordentliche Revision hinsichtlich der „Frage der Zustellung“ zugelassen habe. Selbst wenn man davon ausgeht, dass sich die Revisionswerberin mit diesen Ausführungen der vom Verwaltungsgericht für die Zulässigkeit der Revision dargelegten - und von diesem ohnehin im Sinne der Revisionswerberin entschiedenen - Rechtsfrage betreffend die Rechtswirksamkeit der Beschwerde anschließt, ist zu beachten, dass sie darauf in den weiteren Revisionsausführungen nicht mehr zurückkommt. Die Revision erweist sich damit nicht bereits aufgrund der vom Verwaltungsgericht formulierten Rechtsfrage als zulässig (vgl. etwa VwGH 9.9.2020, Ro 2020/07/0008, mwN).

29 Die Revisionswerberin formuliert jedoch selbst zwei weitere Rechtsfragen, zunächst jene, ob das Verzeichnen einer Liegenschaft im Verdachtsflächenkataster losgelöst vom konkreten Grund der ursprünglichen Eintragung zu beurteilen sei, wozu Rechtsprechung fehle.

30 Soweit erkennbar, wird in der Revision darauf bezogen ferner jedoch bei gleichzeitiger Vermengung unterschiedlicher Begründungsaspekte des Verwaltungsgerichts vorgebracht, „die belangte Behörde“ sehe es als wesentliches Indiz für das „Kenntnis haben müssen“ der Liegenschaftseigentümerin von den Ablagerungen an, dass die gegenständliche Liegenschaft zum Zeitpunkt des Erwerbs durch die Revisionswerberin im Jahr 2009 im Altlastenkataster eingetragen gewesen sei. Der Altstandort Metallumschmelzwerk (A.) sei im März 2011 aufgrund einer ergänzenden Untersuchung gemäß § 13 Abs. 1 ALSAG aus dem Verdachtsflächenkataster gestrichen worden. Auf dem gegenständlichen Areal hätten sich noch aus Vorkriegs- und Nachkriegsjahren umfangreiche und schwerwiegende Ablagerungen, insbesondere Schwermetall, Aluminium und Asbest befunden. Die Revisionswerberin sei davon ausgegangen, dass die Eintragung im Verdachtsflächenkataster auf diese Ablagerungen zurückzuführen gewesen sei. Diese Ablagerungen seien entfernt worden oder es sei von der Revisionswerberin eine umfangreiche Oberflächenversiegelung vorgenommen worden, welche letztendlich dazu geführt habe, dass die Liegenschaft aus dem Verdachtsflächenkataster gestrichen worden sei. Zusätzlich hätten sich auf einem kleinen Teil der Liegenschaft Kunststoffansammlungen befunden, welche jedoch als ungefährlich eigestuft worden seien. Die Einschätzung der Revisionswerberin sei von der Behörde durch Streichen der Liegenschaft aus dem Verdachtsflächenkataster bestätigt worden, sodass davon auszugehen sei, dass von der gegenständlichen Liegenschaft keine Gefährdung ausgehe.

Der sich auf der Liegenschaft nach wie vor befindende Kunststoff stelle entgegen der Ansicht der Behörde weder eine tatsächliche Beeinträchtigung dar noch sei die bloße Möglichkeit einer solchen Beeinträchtigung gegeben. Das Streichen einer Liegenschaft aus dem Verdachtsflächenkataster aufgrund entsprechender Untersuchungen sei der Nachweis dafür, dass von der Liegenschaft tatsächlich keine erhebliche Gefahr ausgehe und die auf der Liegenschaft gelagerten Abfälle keine Altlasten im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen darstellten.

Der geringe Kaufpreis ergebe sich aus dem Umstand, dass die Liegenschaft aufgrund der Altlasten (nicht Kunststoff) im Verdachtsflächenkataster eingetragen gewesen sei und für die Sanierung umfangreiche Maßnahmen erforderlich gewesen seien, die von der Eigentümerin auch veranlasst worden seien, sodass eine Streichung aus dem Verdachtsflächenkataster erfolgen habe können, obwohl die Kunststoffabfälle nach wie vor vorhanden seien.

31 Gemäß § 74 Abs. 2 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002 in der Fassung BGBl. I Nr. 200/2021, besteht eine Haftung des Liegenschaftseigentümers (für Behandlungsaufträge nach § 73 AWG 2002), wenn er der Lagerung oder Ablagerung entweder zugestimmt oder diese geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Die Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers haften, wenn sie von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mussten. Die Haftung des Liegenschaftseigentümers und der Rechtsnachfolger besteht nicht bei gesetzlichen Duldungspflichten.

32 Die Beurteilung, ob ein Rechtsnachfolger eines Liegenschaftseigentümers von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis hatte oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben musste, hängt entscheidend von den Umständen des Einzelfalls ab und ist daher grundsätzlich nicht revisibel, wenn diese Beurteilung auf einer verfahrensrechtlich einwandfreien Grundlage in vertretbarer Weise vorgenommen wurde (vgl. zum Prüfungskalkül im Einzelfall VwGH 16.5.2022, Ra 2021/07/0049, mwN).

Eine solche Unvertretbarkeit zeigt die Revisionswerberin mit ihrem Vorbringen betreffend die Eintragung im Verdachtsflächenkataster schon deshalb nicht auf, weil das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis die Ausweisung des Grundstücks Nr. .302 als Verdachtsfläche im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Revisionswerberin im Jahr 2009 lediglich als zusätzlichen und für sich nicht entscheidenden Aspekt bzw. nur als eines von mehreren Indizien für seine Beurteilung, die Revisionswerberin habe von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis gehabt oder hätte bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben müssen, heranzog. Vor allem betrachtete das Verwaltungsgericht den geringen Kaufpreis für das Grundstück, weiters das von der Revisionswerberin nicht in Abrede gestellte große und augenscheinlich wahrnehmbare Ausmaß der gegenständlichen Ablagerungen sowie die Anwesenheit der Revisionswerberin bei der (späteren) Verhandlung am 17. Februar 2011, in der die Ablagerungen erörtert worden seien, als Indizien für das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 74 Abs. 2 zweiter Satz AWG 2002. Die Revision bringt zwar eine eigene Erklärung für den geringen Preis beim Kauf des Grundstücks vor, diese Argumentation bewegt sich aber außerhalb des Themas der hier maßgeblichen, von der Revisionswerberin konkret formulierten Rechtsfrage. Diese Rechtsfrage berührt somit nur einen Aspekt der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Argumentation und ist nicht geeignet, die Zulässigkeit der Revision zu begründen.

33 Im Übrigen steht das Vorbringen der Revisionswerberin, es sei aufgrund des Streichens der Liegenschaft aus dem Verdachtsflächenkataster davon auszugehen, dass „von der gegenständlichen Liegenschaft“ keine Gefährdung ausgehe, in keinem Zusammenhang mit der hier entscheidenden und nach dem Gesagten keinesfalls als unvertretbar zu qualifizierenden Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach die Revisionswerberin von der Lagerung oder Ablagerung Kenntnis gehabt habe oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis hätte haben müssen.

34 Das Vorbringen ist abgesehen davon, dass dazu auch keine konkrete Rechtsfrage formuliert wurde überdies nicht geeignet, die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, wonach die Voraussetzungen nach § 73 Abs. 1 AWG 2002 für die Erlassung eines Behandlungsauftrages grundsätzlich vorlägen, als unvertretbar erscheinen zu lassen. Die Streichung der Liegenschaft aus dem Verdachtsflächenkataster bedeutete lediglich, dass sie nach den Bestimmungen des ALSAG nicht als Altlast zu bewerten war, steht jedoch einem Behandlungsauftrag gemäß § 73 AWG 2002 hinsichtlich der gegenständlichen Kunststoffabfälle nicht entgegen.

35 Als zweite, selbst formulierte Rechtsfrage bringt die Revisionswerberin vor, es fehle Rechtsprechung zur Frage, „ob bei der Beurteilung, ob eine abfallwirtschaftliche Behandlung in der Form von Abtransport und Verbrennen vorzuschreiben ist, der Umweltschutz vorrangig zu beurteilen ist oder nicht“.

36 Ein konkreter Bezug zum gegenständlichen Verfahren wird mit dieser Rechtsfrage nicht hergestellt. Lediglich unter Heranziehung eines an späterer Stelle der Revision erstatteten Vorbringens kann aus dieser allgemeinen Formulierung geschlossen werden, dass die Revisionswerberin damit eine mit der Behandlung und dem Abtransport des Kunststoffs verbundene „enorme Umweltbelastung“ vor Augen hat, die in keiner Relation dazu stehe, „die Altlasten“ allenfalls unter Erteilung von Auflagen auf der Liegenschaft zu belassen. Auch entstünden enorme Kosten. Es sei danach zu streben, das beste Ergebnis unter dem Aspekt des Umweltschutzes zu erzielen. „Die Behörde“ habe eine derartige Abwägung unterlassen.

37 Es ist nicht zu erkennen, dass die allein auf den Umweltschutz und nicht auch auf entstehende Kosten Bezug nehmende Rechtsfrage im Zusammenhang mit einer möglichen Verletzung eines subjektiven Rechts der Revisionswerberin stehen könnte. Darüber hinaus tritt die Revision den näher begründeten und auf Ausführungen des Amtssachverständigen für Deponietechnik und Gewässerschutz verweisenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts, wonach mit der Lagerung der Kunststoffabfälle im Freien eine Gefährdung des Grundwassers, eine Brandgefahr und eine Brandlast verbunden seien, diese Lagerung einen abfallrechtswidrigen Zustand darstelle und die gegenständliche Lagerfläche kein für die Sammlung oder Behandlung von Abfällen vorgesehener geeigneter Ort sei, nicht konkret entgegen.

38 Wenngleich ohnehin die Formulierung einer konkreten Rechtsfrage dazu nicht zu erkennen ist, sei dennoch abschließend zum weiteren Vorbringen der Revisionswerberin, es hätte vorrangig der Eigentümer zum Zeitpunkt der Ablagerungen in Anspruch genommen werden müssen, ergänzend auf die hg. Rechtsprechung verwiesen, wonach ein historischer, nicht mehr aktueller Liegenschaftseigentümer auf der Grundlage des § 74 AWG 2002 nicht mehr als Verpflichteter herangezogen werden darf (vgl. VwGH 29.1.2015, Ro 2014/07/0105; 14.12.2017, Ra 2015/07/0168, mwN).

39 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Wien, am 27. Juni 2024

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