JudikaturVwGH

Ra 2024/03/0004 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. März 2025

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Lehofer und den Hofrat Dr. Faber als Richter sowie die Hofrätin Dr. in Sabetzer als Richterin, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der Landeshauptfrau von Niederösterreich gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 20. November 2023, Zl. LVwG AV 1377/001 2021, betreffend Sicherung einer Eisenbahnkreuzung (mitbeteiligte Parteien: 1. Land Niederösterreich, vertreten durch Dr. Andrew P. Scheichl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wipplingerstraße 20/8 9; 2. Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft; 3. Stadtgemeinde M; und 4. Ö AG in W, vertreten durch die Walch/Zehetbauer/Motter Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Prinz Eugen Straße 72), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

1 Mit Bescheid vom 15. Juli 2021 sprach die belangte Behörde die nunmehrige revisionswerbende Partei in einem Verfahren gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 Eisenbahnkreuzungsverordnung 2012 (EisbKrV) auf der Grundlage von § 49 Abs. 2 Eisenbahngesetz 1957 (EisbG) aus, dass die Eisenbahnkreuzung „in km 51,252 der ÖBB Strecke Wien Hbf Laa an der Thaya mit der L 3095 (‚Ebendorferstraße‘), deren Träger das Land Niederösterreich ist“, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft dieses Bescheides durch Bewachung mit Armzeichen eines Bewachungsorganes zu sichern sei, wobei der im Quadranten I vorhandene Handschranken als Hilfseinrichtung zu verwenden sei.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Verwaltungsgericht der dagegen von der zweitmitbeteiligten Partei erhobenen Beschwerde Folge und formulierte den Spruch wie folgt neu: „Die Eisenbahnkreuzung in km 51,252 der früheren Eisenbahnstrecke Korneuburg Hohenau (nunmehr genutzt für Zwecke der Eisenbahnstrecke Wien Laa an der Thaya) mit der Landesstraße L 3095 (‚Ebendorferstraße‘) ist gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV durch Bewachung zu sichern.“ Des Weiteren wurden der dritt und viertmitbeteiligten Partei Kommissionsgebühren vorgeschrieben und die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig erklärt.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Amtsrevision.

4 Im Revisionsverfahren teilte das Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 29. November 2024 mit, dass mit Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 7. November 2024, Zl. RU6 E-3155/003 2024, der viertmitbeteiligten Partei die Bewilligung für die dauernde Einstellung des Eisenbahnbetriebes auf dem das Revisionsverfahren betreffenden Streckenteil von km 49,350 bis km 53,765 der Bahnstrecke Korneuburg Hohenau mit 15. Dezember 2024, 24.00 Uhr, erteilt und die entsprechende Konzession der erstmitbeteiligten Partei für den Betrieb der Nebenbahn für erloschen erklärt worden sei.

5 In weiterer Folge gab die zweitmitbeteiligte Partei mit Schriftsatz vom 1. Februar 2025 bekannt, dass mit rechtskräftigem Bescheid der revisionswerbenden Partei vom 18. Dezember 2024, Zl. RU6 E 1918/010 2024, aufgrund des Antrages des Vereins N über die Sicherung der Eisenbahnkreuzung in km 51,252 der nunmehr als Anschlussbahn betriebenen Bahnstrecke des Vereins N mit der Landesstraße L 3095 in Mistelbach entschieden worden sei.

6 Vor diesem Hintergrund wurde der revisionswerbenden Partei mit verfahrensleitender Verfügung vom 6. Februar 2025 Gelegenheit gegeben, binnen einer Frist von zwei Wochen zur Frage Stellung zu nehmen, ob ihr Rechtsschutzinteresse hierdurch weggefallen sei.

7 Die revisionswerbende Partei bringt dazu in ihrer Äußerung vom 17. Februar 2025 vor, der Verwaltungsgerichtshof sei im vorliegenden Fall keineswegs zu einer abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung berufen, weshalb der Revisionsantrag vollinhaltlich aufrechterhalten werde. Sie begründet dies zusammengefasst damit, dass nicht öffentliche Eisenbahnen häufig eine Sicherung durch Bewachung aufwiesen. Gerade hier stelle sich daher die Frage, ob im Spruch des Bescheides gemäß § 49 Abs. 2 EisbG lediglich eine Sicherung durch Bewachung gemäß § 4 Abs. 1 Z 5 EisbKrV oder auch die in § 39 Abs. 2 leg. cit. angeführten Arten der Bewachung festzulegen seien. Zu dieser Rechtsfrage liege bis dato keine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vor.

8 Mit diesem Vorbringen wird nicht dargelegt, dass weiterhin ein rechtliches Interesse an der Entscheidung über die Revision gegeben sei:

9 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

10 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist Prozessvoraussetzung für ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses an der inhaltlichen Erledigung. Ein solches ist immer dann zu verneinen, wenn es (etwa auf Grund geänderter Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung haben, wenn also durch Änderung maßgeblicher Umstände zeitlicher, sachlicher oder prozessualer Art das rechtliche Interesse des Revisionswerbers an der Entscheidung wegfällt. Liegt das Rechtsschutzbedürfnis schon bei Einbringung der Revision nicht vor, ist diese unzulässig (§ 34 Abs. 1 VwGG), fällt die Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens als gegenstandslos nach § 33 Abs. 1 VwGG. Diese Rechtsprechung hat auch für eine Amtsrevision Gültigkeit (vgl. zu allem VwGH 21.8.2023, Ro 2023/03/0014, mwN).

11 Die Konzession für den Betrieb jenes Abschnittes der Nebenbahn, in dessen Verlauf die verfahrensgegenständliche Eisenbahnkreuzung mit der L 3095 in Mistelbach lag, ist nach Erhebung der Revision erloschen. Auf dieser Strecke wird nunmehr auf der Grundlage einer neu erteilten Genehmigung von einem anderen Schieneninfrastrukturbetreiber eine Anschlussbahn betrieben; für die Sicherung der Eisenbahnkreuzung dieser Anschlussbahn mit der L 3095 in Mistelbach liegt ein rechtskräftiger Bescheid der revisionswerbenden Partei vor. Vor diesem Hintergrund ist das Rechtsschutzinteresse der revisionswerbenden Partei schon aufgrund der nach Erhebung der Revision erfolgten Genehmigung der Einstellung des Betriebs und des Erlöschens der Konzession für den Betrieb der Nebenbahn weggefallen.

12 Mit ihrem Vorbringen, warum ein rechtliches Interesse an der inhaltlichen Entscheidung weiterhin bestehe, tritt die revisionswerbende Partei dem Umstand, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs im konkreten Fall keine praktische Bedeutung mehr hätte, nicht entgegen. Das Vorbringen zielt vielmehr darauf ab, dass der Verwaltungsgerichtshof eine Leitentscheidung (ausschließlich) für künftige wenngleich vergleichbare Fälle treffen möge, indem er eine nur mehr abstrakte Rechtsfrage löse, wofür aber keine gesetzliche Grundlage besteht (vgl. erneut VwGH 21.8.2023, Ro 2023/03/0014).

13 Das Verfahren war daher wegen Wegfalls des rechtlichen Interesses gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

14 In Ermangelung einer formellen Klaglosstellung liegen die Voraussetzungen für einen Kostenzuspruch gemäß § 55 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu berücksichtigen ist; würde hierbei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Im vorliegenden Fall kann ohne unverhältnismäßigen Prüfungsaufwand nicht beurteilt werden, welchen Ausgang das verwaltungsgerichtliche Verfahren genommen hätte, wäre die Revision nicht gegenstandslos geworden. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt daher nach freier Überzeugung, dass ein Zuspruch von Aufwandersatz nicht stattfindet.

Wien, am 3. März 2025

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