Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofräte Dr. Schwarz und Dr. Terlitza als Richterin und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kovacs, über die Revision der C O E, in W, vertreten durch Mag. Susanne Singer, Rechtsanwältin in 4600 Wels, Ringstraße 9, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 10. August 2023, I412 2168659 2/2E, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1Die Revisionswerberin, eine Staatsangehörige von Nigeria, stellte am 28. September 2016 einen Antrag auf internationalen Schutz, der verbunden mit einer Rückkehrentscheidung samt Nebenaussprüchen vom Bundesverwaltungsgericht (Verwaltungsgericht) im Beschwerdeweg mit Erkenntnis vom 8. September 2021 abgewiesen wurde.
2 Mit Bescheid vom 9. Mai 2023 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag der Revisionswerberin auf Erteilung eines Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 EMRK vom 11. Februar 2022 gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 zurück.
3 Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet abgewiesen. Das Verwaltungsgericht sprach weiters aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.
4 Das Verwaltungsgericht traf Feststellungen zum Aufenthalt der Revisionswerberin in Österreich, dem Vorbringen zu ihren Deutschkenntnissen und ihrem Privat und Familienleben und führte im Wesentlichen aus, dass sich der Sachverhalt seit Erlassung der rechtskräftigen Rückkehrentscheidung nicht derart wesentlich geändert habe, dass eine ergänzende oder neue Interessenabwägung gemäß Art. 8 EMRK erforderlich gewesen wäre. Eine mündliche Verhandlung habe unterbleiben können, weil der Sachverhalt aus der Beschwerde in Verbindung mit dem Verwaltungsakt der belangten Behörde hinreichend geklärt sei.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 In der gesonderten Zulässigkeitsbegründung ist konkret darzulegen, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht und konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 31.8.2022, Ra 2022/17/0116, mwN).
10 Werden Verfahrensmängel als Zulassungsgründe ins Treffen geführt, so muss auch schon in der Zulässigkeitsbegründung die Relevanz dieser Verfahrensmängel dargelegt werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist fallbezogen in konkreter Weise darzulegen. Dies setzt voraus, dass auf das Wesentliche zusammengefasst jene Tatsachen dargestellt werden, die sich bei Vermeidung des Verfahrensfehlers als erwiesen ergeben hätten (vgl. VwGH 14.3.2022, Ra 2021/17/0176 bis 0179, mwN).
11 Die Revisionswerberin bringt zur Zulässigkeit auf das Wesentliche zusammengefasst vor, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterlassen. Die Revisionswerberin sei seit Erlassung der Rückkehrentscheidung fast zwei Jahre im Bundesgebiet gewesen. Das Verwaltungsgericht hätte sich ein eigenes Bild von ihren verbesserten Deutschkenntnissen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung machen müssen. Zudem hätte es den Zeugen J.B. zur Integration der Revisionswerberin vernehmen müssen.
12 Damit wurde aber weder im verfahrenseinleitenden Antrag noch in der Beschwerde an das Verwaltungsgericht ein maßgeblich geänderter Sachverhalt in Hinblick auf das Privat- und Familienleben der Revisionswerberin behauptet.
13 Im Zusammenhang mit einer Zurückweisung gemäß § 58 Abs. 10 AsylG 2005 ist die Frage nach dem zulässigen Unterbleiben einer Verhandlung auf Basis des § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG zu beurteilen. Demnach kann eine Verhandlung (unter anderem) dann entfallen, wenn der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen ist. Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof bereits klargestellt, dass es in den Fällen des § 24 Abs. 2 VwGVG im Ermessen des Verwaltungsgerichts liegt, auch trotz Antrag eine mündliche Verhandlung nicht durchzuführen (vgl. VwGH 19.4.2023, Ra 2022/17/0226, mwN).
14 Vorliegend war das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung durch § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG gedeckt, zumal der das Verwaltungsverfahren einleitende Antrag zurückzuweisen war. Das Zulässigkeitsvorbringen der Revision zeigt nicht auf, dass eine mündliche Verhandlung in Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens des Verwaltungsgerichts dennoch geboten gewesen wäre (vgl. wiederum VwGH 19.4.2023, Ra 2022/17/0226, mwN).
15 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 10. November 2023