Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, die Hofräte Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätinnen Dr. in Lachmayer und Dr. in Wiesinger als Richter und Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Löffler, LL.M., über die Revision des Finanzamts Österreich, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom 25. September 2023, Zl. RV/1100392/2022, betreffend Einkommensteuer 2015 (mitbeteiligte Partei: R B in W, vertreten durch die Engljähringer Fleisch Steuerberater OG in 6830 Rankweil, Bahnhofstraße 21), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
1 Der Mitbeteiligte hat nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) mit Kaufvertrag vom 28. Mai 2014 eine Teilfläche des Grundstückes Nr. [A], im Ausmaß von 250 m², hiervon 194 m² Baufläche Wohngebiet und 56 m² Freifläche Freihaltegebiet zu einem Preis von 1.500 € pro m², insgesamt sohin um 375.000 €, veräußert. Die Kaufpreiszahlung erfolgte in Raten und zwar dergestalt, dass im Jahr 2014 ein Teilbetrag in Höhe von 150.000 € entrichtet wurde, im Jahr 2015 ein Teilbetrag in Höhe von 200.000 € und im Jahr 2019 der Restbetrag von 25.000 €. Der Erwerber der gegenständlichen Teilfläche war seit dem Jahr 2000 Eigentümer des daran angrenzenden Nachbargrundstücks Nr. [B] im Ausmaß von 1.317 m², mit welchem die gegenständliche Teilfläche zu nunmehr 1.567 m² vereinigt wurde.
2 Vor dem Verkauf der gegenständlichen Teilfläche wurde mit Bescheid der Landesregierung vom 16. Dezember 2013 eine von der lokalen Stadtvertretung am 15. Oktober 2013 beschlossene Änderung des Flächenwidmungsplanes genehmigt. Dabei wurde das Grundstück [A] von der Widmung Freifläche Landwirtschaftsgebiet auf teilweise Baufläche Wohngebiet (2.559 m²) und teilweise Freifläche Freihaltegebiet (12.186 m²) umgewidmet, aus dem die revisionsgegenständliche veräußerte Teilfläche von 250 m² mit den oben angegebenen neuen Widmungen herausgelöst wurde. Zudem wurde ein zuvor die Widmung Freifläche Landwirtschaftsgebiet aufweisender Teil des Nachbargrundstückes [B], welches bereits im Eigentum des nunmehrigen Erwerbers stand, im Ausmaß von 263 m² in Baufläche Wohngebiet und im Ausmaß von 51 m² in Freifläche Freihaltegebiet umgewidmet. Die aus dem Grundstück [A] stammende Teilfläche verlängerte diesen Grundstücksteil jeweils mit 194 m² Baufläche Wohngebiet und 56 m² Freifläche Freihaltegebiet.
3 Mit dem Einkommensteuerbescheid 2015 vom 15. Dezember 2021 wurden dem Mitbeteiligten 50.000 € an Steuer für Einkünfte aus Grundstücksveräußerungen (besonderer Steuersatz 25 %) vorgeschrieben. Begründend wurde insbesondere ausgeführt, bei dem veräußerten Grundstück handle es sich um ein sogenanntes Altgrundstück. Nachdem das Grundstück im Jahr 2013 umgewidmet worden sei, könnten vom Veräußerungserlös, der 375.000 € betragen habe, pauschale Anschaffungskosten in Höhe von (lediglich) 40 %, also 150.000 €, in Abzug gebracht werden, die sohin zur Gänze von der Kaufpreisrate im Jahr 2014 abzuziehen gewesen seien.
4 Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Beschwerde richtete sich gegen den Ansatz der fiktiven Anschaffungskosten mit 40 % anstelle von 86 %.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis, in dem eine Revision nicht zugelassen wurde, gab das BFG der Beschwerde nach abweisender Beschwerdevorentscheidung und Vorlageantrag teilweise Folge. Begründend führte es aus, im Revisionsfall sei strittig, ob bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Immobilienertragsteuer vom Verkaufspreis das Pauschale für (fiktive) Anschaffungskosten gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 in Höhe von 40 % oder jenes gemäß § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 in Höhe von 86 % abzuziehen sei. Der Umwidmungstatbestand des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 sei gegenständlich insoweit erfüllt, als hinsichtlich des veräußerten Grundstückes eine Umwidmung von Freifläche Landwirtschaft in Baufläche Wohngebiet erfolgt sei. Bei einer solchen Teilumwidmung sei der Veräußerungserlös grundsätzlich entsprechend dem Wertverhältnis von Baulandanteil und Grünlandanteil aufzuteilen (Verhältnismethode; Hinweis auf Bodis/Hammerl in Doralt ua, EStG 21 , § 30 Tz 284).
6 Im Revisionsfall sei für das gesamte Grundstück ein einheitlicher Baulandpreis von 1.500 € pro m² erzielt worden, obwohl im Zuge der Umwidmung im Jahr 2013 das gegenständliche Teilgrundstück mit der Fläche von 250 m² lediglich hinsichtlich eines Teilbereiches von 194 m² in Baufläche umgewandelt worden sei. Das Finanzamt habe den Umstand der Erzielung des Baulandpreises für das gesamte veräußerte Teilgrundstück dergestalt gewertet, dass im Revisionsfall eine einheitliche Betrachtung des veräußerten Grundstücks geboten sei und die Einkünfte aus dessen Veräußerung insgesamt gemäß § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 zu ermitteln seien. Begründend habe das Finanzamt darauf verwiesen, dass der Mitbeteiligte bezogen auf das gesamte Teilgrundstück wirtschaftlich von der Umwidmung in Baufläche profitiert habe. Laut Immobilienpreisspiegel der Wirtschaftstreuhänder 2014 sei der örtliche Quadratmeterpreis für „Baugrundstücke für freistehende Einfamilienhäuser“ in sehr guter Wohnlage bei 647,30 € gelegen. Es sei somit offensichtlich, dass für das gesamte Grundstück ein „Liebhaberpreis“ erzielt worden sei. Im Jahr 2013 sei nicht nur das veräußerte Teilgrundstück, sondern auch das Nachbargrundstück Nr. [B] umgewidmet worden (von letzterem seien 263 m² von Freifläche Landwirtschaftsgebiet in Baufläche Wohngebiet und 51 m² von Freifläche Landwirtschaftsgebiet in Freifläche Freihaltegebiet umgewidmet worden). Bei dem Erwerber des Teilgrundstückes handle es sich um den Eigentümer dieses Nachbargrundstücks. Wie aus dem vorgelegten Lageplan zu ersehen sei, bilde das erworbene Teilgrundstück eine Verlängerung des ursprünglichen Grundstückes des Erwerbers sowohl zur bestehenden Baufläche als auch zur bestehenden Freifläche. Das Nachbargrundstück sei also durch diesen Erwerb begradigt worden. Nach Auffassung des BFG hätte kein anderer Erwerber einen derart hohen, weit über dem Verkehrswert liegenden Preis (sowohl für jenen Teilbereich des Grundstückes, der die Widmung Freifläche aufweise, als auch für jenen Teil, der die Widmung Baufläche aufweise) gezahlt. Das BFG komme daher zum Ergebnis, dass der Revisionswerber primär von diesem Umstand wirtschaftlich profitiert habe und insofern eine einheitliche Betrachtung des veräußerten Grundstücks dergestalt, dass § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 für den gesamten Veräußerungserlös zur Anwendung komme, unzutreffend sei. Zudem sei auch nach der Verwaltungspraxis eine Aufteilung des Veräußerungserlöses dann geboten, wenn die Teilflächen ausdrücklich im Flächenwidmungsplan als Grün oder Freiland gewidmet seien, was im Revisionsfall vorliege (Hinweis auf EStR 2000 Rz 6669 zu miterworbenen Schutz oder Pufferzonen).
7 Die Steuerbemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer errechne sich somit für das BFG wie folgt: Da es sich bei der veräußerten Teilfläche im Ausmaß von 250 m² hinsichtlich 194 m² um „Bauland“ und hinsichtlich 56 m² um „Freifläche“ handle, sei der Verkaufserlös von 375.000 € im Verhältnis von 77,6 % zu 22,4 % aufzuteilen. Auf den Baulandanteil entfielen daher 291.000 € und auf die Freifläche 84.000 €. Da der Baulandanteil unter den Tatbestand des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 falle, könne davon ein Pauschale für Anschaffungskosten von 40 %, also 116.000 €, in Abzug gebracht werden. Für den unter den Tatbestand des § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 fallenden Freilandanteil könne ein Pauschale für Anschaffungskosten von 86 %, also 72.240 €, in Abzug gebracht werden. Die Bemessungsgrundlage für die Immobilienertragsteuer betrage somit 186.760 € (291.000 € 116.000 €) + (84.000 € 72.240 €) = 186.760 €) und die Immobilienertragsteuer 46.690 €.
8 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Finanzamts, das zu deren Zulässigkeit vorbringt, das BFG sei von der (auch im Falle der gemischten Widmung eines Grundstücks anwendbaren) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Aufteilung von Erlösen aus Grundstücksveräußerungen abgewichen, wonach die Aufteilung von Veräußerungserlösen von Wirtschaftsgütern, die sich aus Teilen unterschiedlichen Wertes zusammensetzten, nach dem Verhältnis der objektiven Werte dieser Teile vorzunehmen sei (Hinweis auf VwGH 6.7.2006, 2002/15/0175; 23.4.1998, 96/15/0063; 15.2.1994, 93/14/0175). Zwar verweise das BFG darauf, dass bei einer Teilumwidmung der Veräußerungserlös entsprechend dem Wertverhältnis von Bauland und Grünlandanteil aufzuteilen sei; es nehme dann aber die Aufteilung des Veräußerungserlöses nicht unter Berücksichtigung objektiv feststellbarer Wertmerkmale der beiden Grundstücksteile, sondern lediglich unter Zugrundelegung der Wertgleichheit von Bau und Freifläche aufgrund subjektiver Einschätzung der Vertragsteile im jeweiligen flächenmäßigen Ausmaß vor. Im Ergebnis nehme das BFG somit keine Aufteilung im Verhältnis der objektiven Werte der unterschiedlichen Grundstücksteile vor, sondern teile den Veräußerungserlös nach dem Flächenverhältnis auf. Damit weiche es von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.
9 Sollte der Verwaltungsgerichtshof hingegen die Rechtsansicht vertreten, dass die zu lösende Rechtsfrage durch die Grundsätze der angeführten Rechtsprechung noch nicht gelöst werden könne, weil diese nicht explizit zur Methode der Aufteilung des Veräußerungserlöses für ein Grundstück ergangen sei, welches nur teilweise die Voraussetzungen des § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 erfülle, dann fehle dazu Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
10 Der Mitbeteiligte erstattete nach hg. Einleitung des Vorverfahrens keine Revisionsbeantwortung.
11 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Die Revision ist zulässig und begründet.
13 Gemäß § 30 Abs. 3 EStG 1988 ist grundsätzlich der Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den Anschaffungskosten als Einkünfte aus privaten Grundstücksveräußerungen anzusetzen.
14 Soweit Grundstücke am 31. März 2012 ohne Berücksichtigung von Steuerbefreiungen nicht steuerverfangen waren (Altvermögen), sind die Einkünfte nach § 30 Abs. 4 Z 2 EStG 1988 allerdings im Allgemeinen mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den mit 86 % des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten anzusetzen.
15 Im Falle einer Umwidmung des Grundstückes nach dem 31. Dezember 1987 sind die Einkünfte nach § 30 Abs. 4 Z 1 EStG 1988 aus Veräußerungen von Altvermögen jedoch mit dem Unterschiedsbetrag zwischen dem Veräußerungserlös und den (nur) mit 40 % des Veräußerungserlöses anzusetzenden Anschaffungskosten anzusetzen. Als Umwidmung gilt dabei eine Änderung der Widmung, die nach dem letzten entgeltlichen Erwerb stattgefunden hat und die erstmals eine Bebauung ermöglicht, die in ihrem Umfang im Wesentlichen der Widmung als Bauland oder Baufläche im Sinne der Landesgesetze auf dem Gebiet der Raumordnung entspricht.
16 Diese Rechtslage erfordert beim Verkauf von teilweise umgewidmeten Grundflächen des Altvermögens für die Bestimmung der anzusetzenden Anschaffungskosten eine Aufteilung bzw. Zuordnung des erzielten Veräußerungserlöses zu den jeweiligen Teilflächen.
17 Die Amtsrevision bringt nun hierzu vor, dass bei der Aufteilung des Veräußerungserlöses die unterschiedlichen Wertverhältnisse der Grundstücksteile zu berücksichtigen seien. Bestehe ein Grundstück zum Teil aus Bauland und zum Teil aus Grünland, sei der Veräußerungserlös entsprechend dem Wertverhältnis von Bauland und Grünlandteil aufzuteilen. Dabei sei der Marktpreis für Bauland bezogen auf die Baulandfläche mit dem Marktpreis für Grünland bezogen auf die Grünlandfläche in ein Verhältnis zu setzen und der Veräußerungserlös in diesem Verhältnis aufzuteilen. Das Bundesministerium für Finanzen rechtfertige in seinen Richtlinien die Anwendung der Sachwertmethode bei Teilumwidmungen von Altgrundstücken in Bauland damit, dass „davon auszugehen ist, dass der für Bauland erzielte Quadratmeterpreis höher ist als der für Grünland erzielte Quadratmeterpreis“ (Hinweis auf EStRL Rz 6673).
18 Diese Methode der Aufteilung nach den Sachwertverhältnissen hat auch der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits mehrfach als unbedenklichen und sachgerechten Aufteilungsmaßstab von Gesamtkaufpreisen im Zusammenhang mit Grundstücken angesehen (vgl. zu Waldverkäufen auch VwGH 24.6.2003, 2003/14/0027, sowie zur Aufteilung von Grund und Boden einerseits und Gebäuden andererseits zuletzt VwGH 24.4.2024, Ro 2022/15/0044, mwN).
19 Die Sachwertmethode berücksichtigt dabei auch, dass aufgrund wechselseitiger Wertbeeinflussung der höherwertige Teil auch wertbestimmend für den weniger werthaltigen verbundenen Teil ist und dessen Wert positiv mitbeeinflusst. Ein Grünlandteil wird verbunden mit einem Baulandteil am Markt einen höheren Wert erzielen, als wenn beide Teile unverbunden veräußert würden. Ein überzahlter (über dem Marktwert des Grundstücks liegender) Veräußerungserlös („Liebhaberpreis“) wird durch die Sachwertmethode stärker dem höherwertigen Grundstücksteil zugerechnet als bei einer linearen Aufteilung. Dieser Gedanke trägt auch bei teilumgewidmeten Grundstücken, weil die Umwidmung im Allgemeinen den nicht umgewidmeten Flächenteil in seiner Wertentwicklung positiv mitbeeinflusst.
20 Einer solchen Aufteilung des Kaufpreises entsprechend dem Wertverhältnis von Bauland und Grünlandanteil steht auch nicht entgegen, dass das BFG im Revisionsfall festgestellt hat, dass eine Überzahlung sowohl des Bauland als auch des Grünlandanteils vorliege, die sich insbesondere aus der Nachbarschaftsposition des Erwerbers erklärt, denn auch in diesem Fall sind die unterschiedlichen und den Kaufpreis (pro m 2 ) letztlich mitbestimmenden Wertverhältnisse der Grundstücksteile bei der Aufteilung zu berücksichtigen.
21 Demgegenüber hat das BFG die Aufteilung des Kaufpreises im Revisionsfall nicht entsprechend dem Wertverhältnis von Bau und Grünlandanteil des veräußerten Grundstücks, sondern nach dem schlichten Flächenausmaß vorgenommen und davon ausgehend auch die für die Anwendung der Verhältniswertmethode notwendigen Feststellungen zu den Bau und Grünlandpreisen vergleichbarer Grundstücke in der Umgebung unterlassen.
22 Das angefochtene Erkenntnis erweist sich daher als mit (prävalierender) inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Wien, am 5. März 2025