Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und Senatspräsidentin Mag. a Nussbaumer Hinterauer sowie Hofrat Mag. Cede, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Strasser, über die Revision des M K in W, vertreten durch Mag. Klaus Heintzinger, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Berggasse 4/1/7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. Februar 2023, W213 2240261 1/25E, betreffend Feststellung von Schwerarbeitsmonaten gemäß § 15b BDG 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Der Revisionswerber steht als Chefinspektor in einem öffentlich rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle ist die Landespolizeidirektion Wien.
2 Mit Schreiben vom 21. Jänner 2020 beantragte der Revisionswerber die „bescheidmäßige Feststellung der Schwerarbeiterregelung und Mitteilung des frühestmöglichen Zeitpunktes für den Antritt des Ruhestandes“.
3 Nach Gewährung von Parteiengehör stellte die Landespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 21. Jänner 2021 gemäß § 15b Abs. 1 bis 3 Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) fest, dass das Ausmaß der Schwerarbeitsmonate des Revisionswerbers zum 29. Februar 2020 63 Monate betrage. Es lägen betreffend den Zeitraum 1. November 2005 bis 30. September 2018 18 Schwerarbeitsmonate nach der Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung) und betreffend die Zeiträume 1. Juni 2001 bis 30. April 2003 23, 1. Mai 2003 bis 31. März 2004 11 und 1. Dezember 2004 bis 31. Oktober 2005 11 Schwerarbeitsmonate gemäß der Verordnung der Bundesregierung über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 105/2006, insgesamt daher 63 Schwerarbeitsmonate vor.
4 Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde.
5 Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung wies das Bundesverwaltungsgericht diese Beschwerde „gemäß § 15b BDG in Verbindung mit § 1 Z. 4 lit a der Verordnung BGBl. II Nr. 105/2006 und § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG“ als unbegründet ab und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6 In seiner Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, in der Beschwerde sei in erster Linie bekämpft worden, dass dem Revisionswerber in der Zeit von 1. November 2005 bis 30. September 2018 während seiner Verwendung als Hauptsachbearbeiter bzw. Leiter eines Kriminalreferates keine Schwerarbeitsmonate im Hinblick auf den von ihm geleisteten wachespezifischen Außendienst zugebilligt worden seien. Dazu traf das Bundesverwaltungsgericht folgende Feststellungen:
„In der Zeit vom 1.11.2005 bis 30.09.2018 weist der Beschwerdeführer 18 Schwerarbeitsmonate gemäß der Verordnung BGBl. II Nr. 104/2006 (Nachtdienst) auf. Schwerarbeitsmonate im Sinne der Verordnung BGBl. II Nr. 105/2006 (Außendienst) liegen nicht vor.“
7 Das Bundesverwaltungsgericht führte weiters ua. aus wie folgt:
„Auch der Beschwerdeführer hat mit Schriftsatz vom 27.04.2021 ein umfangreiches, aber nicht lückenloses Konvolut an Einsatzbefehlen bzw. Einsatzberichten (Mai 2013 bis November 2014) vorgelegt, doch ist auch für den am besten belegten Monat (Jänner 2014) maximal von 47 Stunden wachespezifischen Außendienstes auszugehen, womit aber keinesfalls ein 50 % übersteigender Anteil an wachespezifischem Außendienst gegeben ist.
Eine Zusammenschau der Zeugenaussagen in den durchgeführten Verhandlungen, den von der belangten Behörde vorgelegten EDD Auswertungen, den Arbeitsplatzbeschreibungen und den vom Beschwerdeführer vorgelegten Einsatzbefehlen und Einsatzbericht muss daher zu dem Ergebnis kommen, dass der Beschwerdeführer zwar in erheblichem Umfang wachespezifischen Außendienst verrichtet hat, doch konnte für keinen Monat in dem vom Beschwerdeführer relevierten Zeitraum vom 01.11.2005 bis 30.09.2018 der Nachweis erbracht werden, dass der Beschwerdeführer mehr als 50 % wachespezifischen Außendienst verrichtet hat. Dieses Ergebnis steht auch im Einklang mit den für den Beschwerdeführer geltenden Arbeitsplatzbeschreibungen als Hauptsachbearbeiter bzw. Leiter im Kriminalreferat des SPK X (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof). In beiden Arbeitsplatzbeschreibungen scheinen zwar Tätigkeiten auf, die in Form wachespezifischen Außendienstes ausgeübt werden, doch lässt sich aus den in den Arbeitsplatzbeschreibungen vorgenommenen Quantifizierungen nicht ableiten, dass diese ein Ausmaß von mehr als 50 % erreichen.
Im Ergebnis ist daher festzuhalten, dass während des in der Beschwerde relevierten Zeitraums vom 01.11.2005 bis 30.09.2018 beim Beschwerdeführer ein 50 % übersteigender Anteil an wachespezifischem Außendienst nicht festgestellt werden konnte.
Die Feststellung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer während dieses Zeitraums (01.11.2005 bis 30.09.2018) 18 Schwerarbeitsmonate im Hinblick auf die Erbringung von Nachtdiensten aufzuweisen hat, wurde dies vom Beschwerdeführer nicht bestritten, sondern in seiner Einvernahme am 04.05.2021 bestätigt.
Soweit der Beschwerdeführer aus § 1 Abs. 1 Z. 3 der Verordnung BGBl. II Nr. 105/2006 im Hinblick auf die dort vorgesehene Verpflichtung der Dienstbehörden Schwerarbeitsmonate automationsunterstützt zu verarbeiten, eine Beweislastumkehr ableitet, ist dem entgegenzuhalten, dass diese Bestimmung schon dem Wortlaut nach ausschließlich eine Verpflichtung der Dienstbehörden statuiert. Im konkreten Einzelfall ist aber die Dienstbehörde bzw. das Bundesverwaltungsgericht verpflichtet die Anzahl der Schwerarbeitsmonate festzustellen. Dabei ist von den tatsächlichen Verhältnissen am Arbeitsplatz des Beamten und nicht bloß von dem nach den Organisationsnormen (Arbeitsplatzbeschreibung) gesollten Zustand auszugehen (vgl. VwGH 13.09.2017, GZ. Ro 2016/12/0024). Das Bundesverwaltungsgericht hat alle zu Gebote stehenden Beweismittel (Zeugenaussagen, von den Parteien vorgelegte EDD Auswertungen, Einsatzbefehle bzw. Berichte etc.) herangezogen und hat auf dieser Grundlage die unter Pkt. II.2. dargestellten Feststellungen getroffen.“
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
9 Zur Darlegung der Zulässigkeit seiner Revision führt der Revisionswerber aus, es liege zu mehreren vorliegend zu lösenden Rechtsfragen keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. So etwa zur Rechtsfrage, ob der Revisionswerber als „Arbeitnehmer“ die alleinige Beweislast für den Nachweis der Schwerarbeitsmonate trage und/oder ob ihm lediglich die Glaubhaftmachung obliege, dass er wachespezifischen Außendienst im Ausmaß von zumindest 15 Kalendertagen im Monat „wahrgenommen“ habe. Weiters fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob es vor dem Hintergrund der ab 1. Jänner 2007 geltenden Pflicht der Dienstbehörde, die geleisteten Schwerarbeitsmonate im „PM SAP“ zu erfassen und automationsunterstützt zu verarbeiten, zu einer Beweislastumkehr komme, wenn die Dienstbehörde die Schwerarbeitsmonate aufgrund eines mangelhaft geführten Personalaktes nicht „vorlegen“ könne. Auch zur Rechtsfrage hinsichtlich des Ausmaßes der Mitwirkungspflicht des Revisionswerbers, nämlich ob die Behauptungs- und Beweislast des Revisionswerbers überspannt werde bzw. ob es ihm als „Arbeitnehmer“ zumutbar sei, seinen Personalakt über Jahrzehnte selbst zu führen und Einsatzbefehle und Einsatzberichte über Jahrzehnte „zu horten“. Der Revisionswerber habe nämlich lediglich ein Konvolut an Einsatzbefehlen bzw. Einsatzberichten von Mai 2013 bis November 2014 als Nachweis für den wachespezifischen Außendienst am Computer gespeichert gehabt, da die Akten nach Übergabe gelöscht würden und er nicht mehr auf seinem ursprünglichen Arbeitsplatz sei. Inwieweit könne dem Revisionswerber zugemutet werden, einerseits sämtliche „beweisführenden“ Dokumente/Daten der letzten 240 Monate zu „horten“ dies unter dem Gesichtspunkt der Verschwiegenheit und der datenschutzrechtlichen Bestimmungen und „andererseits die sanktionslose Kopienerstellung und Aufbewahrung der erforderlichen beweisführenden Unterlagen/Daten“. Obliege es nicht der Fürsorgepflicht des „Arbeitgebers“, die erforderlichen Unterlagen/Daten grundsätzlich aber vor allem zumindest ab 1. Jänner 2007 im Personalakt zu hinterlegen? Habe der Revisionswerber im Sinne der Rechtssicherheit und des Gleichheitsgebots Anspruch auf zumindest 120 Schwerarbeitsmonate, wenn Kollegen des Revisionswerbers, die im Wesentlichen dieselbe Funktion/Tätigkeit (Leiter des Kriminalreferates) zumindest 120 Schwerarbeitsmonate zugestanden worden seien. Dies unter der Prämisse, dass die gleichen/ähnlichen Arbeitsplatzbeschreibungen der Referatsleiter vorliegen und die Tätigkeiten der Referatsleiter im Wesentlichen so gut wie identisch seien.
10 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
11 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
12 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
13 Abs. 2 und 3 des § 15b Beamten Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979), BGBl. Nr. 333/1979, in der Fassung der Dienstrechts Novelle 2020, BGBl. I Nr. 153/2020 lauten:
„(2) Ein Schwerarbeitsmonat ist jeder Kalendermonat, in dem mindestens 15 Tage Schwerarbeit vorliegen. Die Bundesregierung hat mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit vorliegt.
(3) Beamtinnen und Beamte des Dienststandes, die ihr 50. Lebensjahr vollendet haben, können eine bescheidmäßige Feststellung der Anzahl ihrer Schwerarbeitsmonate zu dem dem Einlangen des Antrags folgenden Monatsletzten beantragen. Dieses Antragsrecht wird mit Rechtskraft der Feststellung konsumiert.“
14 Wie das Bundesverwaltungsgericht bereits ausgeführt hat, betrifft nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Anzahl der geleisteten Schwerarbeitsmonate eine Tatsachen- und nicht (bloß) eine Rechtsfrage, weswegen es dazu konkreter Feststellungen hinsichtlich der tatsächlichen Verhältnisse bedarf. Es kommt dabei nicht bloß auf den nach den Organisationsnormen (Arbeitsplatzbeschreibungen) gesollten Zustand an. Es bedarf daher zunächst konkreter Feststellungen, welche Tätigkeiten der Beamte in welchem Ausmaß erbrachte (vgl. VwGH 13.9.2017, Ro 2016/12/0024, Rn. 16). Entgegen der Ansicht des Revisionswerbers kommt es daher nicht darauf an, wie viele Schwerarbeitsmonate anderen Personen zuerkannt wurden.
15 Im Verwaltungsverfahren herrscht die Offizialmaxime, d.h. die entscheidungswesentlichen Tatsachen sind grundsätzlich von Amts wegen festzustellen. Eine gesetzliche Regelung, die im Verfahren betreffend die Feststellung von Schwerarbeitsmonaten gemäß § 15b Abs. 3 BDG 1979 eine davon abweichende Beweislastverteilung anordnen würde, wurde in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht genannt, insbesondere ist eine Regelung, die die Dienstbehörde verpflichtet, geleistete Schwerarbeitsmonate zu erfassen und automationsunterstützt zu bearbeiten, keine derartige Regelung. Die Folgen der objektiven Beweislosigkeit oder des „Nichtfestgestelltseins“ einer Tatsache sind auch bei amtswegiger Ermittlungspflicht von demjenigen zu tragen, der aus dieser Tatsache ein Recht herleiten will (vgl. etwa VwGH 23.5.2002, 99/09/0045, mwN), also vorliegendenfalls vom Revisionswerber.
16 Der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Wesenskern des öffentlich rechtlichen Dienstverhältnisses darin gelegen ist, dass sich die wechselseitigen Rechte und Pflichten, insbesondere die besoldungsrechtlichen Ansprüche des Beamten, aus dem Gesetz und den allenfalls zu seiner Durchführung ergangenen Verordnungen und Bescheiden ergeben. Gemäß diesem Wesenskern des öffentlich rechtlichen Dienstverhältnisses können Personen in einem grundsätzlich lebenslangen Dienstverhältnis in Bindung an das Gesetz tätig und bezugsrechtliche Ansprüche nur nach besoldungsrechtlichen Vorschriften geltend gemacht werden. Jeder Fall ist im Dienstrecht für sich auf Grundlage des Gesetzes zu lösen (vgl. etwa VwGH 15.4.2024, Ra 2022/12/0168, mwN). Einer Zuerkennung von Schwerarbeitsmonaten im Dienstrechtsverfahren, obwohl die Leistung dieser Schwerarbeitsmonate durch die Beamtin oder den Beamten nicht festgestellt werden konnte, steht schon der Umstand entgegen, dass es dafür an einer gesetzlichen Grundlage mangelt.
17 Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz nach dem Revisionsmodell im Allgemeinen nicht dazu berufen, die verwaltungsgerichtliche Beweiswürdigung zu überprüfen. Im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat. Beruht die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts nicht auf einer geradezu unvertretbaren Auslegung des Inhalts und Umfangs der Begründungspflicht, so liegt eine grundlegende Verkennung tragender Verfahrensgrundsätze nicht vor (vgl. etwa VwGH 6.2.2024, Ra 2022/12/0169, Rn. 33, mwN). Derartiges wurde in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht aufgezeigt.
18 Auch mit dem Hinweis auf eine Vielzahl Betroffener wird keine auf den konkreten Fall bezogene Rechtsfrage dargestellt, bewirkt doch der Umstand, dass die zu lösende Rechtsfrage in einer Vielzahl von Fällen auftreten könne, für sich allein nicht ihre Erheblichkeit im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG (vgl. VwGH 15.4.2024, Ra 20 22/12/0168, mwN).
19 Mangels Aufzeigen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG, von deren Lösung eine Entscheidung über die Revision abhinge, war die Revision gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 12. August 2024