Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Grünstäudl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Prendinger, über die Revision der Bildungsdirektion für Steiermark in 8011 Graz, Körblergasse 23, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 6. September 2023, Zl. G303 2276685 1/3E, betreffend Untersagung der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht und Anordnung der Erfüllung der Schulpflicht (mitbeteiligte Partei: J F in N bei G, vertreten durch die KOMWID Kompein Widmann Partner Rechtsanwälte OG in 1030 Wien, Beatrixgasse 1/11), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat dem Mitbeteiligten Aufwendungen in der Höhe von € 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1.1. Mit Bescheid vom 28. Juli 2023 untersagte die Bildungsdirektion für Steiermark (die revisionswerbende Partei) gestützt auf § 11 Abs. 1, 4 und 6 iVm § 5 Schulpflichtgesetz (SchPflG) und § 42 Abs. 6 Schulunterrichtsgesetz die mit Schreiben vom 12. Juni 2023 angezeigte Teilnahme des Mitbeteiligten am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht für die 7. Schulstufe im Schuljahr 2023/24 und ordnete an, der Mitbeteiligtehabe seine „restliche Schulpflicht“ mit Beginn des Schuljahres 2023/24 in einer öffentlichen Schule oder einer mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule mit gesetzlich geregelter Schulartbezeichnung zu erfüllen.
2 1.2. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 6. September 2023 gab das Bundesverwaltungsgericht einer dagegen erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten statt und behob den bekämpften Bescheid ersatzlos, dies im Kern mit der Begründung, die revisionswerbende Partei sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Untersagungstatbestand des § 11 Abs. 6 Z 4 SchPflG sei erfüllt.
3 Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof ließ das Verwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zu und begründete dies nach Wiedergabe eines Rechtssatzes des hg. Erkenntnisses vom 29. Mai 2020, Ro 2020/10/0007, damit, dass „der Gesetzgeber im § 11 Abs. 6 SchPflG in der seit 21.04.2023 geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 37/2023 Untersagungstatbestände, konkret in den Z 3 bis 5 normiert“ habe, „welche sich nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut lediglich auf den häuslichen Unterricht beziehen“. Eine „Rechtsprechung zu dieser neuen Rechtslage, insbesondere zur gegenständlich entscheidungsrelevanten Z 4 des § 11 Abs. 6 SchPflG, auch bezüglich des Umstandes, dass es sich um eine Privatschule handelt, welche ihr Öffentlichkeitsrecht lediglich für ein Schuljahr, am Ende des jeweiligen Schuljahres, somit rückwirkend verliehen bekommt“, fehle.
1.3. Dagegen richtet sich die vorliegende (ordentliche) Revision, zu der der Mitbeteiligte eine Revisionsbeantwortung erstattet hat.
4 2. Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 VwGG ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
7 3. Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt (nur) dann vor, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. etwa VwGH 20.4.2023, Ro 2021/10/0014, mwN).
8 Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 zweite Variante B VG („weil ... eine solche Rechtsprechung fehlt“) ist das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage (vgl. etwa wiederum VwGH Ro 2021/10/0014 oder VwGH 28.2.2022, Ro 2021/10/0018, jeweils mwN).
9 Mit den oben (unter Rz 3) wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zu fehlender Rechtsprechung zu einer bestimmten Norm wird nicht dargelegt, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof (erstmals) zu lösen habe, ist doch Zweck der Begründungspflicht des Verwaltungsgerichtes nach § 25a Abs. 1 VwGG die Fokussierung auf die vom Verwaltungsgerichtshof zu lösende grundsätzliche Rechtsfrage (vgl. etwa VwGH 25.3.2020, Ro 2020/10/0005, 0006, mwN); mit diesen Ausführungen wurde somit den Begründungserfordernissen gemäß § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht Genüge getan.
10 4. Reicht die Begründung der Zulässigkeit der Revision durch das Verwaltungsgericht für deren Zulässigkeit nicht aus oder erachtet der Revisionswerber andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung für gegeben, hat der Revisionswerber nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch in einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeitsgründe gesondert darzulegen (vgl. etwa VwGH 18.1.2023, Ro 2021/10/0013, mwN).
11 Die vorliegende ordentliche Revision enthält unter Punkt 2. (unter anderem) Darlegungen zur „Zulässigkeit der ordentlichen Revision“; darin gibt die revisionswerbende Partei allerdings zunächst lediglich die Zulassungsbegründung des angefochtenen Erkenntnisses wörtlich wieder und führt sodann ins Treffen, zu „vergleichbaren Sachverhalten“ läge „uneinheitliche Rechtsprechung durch das Bundesverwaltungsgericht“ vor.
12 Abgesehen davon, dass auch damit eine konkrete Rechtsfrage nicht aufgezeigt wird, sei hiezu auf Art. 133 Abs. 4 B VG verwiesen, welcher auf nicht einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und nicht von Verwaltungsgerichten abstellt; eine uneinheitliche Rechtsprechung eines Verwaltungsgerichtes führt somit nicht zu einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B VG (vgl. etwa VwGH 12.10.2017, Ra 2017/17/0318, mwN, oder 20.9.2018, Ra 2018/11/0118).
13 5. Die Revision war daher zurückzuweisen.
14 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47, insbesondere § 51 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. Jänner 2024