Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Hinterwirth sowie Hofrat Mag. Haunold und Hofrätin Dr. Holzinger als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Bamer, über die Revision des Mag. P T in K, vertreten durch die Eisenberger Offenbeck Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Muchargasse 34, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Kärnten vom 30. August 2023, KLVwG 853/5/2023, betreffend Feststellungsverfahren gemäß § 6 Abs. 1 Z 1 AWG 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid vom 24. Juli 2009 erteilte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee dem Revisionswerber die naturschutzrechtliche Bewilligung für die Durchführung einer Geländeanpassung mit Bodenaushubmaterial auf dem Grundstück Nr. 1305/1, KG H.
2 Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 2018 beantragte der Revisionswerber beim Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee die Feststellung, dass das für die Geländeanpassung verwendete Material zum Zeitpunkt der Verwendung auf dem Grundstück Nr. 1305/1, KG H, keinen Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1 bis 3 AWG 2002 darstellte.
3 Mit Bescheid vom 1. März 2023 stellte der Bürgermeister der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee fest, dass es sich bei dem für die Geländeanpassung verwendeten Material auf dem Grundstück Nr. 1305/1, KG H, nicht um Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1, 2 und 3 AWG 2002 gehandelt habe.
4 Dieser Bescheid wurde von der Bundesministerin für Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde gemäß § 6 Abs. 4 Z 1 und 2 AWG 2002 mit Bescheid vom 18. April 2023 aufgehoben.
5 Eine gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde des Revisionswerbers wies das Landesverwaltungsgericht Kärnten (Verwaltungsgericht) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab. Die Revision erklärte es gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
6 In seiner Entscheidungsbegründung stellte das Verwaltungsgericht (disloziert) unter anderem fest, dass für die gegenständliche Geländeanpassung nicht ausschließlich Bodenaushubmaterial eingesetzt worden sei. Der Amtssachverständige habe aufgrund einer vorgelegten Bestätigung schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass auch Material aus einer Flachdachbekiesung zum Einsatz gelangt sei. Zum Nichtvorliegen der Nebenprodukteigenschaft des verwendeten Materials verwies das Verwaltungsgericht darauf, dass nach § 2 Abs. 3a Z 1 und 4 AWG 2002 die weitere Verwendung des Stoffes oder Gegenstandes gesichert und zulässig sein müsse, weshalb bereits vor der Verwendung des Materials zur Geländeanpassung feststehen hätte müssen, dass dessen weitere Verwendung für den bestimmten Zweck zulässig sei. Eine bloß visuelle Kontrolle sei nicht ausreichend gewesen, weil feststehe, dass nicht ausschließlich Bodenaushubmaterial verwendet worden sei. Für die Beurteilung der Zulässigkeit der Verwendung des Materials im Sinne des § 2 Abs. 3a Z 4 AWG 2002 wäre vor der Geländeanpassung auch eine umwelttechnische Beprobung und Analyse durchzuführen gewesen. Eine solche sei jedoch erst nach der tatsächlichen Verwendung des Materials erfolgt, weshalb die Nebenprodukteeigenschaft zu verneinen sei. Aus diesen Gründen scheide auch der Eintritt des Abfallendes bereits zum Zeitpunkt der vorgenommenen Verwendung zur Geländeanpassung aus. In diesem Zusammenhang wies das Verwaltungsgericht darauf hin, dass nach Erwägungsgrund 22 der Abfallrahmenrichtlinie eine bloße Sichtung von Abfall ein Verwertungsverfahren darstellen könne, das nach Abschluss zu einem Abfallende durch Vorbereitung zur Wiederverwendung führe. Allerdings hingen die jeweiligen Anforderungen an ein Prüf , Reinigungs oder Reparaturverfahren, nach dem Abfälle ohne weitere Vorbehandlung im Sinne des § 2 Abs. 5 Z 6 iVm § 5 Abs. 1 AWG 2002 und Art. 6 Abfallrahmenrichtlinie wiederverwendet werden können, vom jeweiligen Einzelfall ab. Bezüglich Bodenaushubmaterial habe der Gerichtshof der Europäischen Union (Hinweis auf EuGH 17.11.2022, C 238/21, Porr ) festgestellt, dass eine Prüfung, die darauf abziele, die Qualität und die Präsenz von Schadstoffen oder Verunreinigungen in Aushubmaterial zu ermitteln, als Verfahren der Prüfung eingestuft werden könne. Während grobteilige Verunreinigungen und Störstoffe durch eine visuelle Kontrolle wohl ermittelt werden könnten, seien Schadstoffe mit freiem Auge jedoch nicht feststellbar.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die sich gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG als unzulässig erweist.
8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen. Ein derartiger Beschluss ist in jeder Lage des Verfahrens zu fassen (§ 34 Abs. 3 VwGG).
10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
11 Der Revisionswerber wendet sich in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision gegen die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes, wonach bezüglich des verfahrensgegenständlichen Materials vor der Geländeanpassung kein Abfallende eingetreten sei. Insbesondere beanstandet der Revisionswerber die Annahme des Verwaltungsgerichtes, die erfolgte Sichtkontrolle sei für den Eintritt des Abfallendes nicht ausreichend gewesen. Dabei beruft sich der Revisionswerber auf die Entscheidung des EuGH vom 17. November 2022, C 238/21, Porr , und macht geltend, der EuGH habe unter Bezugnahme auf den 22. Erwägungsgrund der Abfallrahmenrichtlinie ausgesprochen, dass für das Erreichen des Endes der Abfalleigenschaft ein Verwertungsverfahren in der bloßen Sichtung des Abfalls bestehen könne, um nachzuweisen, dass die Kriterien für das Ende der Abfalleigenschaft erfüllt sind.
12 Dabei lässt der Revisionswerber jedoch außer Acht, dass sich der fallbezogen zu beurteilende Sachverhalt maßgeblich von jenem unterscheidet, der der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache C 238/21, Porr , zugrunde lag. Gemäß den Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis (denen der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision nicht entgegentritt) wurde im vorliegenden Fall nicht ausschließlich Bodenaushubmaterial zur Geländeanpassung verwendet, sondern auch aus einer Flachdachbekiesung stammendes Material. Dass die ins Treffen geführte Rechtsprechung des EuGH auch bezüglich dieses Materials einschlägig wäre bzw. auch im Hinblick auf dieses Material davon auszugehen sei, dass durch eine bloße Sichtprüfung das Verfahren der Vorbereitung zur Wiederverwendung abgeschlossen und daher bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen das Abfallende eintreten könne, hat der Revisionswerber in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision nicht behauptet. Schon deshalb zeigt der Revisionswerber aber mit seinem dargestellten Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B VG auf.
13 Dies gilt auch für das Vorbringen des Revisionswerbers, wonach dem angefochtenen Erkenntnis im Zusammenhang mit der Beurteilung der Voraussetzungen für den Eintritt des Abfallendes eine „grobe Verkennung der Rechtslage“ anhafte. Der Revisionswerber macht geltend, das Verwaltungsgericht habe Voraussetzungen für die Nebenprodukteigenschaft „zur Bedingung für das Abfallende gemacht und umgekehrt“. Diesbezüglich ist dem Revisionswerber zwar zuzugestehen, dass das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Erkenntnis nicht immer trennscharf zwischen den Kriterien für die Nebenprodukteigenschaft und jenen für den Eintritt des Abfallendes unterscheidet. Im Hinblick auf den Nichteintritt des Abfallendes betreffend die verfahrensgegenständlichen Materialien ist dem angefochtenen Erkenntnis jedoch deutlich zu entnehmen, dass das Verwaltungsgericht dies deshalb verneint hat, weil im vorliegenden Fall nicht ausschließlich Bodenaushubmaterial zum Einsatz gekommen ist und (jedenfalls auch) deshalb die Durchführung einer bloßen Sichtkontrolle nicht als ausreichend befunden wurde, um annehmen zu können, ein Verfahren der Vorbereitung zur Wiederverwendung sei abgeschlossen worden. Weiters ist daher entgegen dem vom Revisionswerber erstatteten Zulässigkeitsvorbringen auch nicht zu sehen, dass das angefochtene Erkenntnis im Hinblick auf die unterschiedliche Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes gegenüber jenem, der der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache Porr zu Grund gelegen ist, mit einem Begründungsmangel behaftet wäre.
14 Soweit der Revisionswerber schließlich in der Zulässigkeitsbegründung seiner Revision geltend macht, das Verwaltungsgericht sei davon ausgegangen, dass bereits der Bescheid der Bundesministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie vom 18. April 2023 auf Grundlage des Gutachtens vom 27. Juni 2023 ergangen sei, weshalb das angefochtene Erkenntnis insoweit an einem Begründungsmangel leide, ist nicht erkennbar, dass dem angefochtenen Erkenntnis der vom Revisionswerber unterstellte Inhalt zukommt. Vielmehr ergibt sich aus der vom Revisionswerber angesprochenen Passage des angefochtenen Erkenntnisses unmissverständlich, dass das Verwaltungsgericht aufgrund des von ihm festgestellten Sachverhaltes und aufgrund des Gutachtens vom 27. Juni 2023 zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der bei ihm angefochtene Bescheid nicht rechtswidrig ist.
15 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher nach Durchführung eines Vorverfahrens, in dessen Rahmen keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.
16 Von der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 3. Oktober 2024