JudikaturVwGH

Ro 2023/05/0006 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
24. August 2023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S. GmbH, vertreten durch Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Dr. Michael Pichlmair und Ing.MMag. Michael A. Gütlbauer, Rechtsanwälte in 4600 Wels, Eisenhowerstraße 27, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 26. April 2023, LVwG 153214/68/JS, betreffend baurechtliche Bewilligung und Vorschreibung einer Auflage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wels; mitbeteiligte Partei: H, vertreten durch die Dr. Roland Gabl Rechtsanwalts KG in 4020 Linz, Museumstraße 31a; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antragnicht stattgegeben.

1 Mit Bescheid des Magistrates der Stadt W. vom 29. Juni 2021 wurde der revisionswerbenden Partei unter Vorschreibung näher genannter Auflagen die baubehördliche Bewilligung zur Errichtung eines „Doppelwohnhauses mit Carports inkl. Hauskanal“ auf näher bezeichneten Grundstücken der KG L. erteilt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) wurde die gegen die erteilte Baubewilligung erhobene Beschwerde des Mitbeteiligten, der auf benachbarten Grundstücken einen landwirtschaftlichen Betrieb führt und gegen das Bauvorhaben Einwendungen nach § 31 Abs. 5 Oö. Bauordnung 1994 erhoben hatte, mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der revisionswerbenden Partei als weitere Auflage die Errichtung einer näher beschriebenen Lärmschutzwand an den Grundgrenzen der beiden Baugrundstücke vorgeschrieben wurde. Begründend führte das LVwG dazu zusammengefasst aus, ausgehend von den im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten des agrartechnischen sowie des schalltechnischen und luftreinhaltetechnischen Amtssachverständigen sei der Amtssachverständige für Humanmedizin zu dem Ergebnis gekommen, dass im Rahmen der errechneten potentiellen Lärm- und Geruchsimmissionen an den Nachbargrenzen mit einer erheblichen Lärm- und Geruchsbelästigung der geplanten Wohnbebauung auf den Baugrundstücken durch die Hühnerställe „West und Nord“ des landwirtschaftlichen Betriebes des Mitbeteiligten zu rechnen sei. Durch die Errichtung einer Lärmschutzwand könne jedenfalls hinsichtlich der Schallimmissionen der Widmungsbasispegel insbesondere zur Nachtzeit an der Grundgrenze der Baugrundstücke eingehalten werden. Mit der gegenständlichen Entscheidung sei der revisionswerbenden Partei daher im Sinne eines umgekehrten Immissionsschutzes des Mitbeteiligten eine ergänzende Auflage nach den technischen Anforderungen des schalltechnischen Amtssachverständigen zu erteilen gewesen.

3 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision wendet sich die revisionswerbende Partei nicht gegen die ihr erteilte Baubewilligung, sondern nur gegen die ihr im Erkenntnis des LVwG zusätzlich vorgeschriebene Auflage betreffend die Errichtung einer Lärmschutzwand; dies verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

4 Zur Begründung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird ausgeführt, die revisionswerbende Partei habe bereits im Jahr 2022 mit der Bauführung begonnen und diese bereits weitgehend abgeschlossen. Spätestens ab Fertigstellung wäre die Baubehörde berechtigt und verpflichtet, die Erfüllung der Auflage zwangsweise durchzusetzen. Das errichtete Objekt dürfte ohne Errichtung der Lärmschutzwand nicht in Benützung genommen werden. Um keinen Schaden zu erleiden oder einen solchen möglichst gering zu halten, wäre die revisionswerbende Partei daher genötigt, die Lärmschutzwand ehestens zu errichten. Für den Fall des Erfolges der Revision wäre der „erhebliche Aufwand“ für die Erfüllung der Auflage frustriert. Öffentliche Interessen stünden einer Aufschiebung nicht entgegen, auch der Mitbeteiligte sei aus näheren Gründen keinen Nachteilen ausgesetzt.

5 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag der revisionswerbenden Partei die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

6 Nach der ständigen hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. etwa VwGH 1.4.2016, Ra 2015/07/0141, oder auch 9.1.2017, Ra 2016/07/0104, jeweils mwN).

7 Voraussetzung für eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG jedenfalls, dass mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es in diesem Zusammenhang erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt (vgl. dazu nochmals für viele die bereits erwähnten Beschlüsse VwGH 1.4.2016, Ra 2015/07/0141, oder auch 9.1.2017, Ra 2016/07/0104, jeweils mwN).

8 Im gegenständlichen Aufschiebungsantrag wird das Vorliegen eines unverhältnismäßigen Nachteils für die revisionswerbende Partei nicht einmal behauptet und es werden - auch angesichts der Tatsache, dass es die revisionswerbende Partei selbst in der Hand hat, von der ihr erteilten Bewilligung Gebrauch zu machen - auch keine ausreichend konkreten Angaben zur Darlegung eines solchen unverhältnismäßigen Nachteils gemäß § 30 Abs. 2 VwGG erstattet. Schon aus diesem Grund kommt daher vorliegend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht. Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am 24. August 2023

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