JudikaturVwGH

Ra 2023/04/0092 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
03. September 2024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Pollak, den Hofrat Dr. Mayr, die Hofrätin Mag. Hainz Sator sowie die Hofräte Dr. Pürgy und Mag. Brandl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Vonier, über die Revision der Datenschutzbehörde gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. Juni 2023, Zl. W258 2262750 1/4E, betreffend eine datenschutzrechtliche Angelegenheit (weitere Partei: Bundesministerin für Justiz; mitbeteiligte Parteien: 1. Amt der Tiroler Landesregierung in Innsbruck, vertreten durch die Baker McKenzie Rechtsanwälte LLP Co KG in 1010 Wien, Schottenring 25, und 2. A R in J), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

I.

1 1. Mit Schreiben vom 8. Dezember 2021 erstattete die Zweitmitbeteiligte bei der Datenschutzbehörde (belangte Behörde, Amtsrevisionswerberin) eine Datenschutzbeschwerde wegen Verletzung des Rechts auf Geheimhaltung gemäß § 1 Abs. 1 Datenschutzgesetz (DSG). Die Datenschutzbeschwerde richtete sich laut dem Betreff dieses Schreibens gegen die Tiroler Landesregierung. In der Begründung führte die Zweitmitbeteiligte aus, sie sei mit „Schreiben des Amts der Tiroler Landesregierung“ (des Erstmitbeteiligten) zu einem Impftermin eingeladen worden. Es ergebe sich der Verdacht, dass dieser Einladung eine unzulässige Verarbeitung besonders geschützter persönlicher Gesundheitsdaten zugrunde liege.

2 2. Mit Bescheid vom 22. August 2022 gab die belangte Behörde dieser „gegen das Amt der Tiroler Landesregierung (Beschwerdegegner)“ gerichteten Datenschutzbeschwerde (soweit für die vorliegende Revisionssache relevant) mit Spruchpunkt 1. statt und stellte fest, der Erstmitbeteiligte habe die Zweitmitbeteiligte dadurch in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt, dass er unrechtmäßig auf die Daten der Zweitmitbeteiligten im zentralen Impfregister und im zentralen Patientenindex zugegriffen und diese Daten zum Zweck des Versands des gegenständlichen (Impferinnerungs)Schreibens verarbeitet habe.

3 Die belangte Behörde stellte fest, sie habe (aufgrund einer Vielzahl inhaltlich gleichlautender Datenschutzbeschwerden) den Erstmitbeteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Dieser habe vorgebracht, er sei der alleinige datenschutzrechtliche Verantwortliche für das gegenständliche Schreiben. Die belangte Behörde habe der Zweitmitbeteiligten diese Stellungnahme zur Kenntnis gebracht und mitgeteilt, dass das Verfahren aufgrund dieser Ausführungen gegen den Erstmitbeteiligten geführt werde. Die belangte Behörde habe der Zweitmitbeteiligten dazu Parteiengehör eingeräumt und ihr Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Zweitmitbeteiligte habe keine Stellungnahme erstattet. Da der Erstmitbeteiligte so die belangte Behörde in der Sache - die Daten der Zweitmitbeteiligten ohne Vorliegen einer tragenden gesetzlichen Grundlage verarbeitet habe, sei die Datenverarbeitung rechtswidrig gewesen.

4 Dagegen erhob der Erstmitbeteiligte Beschwerde, in der er (ua.) vorbrachte, seine datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit habe keine Auswirkungen darauf, dass das Verwaltungshandeln des Erstmitbeteiligten als bloßer Geschäftsapparat, nämlich der Zugriff auf das Impfregister, dem Landeshauptmann (als Vorstand des Amtes der Landesregierung) zuzurechnen sei, der wiederum über eine spezifische Zugriffsberechtigung verfüge.

5 3. Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 7. Juni 2023 gab das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) dieser Beschwerde Folge und behob Spruchpunkt 1. dieses Bescheides ersatzlos. Die Revision wurde gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für unzulässig erklärt.

6 Das BVwG stellte nach Darstellung der Vorgeschichte und unter Hinweis darauf, dass von einer Vielzahl von Empfängern Datenschutzbeschwerden betreffend sogenannte „Impferinnerungsschreiben“ erhoben worden seien fest, die Zweitmitbeteiligte habe in ihrer Datenschutzbeschwerde den Beschwerdegegner mit „Tiroler Landesregierung“ bezeichnet. Anschließend stellte das BVwG das an die Zweitmitbeteiligte gerichtete Impferinnerungsschreiben dar, das im Kopf das (Tiroler) Wappen samt dem Schriftzug „Land Tirol“ sowie die Bezeichnung „Amt der Tiroler Landesregierung“ enthalten habe.

7 In seiner rechtlichen Beurteilung verwies das BVwG zunächst auf § 24 Abs. 2 Z 2 DSG (demzufolge die Datenschutzbeschwerde, soweit dies zumutbar ist, die Bezeichnung des Rechtsträgers oder Organs, dem die Rechtsverletzung zugerechnet wird, zu enthalten hat) sowie auf die Regelung des § 13 Abs. 3 AVG. Sei für die belangte Behörde zweifelhaft, wen der Beschwerdeführer als Beschwerdegegner benannt habe, so habe sie ihn gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung anzuleiten. Wenn sie dies unterlasse und den Beschwerdegegner selbst bestimme, sei der Bescheid (so das BVwG unter Hinweis auf VwGH 26.7.2012, 2011/07/0143) ersatzlos zu beheben.

8 Im vorliegenden Fall sei unklar, ob die Zweitmitbeteiligte tatsächlich die Tiroler Landesregierung als Beschwerdegegnerin habe bezeichnen wollen, zumal sich auf dem gegenständlichen Impferinnerungsschreiben kein Hinweis auf die Landesregierung finde. Da die belangte Behörde es unterlassen habe, die Zweitmitbeteiligte gemäß § 13 Abs. 3 AVG zur Verbesserung aufzufordern, sei unklar, ob der Erstmitbeteiligte vom Rechtsschutzantrag der Zweitmitbeteiligten umfasst gewesen sei. Eine Umdeutung scheide aus, weil von der Landesregierung nicht auf das Amt der Landesregierung geschlossen werden könne. Dass die Zweitmitbeteiligte zur Mitteilung der belangten Behörde, das Verfahren gegen den Erstmitbeteiligten zu führen, keine Erklärung abgegeben habe, sei ohne Bedeutung, weil die belangte Behörde den Parteiantrag nicht einseitig abändern könne.

9 Die belangte Behörde werde daher in der Folge nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen und die Zweitmitbeteiligte aufzufordern haben, den Beschwerdegegner klarzustellen oder zu begründen, warum ihr die eindeutige Bezeichnung des Beschwerdegegners unzumutbar sei.

10 4. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Amtsrevision der belangten Behörde.

11 Eine Revisionsbeantwortung wurde in dem vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren nicht erstattet.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

12 1. Die Amtsrevisionswerberin bringt zur Zulässigkeit ihrer Revision vor, die Bezeichnung des Beschwerdegegners sei in einer Datenschutzbeschwerde nur gefordert, wenn dies zumutbar sei. Wann dies der Fall sei, sei unbestimmt. Da die Erfüllung der Formalvoraussetzungen des § 24 Abs. 2 DSG Voraussetzung für eine meritorische Entscheidung des BVwG sei, habe diese Frage erhebliche Auswirkungen. Zudem wäre so die belangte Behörde weiter entgegen der Auffassung des BVwG vorliegend nicht § 13 Abs. 3 AVG anzuwenden, sondern die zum früheren § 67c Abs. 2 Z 2 AVG bzw. zu § 9 Abs. 4 VwGVG ergangene (näher bezeichnete) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes heranzuziehen gewesen, der zufolge bei einer unrichtigen Parteiangabe nicht mit Zurückweisung vorzugehen, sondern die Behörde ausfindig zu machen sei, der ein Verhalten zuzurechnen sei.

13 Die Revision erweist sich vor diesem Hintergrund als zulässig und aus nachstehenden Erwägungen auch als berechtigt.

14 2. Art. 4 Z 7 DSGVO lautet:

Artikel 4

Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:

[...]

7. ,Verantwortlicher‘ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet; sind die Zwecke und Mittel dieser Verarbeitung durch das Unionsrecht oder das Recht der Mitgliedstaaten vorgegeben, so kann der Verantwortliche beziehungsweise können die bestimmten Kriterien seiner Benennung nach dem Unionsrecht oder dem Recht der Mitgliedstaaten vorgesehen werden;

[...]“

15 § 24 Abs. 2 Z 2 DSG lautet:

Beschwerde an die Datenschutzbehörde

§ 24. [...]

(2) Die Beschwerde hat zu enthalten:

[...]

2. soweit dies zumutbar ist, die Bezeichnung des Rechtsträgers oder Organs, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet wird (Beschwerdegegner),

[...]“

16 § 13 Abs. 3 AVG lautet:

Anbringen

§ 13. [...]

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.

[...]“

17 3. Vorauszuschicken ist zunächst Folgendes: Der Verwaltungsgerichtshof hat aus Anlass des zu Ra 2023/04/0024 protokollierten ebenfalls eine behauptete Verletzung im Recht auf Datenschutz im Zusammenhang mit einem Impferinnerungsschreiben betreffenden Revisionsverfahrens mit Beschluss vom 23. August 2023, EU 2023/0007, ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gerichtet (dort protokolliert zu C 638/23), das die Frage der Stellung des Amtes der Tiroler Landesregierung als Verantwortlicher im Sinn des Art. 4 Z 7 DSGVO zum Inhalt hat und über das noch keine Entscheidung des EuGH ergangen ist.

18 Der hier gegenständlichen Revisionssache liegt zwar ebenfalls eine Datenverarbeitung im Zusammenhang mit einem Impferinnerungsschreiben zugrunde, die von der belangten Behörde dem Amt der Tiroler Landesregierung als (datenschutzrechtlichem) Verantwortlichen zugerechnet worden ist. Anders als in dem dem Vorabentscheidungsersuchen zugrundeliegenden Verfahren, in dem das BVwG inhaltlich über die Beschwerde des Amtes der Tiroler Landesregierung entschieden hat, hat das BVwG im hier gegenständlichen Fall den Bescheid der belangten Behörde ersatzlos behoben, weil die belangte Behörde es verabsäumt habe, der Zweitmitbeteiligten einen Mängelbehebungsauftrag zu erteilen. Ausgehend davon ist die (Vor)Frage, ob das Amt der Tiroler Landesregierung im vorliegenden Fall Verantwortlicher im Sinn des Art. 4 Z 7 DSGVO war (bzw. in unionsrechtskonformer Weise überhaupt sein konnte), nicht Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens. Sache des Verfahrens ist vielmehr die Frage der Rechtmäßigkeit der ersatzlosen Behebung des bekämpften Bescheides der belangten Behörde durch das BVwG wegen unterlassener Erteilung eines Mängelbehebungsauftrags.

19 Somit besteht aber auch keine Notwendigkeit, für die Entscheidung über die vorliegende Revision den Ausgang des genannten Vorabentscheidungsverfahrens abzuwarten.

20 4. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 2 DSG hat eine Datenschutzbeschwerde die Bezeichnung des Beschwerdegegners, somit des Rechtsträgers oder Organs, dem die behauptete Rechtsverletzung zugerechnet wird, (nur) zu enthalten, soweit dies zumutbar ist.

21 4.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich bereits in mehreren Entscheidungen mit der Frage der Bezeichnung des Beschwerdegegners im Sinn des (nunmehr) § 24 Abs. 2 Z 2 DSG befasst:

22 Dabei hat der Verwaltungsgerichtshof zum einen festgehalten, dass eine Datenschutzbeschwerde, die sich (unzweifelhaft) gegen eine bestimmte Person (oder Stelle) richtet, die nicht Verantwortlicher für die betreffende Datenverarbeitung ist, abzuweisen ist (vgl. das zu einem in Vorarlberg versendeten Impferinnerungsschreiben ergangene Erkenntnis VwGH 27.6.2023, Ro 2023/04/0013, Rn. 35, mwN). Dies hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in einer Konstellation angenommen, in der eine Datenschutzbeschwerde wegen einer geltend gemachten Verletzung im Recht auf Auskunft gegen den Rechtsträger als Beschwerdegegner gerichtet war, an den sich auch das zuvor ergangene Auskunftsbegehren der von der Datenverarbeitung betroffenen Person gerichtet hatte (vgl. diesbezüglich VwGH 26.9.2022, Ro 2020/04/0034). Gleiches gilt für die Konstellation, in der eine Datenschutzbeschwerde gegen zwei Behörden gerichtet war, die Entscheidung über die Datenverarbeitung aber nur bei einer (nämlich der dafür zuständigen) Behörde lag (vgl. VwGH 18.3.2022, Ro 2020/04/0027, Rn. 42).

23 In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass ein Austausch der Person des Verantwortlichen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren (und somit eine Führung des Beschwerdeverfahrens gegen eine andere Person als diejenige, gegen die das verwaltungsbehördliche Verfahren geführt worden ist) im Hinblick auf die „Sache“ des Beschwerdeverfahrens jedenfalls bei einer geltend gemachten Verletzung im Recht auf Geheimhaltung (somit der behaupteten Rechtswidrigkeit eines in der Vergangenheit liegenden abgeschlossenen Vorgangs) nicht in Betracht kommt (vgl. wiederum VwGH 27.6.2023, Ro 2023/04/0013, Rn. 37).

24 Zum anderen hat der Verwaltungsgerichtshof aber dem Grunde nach anerkannt, dass die Berichtigung einer Bezeichnung des Beschwerdegegners im Rahmen einer vertretbaren Auslegung der Parteierklärung durch die Datenschutzbehörde zulässig sein kann (vgl. erneut VwGH 27.6.2023, Ro 2023/04/0013, Rn. 34, mwN). Nicht beanstandet wurde etwa ein Vorgehen der Datenschutzbehörde dahingehend, eine Datenschutzbeschwerde, in der ein namentlich genannter Polizeibeamter als Beschwerdegegner angeführt war, als gegen die Landespolizeidirektion gerichtet anzusehen (vgl. VwGH 18.3.2022, Ro 2020/04/0027, Rn. 41; vgl. zu einer als vertretbar erachteten Auslegung einer Parteierklärung im Zusammenhang mit der Zurechnung einer gegen eine natürliche Person gerichteten Datenschutzbeschwerde zu einem Verein, deren Obfrau die natürliche Person war, VwGH 28.4.2021, Ra 2019/04/0138, Rn. 15 f).

25 Wenn es nach dem DSG (konkret seinem § 24 Abs. 2 Z 2) Fälle geben kann, in denen es für die von der Datenverarbeitung betroffene Person unzumutbar sein kann, den Verantwortlichen selbst zu eruieren und dementsprechend in der Datenschutzbeschwerde zu benennen, dann sind wohl auch Konstellationen anzuerkennen, in denen die betroffene Person den Verantwortlichen ungenau bzw. allenfalls auch unrichtig bezeichnet, ohne dass dies zwingend zu einer Abweisung der Datenschutzbeschwerde (gemäß der in Rn. 22 dargestellten Rechtsprechung) führen muss (vgl. wiederum VwGH 27.6.2023, Ro 2023/04/0013, Rn. 34, mwN).

26 Schließlich hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der in die Datenschutzbeschwerde aufzunehmenden Bezeichnung des als verletzt erachteten Rechts im Sinn des § 24 Abs. 2 Z 1 DSG unter Verweis auf die als Vorbildregelung erachtete Bestimmung des früheren § 67c Abs. 2 AVG festgehalten, dass dem AVG insofern „jeglicher Formalismus fremd“ ist (vgl. VwGH 22.11.2022, Ra 2019/04/0003, Rn. 24, mwN). Nichts Anderes kann aber für die Vorgaben des § 24 Abs. 2 DSG gelten.

27 4.2. § 24 Abs. 2 Z 2 DSG entspricht der früheren Regelung des § 31 Abs. 3 Z 2 Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000). In den (insoweit relevanten) Erläuterungen zur DSG Novelle 2010, BGBl. I Nr. 133/2009, heißt es, dass durch die neuen Abs. 3 und 4 (des § 31 DSG 2000) eine gewisse Formalisierung des Beschwerdeverfahrens nach dem Vorbild des § 67c Abs. 2 AVG erfolgt (RV 472 BlgNR 24. GP 13). § 67c Abs. 2 Z 2 AVG (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 33/2013) enthielt hinsichtlich des Abstellens auf die Zumutbarkeit eine mit § 24 Abs. 2 Z 2 DSG dem Grunde nach vergleichbare Regelung betreffend die Angabe darüber, welches Organ den mittels einer Maßnahmenbeschwerde angefochtenen Verwaltungsakt gesetzt hat und welcher Behörde er zuzurechnen ist. Die Regelung des früheren § 67c Abs. 2 Z 2 AVG findet sich nunmehr in § 9 Abs. 4 VwGVG, dem zufolge bei Beschwerden gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B VG an die Stelle der Bezeichnung der belangten Behörde (im Sinn des § 9 Abs. 1 Z 2 VwGVG), „soweit dies zumutbar ist“, eine Angabe darüber tritt, welches Organ die Maßnahme gesetzt hat.

28 Ausgehend von der inhaltlichen Vergleichbarkeit der betreffenden Regelungen und angesichts des dargestellten Verweises in den Erläuterungen zu § 31 Abs. 3 DSG 2000 auf § 67c Abs. 2 AVG (alt) kann die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 9 Abs. 4 VwGVG bzw. zum früheren § 67c Abs. 2 AVG auch für die Auslegung des § 24 Abs. 2 Z 2 DSG herangezogen werden.

29 Der Verwaltungsgerichtshof hat diesbezüglich ausgesprochen, dass im Fall der Unzumutbarkeit einer solchen Angabe (im Sinn des § 9 Abs. 4 VwGVG) das vom Beschwerdeführer angerufene Verwaltungsgericht auch im Fall einer dadurch ausgelösten Fehlerhaftigkeit der in der Maßnahmenbeschwerde enthaltenen Angaben über die einschreitenden Organe und über die Behörde, der deren Verhalten zuzurechnen sei verpflichtet ist, die mit der Maßnahmenbeschwerde bei ihm belangte Behörde „ausfindig zu machen“ (vgl. etwa VwGH 18.10.2016, Ro 2015/03/0029, Rn. 32, mwN; VwGH 3.3.2004, 2001/01/0445).

30 Weiters hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Bezeichnung der belangten Behörde (dort: der den Bescheid erlassenden Behörde gemäß § 9 Abs. 2 Z 1 VwGVG) zum Ausdruck gebracht, dass bei der Auslegung einer Parteierklärung auch der mit der Beschwerde übermittelte Bescheid (bzw. die darin enthaltene Bezeichnung der den Bescheid erlassenden Behörde) zu berücksichtigen ist (vgl. VwGH 13.11.2014, Ra 2014/12/0010, mwN; vgl. weiters Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd [2017] § 9 VwGVG Rz. 19).

31 5. Ausgehend von dieser Rechtsprechung ergibt sich für den vorliegenden Fall Folgendes:

32 5.1. Vorauszuschicken ist zunächst, dass die belangte Behörde (die das Amt der Tiroler Landesregierung als Verantwortlichen im Sinn des Art. 4 Z 7 DSGVO angesehen hat) zu Recht keine Abweisung der die Tiroler Landesregierung als Beschwerdegegner bezeichnenden Datenschutzbeschwerde vorgenommen hat.

33 Sowohl aufgrund des Wortlautes der Datenschutzbeschwerde (die zwar im Betreff die Tiroler Landesregierung als Beschwerdegegner anführt, in der Begründung aber auf das Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung verweist) als auch im Hinblick auf den Inhalt des als Beilage übermittelten „Impferinnerungsschreibens“, das einen Hinweis auf das Land Tirol sowie auf das Amt der Tiroler Landesregierung (nicht jedoch auf die Tiroler Landesregierung selbst) enthält, war im vorliegenden Fall nicht davon auszugehen, dass sich die Datenschutzbeschwerde der Zweitmitbeteiligten unzweifelhaft (nur) gegen die Tiroler Landesregierung gerichtet hat. Der Umstand, dass sich die Zweitmitbeteiligte nach der durch die belangte Behörde erfolgten Mitteilung über die Verfahrensführung gegen das Amt der Tiroler Landesregierung und ungeachtet der diesbezüglich eingeräumten Stellungnahmemöglichkeit dazu nicht geäußert hat, lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass sie ihre Datenschutzbeschwerde eindeutig gegen die Tiroler Landesregierung (und nicht das Amt der Tiroler Landesregierung) gerichtet wissen wollte.

34 Der hier zugrundeliegende Sachverhalt ist daher mit den in Rn. 22 dargestellten Konstellationen, in denen eine Abweisung der unzweifelhaft gegen den „unzutreffenden“ Beschwerdegegner gerichteten Datenschutzbeschwerde als zulässig angesehen wurde, nicht vergleichbar.

35 5.2. Der hier zugrundeliegenden Datenschutzbeschwerde lässt sich zwar nicht entnehmen, dass es die Zweitmitbeteiligte als für sie (von vornherein) unzumutbar angesehen hat, den Beschwerdegegner (Verantwortlichen) zu benennen, zumal sie in ihrer Datenschutzbeschwerde die Tiroler Landesregierung als Beschwerdegegner benannt hat. Allerdings hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung bereits zum Ausdruck gebracht, dass die ungenaue oder auch unrichtige Bezeichnung des Verantwortlichen der Unzumutbarkeit seiner Namhaftmachung gleichzuhalten sein kann (vgl. erneut VwGH 27.6.2023, Ro 2023/04/0013, Rn. 34, mwN).

36 Die belangte Behörde hat in ihrem Bescheid zwar nicht (wie dies angezeigt gewesen wäre) ausdrücklich festgehalten, dass sie eine Namhaftmachung des Beschwerdegegners durch die Zweitmitbeteiligte im vorliegenden Fall als unzumutbar erachtet und demnach selbst den (ihrer Ansicht nach für die gegenständliche Datenverarbeitung maßgeblichen) Verantwortlichen ermittelt hat. Allerdings ist das dargestellte Vorgehen der belangten Behörde (Aufforderung an den Erstmitbeteiligten zur Abgabe einer Stellungnahme, Einräumung von Parteiengehör gegenüber der Zweitmitbeteiligten zu dem insofern erzielten Ermittlungsergebnis) unschwer in diese Richtung zu deuten (und dies wird seitens der belangten Behörde in ihrer Amtsrevision dem Grunde nach bestätigt). Dabei ist auch zu beachten, dass es die oben skizzierte Ausgestaltung des der Datenschutzbeschwerde zugrundeliegenden „Impferinnerungsschreibens“ der betroffenen Person nicht erleichterte, den Rechtsträger bzw. das Organ, dem die behauptete Rechtsverletzung zuzurechnen ist, namhaft zu machen. Ausgehend davon ist es aber zumindest in verfahrensrechtlicher Hinsicht (und nur dies ist Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens; siehe diesbezüglich auch den Hinweis in Rn. 39) nicht zu beanstanden, dass die belangte Behörde die zugrundeliegende Datenschutzbeschwerde in einer hinsichtlich der Bezeichnung des Beschwerdegegners aufgrund ihrer Ermittlungsergebnisse berichtigenden Auslegung als gegen das Amt der Tiroler Landesregierung gerichtet ansah.

37 Vor diesem Hintergrund bestand aber entgegen der Auffassung des BVwG keine Notwendigkeit für die belangte Behörde, ein Verfahren nach § 13 Abs. 3 AVG durchzuführen. Ein solcher Mängelbehebungsauftrag wäre vielmehr (nur) dann erforderlich gewesen, wenn die belangte Behörde von einer Zumutbarkeit der Benennung des Beschwerdegegners für die Zweitmitbeteiligte ausgegangen wäre und sich die diesbezüglichen Angaben in der Datenschutzbeschwerde als unvollständig (oder unklar) erwiesen hätten (vgl. in diese Richtung auch Forster/Pichler in Köhler/Brandtner/Schmelz [Hrsg.], VwGVG Kommentar [2021] § 9 VwGVG Rz. 56). Von Ersterem ist im vorliegenden Fall aber (wie dargelegt) nicht auszugehen. Somit erweist sich aber auch das vom BVwG begründend herangezogene Erkenntnis VwGH 26.7.2012, 2011/07/0143, als für den vorliegenden Fall nicht einschlägig.

38 Ausgehend davon muss im Revisionsfall auch nicht darauf eingegangen werden, ob die Namhaftmachung der Tiroler Landesregierung in der Datenschutzbeschwerde der Zweitmitbeteiligten (im Hinblick auf das beigefügte Schreiben des Amtes der Tiroler Landesregierung) nicht überhaupt als ein bloßes Vergreifen im Ausdruck angesehen und bereits aus diesem Grund das Verfahren gegen den Erstmitbeteiligten geführt werden konnte (vgl. zu einer Konstellation betreffend ein Vergreifen im Ausdruck dort allerdings im Zusammenhang mit einer den Bescheid erlassenden Behörde etwa wiederum VwGH 13.11.2014, Ra 2014/12/0010, mwN; vgl. weiters Leeb in Hengstschläger/Leeb, AVG ErgBd [2017] § 9 VwGVG Rz. 19).

39 5.3. Der Vollständigkeit halber ist noch auf Folgendes hinzuweisen: Aus dem Umstand, dass die belangte Behörde in verfahrensrechtlich zulässiger Weise den Erstmitbeteiligten als die in der Datenschutzbeschwerde als Beschwerdegegner angesprochene Person bzw. Stelle ansehen durfte, ist nicht der Schluss zu ziehen, dass der Erstmitbeteiligte auch tatsächlich der Verantwortliche für die zugrundeliegende Datenverarbeitung im Sinn des Art. 4 Z 7 DSGVO war. Diese Frage kann im Hinblick auf den oben (Rn. 18) dargestellten Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens hier allerdings noch nicht beantwortet werden (vgl. aber inhaltlich die Ausführungen im bereits erwähnten Beschluss zur Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens VwGH 23.8.2023, EU 2023/0007).

40 6. Aus den oben dargelegten Gründen hat das BVwG seine Entscheidung mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am 3. September 2024

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