Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Mag. Dr. Maurer Kober und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richterinnen und Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Andrés, über die Revision der Landespolizeidirektion Wien, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 2. Oktober 2023, VGW 031/011/8745/2023 3, betreffend Übertretung der StVO (mitbeteiligte Partei: A), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
1 Mit Straferkenntnis der revisionswerbenden Landespolizeidirektion Wien vom 30. März 2023 wurde dem Mitbeteiligten unter näherer Angabe von Tatort, Tatzeit und betroffenem Fahrzeug zur Last gelegt:
„Sie haben das Fahrzeug gelenkt, obwohl Sie sich nicht in einer solchen körperlichen und geistigen Verfassung befunden haben, in der Sie vermochten, Ihr Fahrzeug zu beherrschen und die beim Lenken eines Fahrzeuges zu beachtenden Rechtsvorschriften zu befolgen, da Sie laut pol. Amtsarzt sich in einem Übermüdungszustand befunden haben, dadurch beeinträchtigt und nicht fahrfähig.“
Der Mitbeteiligte habe dadurch § 58 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von € 150,(Ersatzfreiheitstrafe 2 Tage und 21 Stunden) verhängt wurde. Zudem wurde gemäß § 64 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt.
2Der dagegen vom Mitbeteiligten erhobenen Beschwerde gab das Verwaltungsgericht Wien (Verwaltungsgericht) ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung statt, es hob das angefochtene Straferkenntnis auf und stellte das gegen den Mitbeteiligten geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG ein. Weiters erklärte es eine Revision gegen diese Entscheidung für unzulässig.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, der Polizeiamtsarzt habe in seinem Gutachten lediglich eine Übermüdung, nicht aber eine Beeinträchtigung und mangelnde Fahrtüchtigkeit festgestellt, weshalb die eine Fahruntüchtigkeit enthaltende Tatanlastung im bekämpften Straferkenntnis aktenwidrig erfolgt sei und keine taugliche Verfolgungshandlung darstelle.
4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Amtsrevision, zu der nach Einleitung des Vorverfahrens keine Revisionsbeantwortung erstattet wurde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
5 Die Revision erweist sich mit ihrem Vorbringen, aus dem polizeiärztlichen Gutachten ergebe sich klar, dass der Polizeiamtsarzt die Beeinträchtigung durch Übermüdung und die Fahruntüchtigkeit des Mitbeteiligten festgestellt habe, und somit entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichtes keine Aktenwidrigkeit des bekämpften Straferkenntnisses, sondern vielmehr des angefochtenen Erkenntnisses vorliege, als zulässig und begründet.
6Aktenwidrigkeit liegt vor, wenn die Entscheidung in ihrer Begründung von Sachverhalten ausgeht, die sich aus dem Akt überhaupt nicht oder nicht in der angenommenen Weise ergeben, wenn also die Feststellung jener tatsächlichen Umständen unrichtig ist, die für den Spruch der Entscheidung ausschlaggebend sind (vgl. VwGH 13.3.2025, Ra 2025/02/0001, mwN).
7 Die Annahme des Verwaltungsgerichtes, dem Gutachten des Polizeiamtsarztes fehle eine Aussage über die Beeinträchtigung und mangelnde Fahrtüchtigkeit des Mitbeteiligten widerspricht dem Akteninhalt (Blatt 8 des Verwaltungsstrafaktes), wo im Gutachten des Polizeiamtsarztes der Text angekreuzt ist: „Der Fahrer war ... beeinträchtigt durch ... Übermüdung und nicht fahrfähig ...“.
8 Damit erweist sich die Sachverhaltsfeststellung im angefochtenen Erkenntnis über den Inhalt des Gutachtens des Amtsarztes und nicht das vor dem Verwaltungsgericht bekämpfte Straferkenntnis der revisionswerbenden Partei als aktenwidrig.
9 Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Verwaltungsgericht bei korrekter Berücksichtigung des polizeilichen Gutachtens zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, ist der aufgezeigte Verfahrensmangel für den Verfahrensausgang wesentlich, weshalb das angefochtene Erkenntnis insofern an Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet.
10Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. a VwGG aufzuheben.
Wien, am 7. November 2025
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