Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Dr. Köller und den Hofrat Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Koprivnikar als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schörner, über die Revision des A in L, vertreten durch die Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 12. September 2022, LVwG 1 439/2022 R19, betreffend Übertretung der StVO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Dornbirn), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 25. Mai 2022 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe sich am 26. April 2022 um 10:19 Uhr an einem näher genannten Ort nach Aufforderung eines besonders geschulten Organs der Bundespolizei geweigert, sich zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem bei einer Landespolizeidirektion tätigen Arzt vorführen zu lassen, wobei habe vermutet werden können, dass er zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Der Revisionswerber habe dadurch § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 5 erster Satz und Abs. 9 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 1 StVO eine Geldstrafe in Höhe von € 2.500, (Ersatzfreiheitsstrafe 19 Tage und 20 Stunden) verhängt sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens festgesetzt wurde.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg (Verwaltungsgericht) der dagegen vom Revisionswerber erhobenen Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung keine Folge und bestätigte das Straferkenntnis mit der Maßgabe der Ergänzung der verletzten Verwaltungsvorschriften sowie der Strafsanktionsnorm um ihre Fundstellen. Weiters setzte das Verwaltungsgericht einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens fest und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.
3 Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass der Revisionswerber zu einer näher genannten Uhrzeit am Tatort einer Verkehrskontrolle unterzogen und aufgrund seines Verhaltens zu einem freiwilligen Speicheltest aufgefordert worden sei, der ein positives Ergebnis auf THC ergeben habe. Der Revisionswerber habe gegenüber den Polizeibeamten angegeben, am Vortag einen „Joint“ geraucht zu haben. Er sei von den Polizeibeamten aufgefordert worden, sich zu einer Untersuchung bei einem hierzu ermächtigten Arzt vorführen zu lassen. Auf die rechtlichen Folgen einer Verweigerung der Untersuchung sei der Revisionswerber von den Polizeibeamten dreimal hingewiesen worden. Der Revisionswerber habe schließlich die Vorführung zu einem solchen Arzt verweigert, worauf ihm der Führerschein abgenommen worden sei.
4 Weiters legte das Verwaltungsgericht seine beweiswürdigenden Erwägungen offen, wobei es sich insbesondere auf die als glaubhaft erachtete Aussage der in der mündlichen Verhandlung als Zeugin einvernommenen Polizeibeamtin, die bei der Amtshandlung anwesend gewesen sei, stützte, und in der Folge die vom Revisionswerber beantragte Einvernahme eines ebenfalls bei der Amtshandlung anwesenden Polizeibeamten und des „Poolarztes“ für nicht notwendig befand. Rechtlich führte es zusammengefasst aus, dass der Revisionswerber die ihm vorgeworfene Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht verwirklicht habe und verwies im Hinblick auf dessen Vorbringen, wonach er von den Polizeibeamten nicht über alle Konsequenzen seines Handelns informiert worden sei, unter Anführung von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes u.a. darauf, dass für Straßenaufsichtsorgane grundsätzlich keine Verpflichtung bestehe, im Zuge der von ihnen durchgeführten Amtshandlungen rechtliche Aufklärung zu geben, und die Richtlinie 2012/13/EU auf polizeiliche Amtshandlungen wie jene im vorliegenden Fall nicht zur Anwendung käme. Zuletzt erläuterte das Verwaltungsgericht seine Strafbemessung.
5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, welcher mit Beschluss vom 29. November 2022, E 2903 2904/2022 5, die Behandlung der Beschwerde ablehnte und diese über nachträglichen Antrag mit Beschluss vom 15. Dezember 2022, E 2903 2904/2022-7, gemäß Art. 144 Abs. 3 B VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
6 In der Folge wurde die vorliegende außerordentliche Revision erhoben, die sich als unzulässig erweist:
7 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
10 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in der für die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision allein maßgebenden Zulässigkeitsbegründung (vgl. VwGH 16.8.2022, Ra 2022/02/0147) konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu beantworten hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat. Lediglich pauschale Behauptungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht (vgl. VwGH 4.5.2022, Ra 2022/02/0062, mwN).
11 Wenn die Revision in ihrem „Zulassungsantrag“ zunächst unter Anführung von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes die unterbliebene Einvernahme zweier näher genannter Zeugen rügt, vermag sie mit diesem Vorbringen schon deshalb keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufzuzeigen, weil sie es verabsäumt, unter Angabe zumindest einer nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes darzutun, von welcher hg. Rechtsprechung ihrer Ansicht nach das Verwaltungsgericht in welchen Punkten abgewichen sein soll (vgl. VwGH 13.12.2021, Ra 2021/02/0240, mwN). Mit dem Verweis auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wird hingegen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG dargelegt (vgl. VwGH 25.8.2022, Ra 2022/16/0069 0070, mwN).
12 Darüber hinaus werden mit diesem Vorbringen Verfahrensmängel geltend gemacht. Die Zulässigkeit der Revision setzt im Zusammenhang mit einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann bei einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass im Falle der Durchführung eines mängelfreien Verfahrens abstrakt die Möglichkeit bestehen muss, zu einer anderen für die revisionswerbende Partei günstigeren Sachverhaltsgrundlage zu gelangen. Im Fall einer unterbliebenen Vernehmung hat der Revisionswerber konkret darzulegen, was die betreffende Person im Fall ihrer Vernehmung ausgesagt hätte bzw. welche anderen Feststellungen auf Grund dessen zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH 13.7.2020, Ra 2020/02/0126, mwN).
13 Ein konkretes Vorbringen dazu, welche entscheidungswesentlichen Angaben die Zeugen im Fall ihrer Vernehmung hätten machen können und inwieweit sich daraus eine für den Revisionswerber günstigere Sachverhaltsgrundlage hätte ergeben können, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision jedoch nicht erstattet.
14 Die Revision macht zur Begründung ihrer Zulässigkeit weiters geltend, es sei unvertretbar, dass die „Tampere Richtlinien“ (hier die Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung in Strafverfahren) auf Verwaltungsstrafverfahren betreffend schwere Vorwürfe wie das Lenken eines KFZ unter Drogeneinfluss oder die Verweigerung eines Drogentests nicht zur Anwendung kämen.
15 Dem ist entgegenzuhalten, dass der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit der Verweigerung der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt im Sinne des § 5 Abs. 2 StVO, für deren Bestrafung ebenfalls der Strafrahmen des § 99 Abs. 1 lit. b StVO heranzuziehen ist, bereits ausgesprochen hat, dass die Richtlinie 2012/13/EU zwar im Fall einer im Rahmen einer Verkehrskontrolle festgestellten Verkehrsübertretung auf polizeiliche Amtshandlungen, die noch vor Einleitung eines behördlichen Strafverfahrens gesetzt werden, keine Anwendung findet, jedoch nach Einlegung eines Rechtsmittels auf ein Verfahren „vor einem in Strafsachen zuständigen Gericht“ anwendbar ist (vgl. VwGH 22.6.2018, Ra 2018/02/0191, mwN). Mit dem Vorbringen zur Richtlinie 2012/13/EU wird daher ebensowenig eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.
16 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
17 Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 9. März 2023