Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Stüger, über die Revision des Ing. S F in H, vertreten durch die Metzler Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Landstraße 49, gegen die Entscheidung des Bundesfinanzgerichts vom 11. März 2022, Zl. RV/5100885/2021, betreffend Haftung gemäß § 11 BAO, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Bundesfinanzgericht nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung u.a. die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Haftungsbescheid vom 27. März 2018, soweit er damit zur Haftung gemäß § 11 BAO für näher bezeichnete Umsatzsteuerbeträge der G GmbH (Primärschuldnerin) herangezogen wurde, als unbegründet ab und schränkte im Ergebnis den Zeitraum, für den der Revisionswerber zur Haftung gemäß § 11 BAO für näher bezeichnete Kraftfahrzeugsteuerbeträge der G GmbH herangezogen wurde, ein. Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig.
2 In der Begründung führte das Bundesfinanzgericht soweit hier wesentlich aus, der Revisionswerber sei mit Haftungsbescheid vom 27. März 2018 vom Finanzamt zur Haftung gemäß § 11 BAO für näher bezeichnete Abgabenschulden der G GmbH herangezogen worden. In der Bescheidbegründung habe das Finanzamt darauf verwiesen, dass der Revisionswerber am 28. Februar 2018 von der Finanzstrafbehörde wegen der Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 2 lit. a und 49 Abs. 1 lit. a FinStrG schuldig gesprochen worden sei und sich die Haftung auf die im Spruch des Strafurteils festgestellten Verkürzungsbeträge erstrecke, soweit diese Abgabenschulden auf dem Abgabenkonto der Primärschuldnerin, über die mit Beschluss des Landesgerichts L vom 1. September 2017 das Konkursverfahren eröffnet worden sei, noch unberichtigt aushaften würden. Das Finanzamt habe im Haftungsbescheid weiters darauf hingewiesen, dass zu den haftungsgegenständlichen Abgaben in der Anlage die an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheide sowie der Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung übermittelt würden und dem Haftungspflichtigen damit Kenntnis über den Abgabenanspruch verschafft werde. Nach den dem Bundesfinanzgericht vorliegenden Akten seien dem Haftungsbescheid konkret die dem Insolvenzverwalter zugestellten Bescheide vom 13. Oktober 2017 betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer 10 12/2016 und 1 4/2017 sowie der ebenfalls an den Insolvenzverwalter adressierte Bericht über das Ergebnis der Außenprüfung vom 10. Oktober 2017 beigelegt gewesen.
In der gegen den Haftungsbescheid vom 27. März 2018 erhobenen Beschwerde habe der Revisionswerber vorgebracht, dass er gegen das Straferkenntnis vom 28. Februar 2018 kein Rechtsmittel erhoben habe, weil er davon ausgegangen sei, dass damit seine persönliche Haftung abgeschlossen sei und er auch keine anderslautenden Hinweise erhalten habe. Weiters habe der Revisionswerber ausgeführt, dass ihn der Insolvenzverwalter nicht über die Bescheide vom 13. Oktober 2017 betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer für 10 12/2016 iHv 2.290,81 € und 1-4/2017 iHv 13.125,55 € informiert habe und zur Kraftfahrzeugsteuer 1 12/2016 und 1-9/2017 kein Bescheid zugestellt worden sei.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom 11. September 2018 habe das Finanzamt die Beschwerde gegen den Haftungsbescheid mit näherer Begründung abgewiesen, woraufhin der Revisionswerber einen Vorlageantrag gestellt habe. In seinem Schreiben vom 7. Jänner 2022 habe der Revisionswerber im Wesentlichen das bereits in der Beschwerde und im Vorlageantrag erstattete Vorbringen wiederholt.
Das Tatbestandsmerkmal der „rechtskräftigen Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Finanzvergehens“ für die Haftungsinanspruchnahme nach § 11 BAO sei aufgrund des (rechtskräftigen) Straferkenntnisses vom 28. Februar 2018, mit dem der Revisionswerber wegen der vorsätzlichen Finanzvergehen nach §§ 33 Abs. 2 lit. a und 49 Abs. 1 lit. a FinStrG verurteilt worden sei, erfüllt. Vom Spruch des Haftungsbescheids sei auch kein höherer Betrag umfasst als der im Spruch des Straferkenntnisses festgestellte. Das Finanzamt habe die Heranziehung des Revisionswerbers zur Haftung daher zu Recht auf § 11 BAO gestützt. Dem erstmals im Schreiben vom 7. Jänner 2022 erhobenen Einwand, wonach die Umsatzsteuerbescheide vom 13. Oktober 2017 sowie der Prüfbericht vom 10. Oktober 2017, aus dem sich die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer ergebe, dem Haftungsbescheid nicht angeschlossen gewesen seien, sei nicht glaubwürdig. So enthalte der Haftungsbescheid einen Hinweis darauf, dass die zu den haftungsgegenständlichen Abgaben an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheide sowie der Prüfbericht in der Anlage übermittelt würden. Auch habe der Revisionswerber in der Beschwerde ausschließlich zur Kraftfahrzeugsteuer vorgebracht, dass ihm keine Bescheide zugestellt worden seien. Zu den Umsatzsteuerfestsetzungen habe sich der Revisionswerber sowohl auf das Bescheiddatum als auch auf die bescheidmäßig festgesetzten, mit den Haftungsbeträgen nicht übereinstimmenden Beträge gestützt. Auch habe der Revisionswerber in der Beschwerde das genaue Datum des Prüfberichts angeführt, woraus geschlossen werden könne, dass ihm sowohl die Umsatzsteuerfestsetzsetzungsbescheide als auch der Prüfbericht bekannt gewesen seien. Wären dem Revisionswerber die angeführten Unterlagen tatsächlich nicht zugekommen, hätte er dies bereits in der Beschwerde und im Vorlageantrag bemängelt. Zur Kraftfahrzeugsteuer lägen nach den übereinstimmenden Angaben der Amtspartei und des Revisionswerbers keine der Primärschuldnerin gegenüber ergangenen Bescheide vor, weshalb an sich im Haftungsverfahren über den betreffenden Abgabenanspruch abzusprechen sei. Da dem Revisionswerber im Straferkenntnis die vorsätzliche Verkürzung der Kraftfahrzeugsteuer für die Monate 1-12/2016 und 1-6/2017 angelastet worden sei und das Finanzamt im Haftungsbescheid fälschlicherweise den Zeitraum mit 1-9/2017 statt 1-6/2017 angegeben habe, sei der Haftungsbescheid insoweit zu berichtigen. In seinem Schreiben vom 7. Jänner 2022 habe der Revisionswerber keinen konkreten Grund angeführt, weshalb die Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer seiner Ansicht nach unzutreffend sei und wieso er beantrage, dass keine Kraftfahrzeugsteuer festgesetzt werde.
3 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, die das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vorlegte.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B VG).
5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
7 Der Revisionswerber bringt zunächst vor, dem Haftungsbescheid seien keine Bescheide über die Festsetzung der Umsatzsteuer beigeschlossen gewesen. Dem Revisionswerber sei daher - entgegen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - die Prüfung der Richtigkeit der Abgabenfestsetzung nicht möglich gewesen. Die Abgabenbehörde trage die Beweispflicht dafür, dass dem Haftungsbescheid die Abgabenbescheide beigelegt worden seien. Die diesbezügliche Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts sei gänzlich unschlüssig und vom Verwaltungsgerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit unbedingt zu korrigieren.
8 Unabhängig von der Frage des Bestehens einer Bindungswirkung des Straferkenntnisses ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach dieser als Rechtsinstanz tätig und im Allgemeinen nicht zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Einzelfall berufen ist. Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung liegt lediglich dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hätte (vgl. etwa VwGH 18.12.2024, Ra 2023/13/0032).
9 Das Bundesfinanzgericht hat in der angefochtenen Entscheidung die Feststellung getroffen, dass dem Revisionswerber die Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide bekannt gewesen seien, weil dem Haftungsbescheid die dem Insolvenzverwalter zugestellten Abgabenbescheide vom 13. Oktober 2017 betreffend die Festsetzung der Umsatzsteuer 10 12/2016 und 1 4/2017 beigelegt gewesen seien. Das Bundesfinanzgericht stützte sich dabei auf die Angaben im Haftungsbescheid, wonach die an die Primärschuldnerin ergangenen Bescheide betreffend die haftungsgegenständlichen Abgaben in der Anlage übermittelt würden, sowie darauf, dass der Revisionswerber in der Beschwerde nur die Nichtzustellung der Kraftfahrzeugsteuerbescheide bemängelte und sich hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzungen 10 12/2016 und 1 4/2017 sowohl auf das Bescheiddatum als auch auf die bescheidmäßig festgesetzten, mit den Haftungsbeträgen nicht übereinstimmenden Beträge bezog.
10 Dass die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichts mit einem vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Fehler behaftet wäre, vermag die Revision mit ihrem bloß allgemein gehaltenen Vorbringen nicht aufzuzeigen.
11 Zur Zulässigkeit der Revision wird weiters vorgebracht, das Bundesfinanzgericht habe selbst festgestellt, dass nach wie vor kein Bescheid über die Festsetzung der Kraftfahrzeugsteuer vorliege. Es hätte daher im Haftungsverfahren über das Bestehen der Abgabenschuld hinsichtlich der Kraftfahrzeugsteuer und dessen Höhe als Vorfrage absprechen müssen. Durch das Unterbleiben der Entscheidung über diese Vorfrage habe das Bundesfinanzgericht die an sich eindeutige Rechtslage in einem entscheidungswesentlichen Punkt verkannt.
12 Dem ist schon entgegen zu halten, dass das Bundesfinanzgericht hinsichtlich der detaillierten Berechnung der Kraftfahrzeugsteuer auf den Prüfbericht des Finanzamts vom 10. Oktober 2017 verwiesen und unter Bezugnahme auf die Beschwerdevorentscheidung des Finanzamts näher dargelegt hat, für welche konkreten Fahrzeuge und Zeiträume die Kraftfahrzeugsteuerschuld der Primärschuldnerin entstanden sei. Dem ist der Revisionswerber in der Vorhaltsbeantwortung vom 7. Jänner 2022 nicht konkret entgegengetreten; auch die Revision enthält dazu kein konkretes Vorbringen.
13 In der Revision werden somit insgesamt keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
14 Von der beantragten Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 28. Mai 2025