Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Posch und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterin sowie den Hofrat Mag. Cede als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Herrmann Preschnofsky, über die Revision der Y A, vertreten durch Mag. Dr. Jasmine Senk, Rechtsanwältin in Linz, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. Juni 2022, L517 2247360 1/9E, betreffend Widerruf und Rückforderung von Weiterbildungsgeld (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Ried), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Die Revisionswerberin bezog auf Grund eines Antrags vom 30. Juli 2020 beginnend mit 12. August 2020 Weiterbildungsgeld. Einer bei der Antragstellung vorgelegten Bestätigung zufolge beabsichtigte sie die Absolvierung des Lehrgangs „Fernstudium Dipl. Gesundheitspädagoge/ pädagogin für Kinder“.
2Mit Bescheid vom 20. Juli 2021 sprach die Regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Ried (im Folgenden: AMS) aus, dass das der Revisionswerberin zuerkannte Weiterbildungsgeld für den Zeitraum von 12. August 2020 bis 18. Mai 2021 gemäß § 26 Abs. 7 iVm. § 24 Abs. 2 AlVG „widerrufen bzw. die Bemessung rückwirkend berichtigt“ werde und die Revisionswerberin gemäß § 25 Abs. 1 AlVG zur Rückzahlung des unberechtigt empfangenen Weiterbildungsgeldes in Höhe von € 9.720,74 verpflichtet werde.
3 In der Begründung dieses Bescheides führte das AMS nach Ausführungen zur Rechtslage aus, dass das Weiterbildungsgeld für den angeführten Zeitraum zurückgefordert werde, weil „die 16 Weiterbildungsstunden während der Bildungskarenz nicht erbracht werden konnten“.
4 Die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin wies das Bundesverwaltungsgericht (nach Ergehen einer abweislichen Beschwerdevorentscheidung des AMS und Einbringung eines Vorlageantrags durch die Revisionswerberin) ab und erklärte die Revision iSd. Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
5 In ihrer Beschwerde brachte die Revisionswerberin zusammengefasst vor, sie habe die online-Kursangebote durchgearbeitet. Sie sei nach einigen Wochen schwanger geworden. Die Schwangerschaft habe sie sehr geschwächt, zumal sie weitere zwei kleine Kinder (3 und 4 Jahre) unter anderem „coronabedingt ... während der Lockdowns zuhause“ zu betreuen gehabt habe. Dadurch sei es ihr schwergefallen, sich auf das Fernstudium ausreichend zu konzentrieren. Außerdem habe sie starke Prüfungsangst gehabt, sodass sie die geforderten Prüfungen nicht habe ablegen können. Sie berief sich auf (näher ausgeführte) finanzielle, private und gesundheitliche Schwierigkeiten, die sie in weiterer Folge veranlasst hätten, im Jänner 2021 mit ihrer AMS-Beraterin ein Gespräch zu suchen und ihr mitzuteilen, dass sie die Ausbildung nicht im geforderten Zeitraum werde abschließen können. Ihr sei zugesichert worden, „dass die regelmäßige Teilnahme ausreiche“. Als Nachweis ihrer „Teilnahme am Fernstudium“ übermittle sie die „Teilnahmebestätigung“ sowie den Auszug aus den von ihr angefertigten Handskripten zu den von ihr „online absolvierten Lerninhalten“ zum Nachweis dafür, dass sie „am Online Unterricht zielstrebig teilgenommen“ habe. Sie bot an, bei Bedarf diese angefertigten Handskripten zur Gänze im Umfang von mehreren hunderten Seiten vorzulegen. Ihre AMS Beraterin habe ihr, als sie von ihren Schwierigkeiten berichtet habe, erklärt, sie solle mit der Ausbildung „einfach so weiter machen“ und nur so viel schaffen, wie es geht, ohne genaue Maßnahmen zu konkretisieren. So habe sie die „kostenpflichtigen Coachings mit einer Dauer von mind. 2 Stunden (2 EH)“ nicht mehr absolviert, weil sie zum damaligen Zeitpunkt dazu nicht in der Lage gewesen sei.
6 Das Bundesverwaltungsgericht stellte insbesonders fest, die Revisionswerberin habe am 30. Juli 2020 beim AMS ab 12. August 2020 die Zuerkennung von Weiterbildungsgeld beantragt und ihrem Antrag eine mit ihrem Dienstgeber abgeschlossene Vereinbarung über eine Bildungskarenz vom 12. August 2020 bis 11. August 2021 beigelegt. Ihrem Antrag sei unter anderem eine Bestätigung einer näher bezeichneten Einrichtung über die beabsichtigte Weiterbildungsmaßnahme im Ausmaß von „durchschnittlich mindestens 16 Wochenstunden“ (= Fernstudium Dipl. Gesundheitspädagoge/-pädagogin für Kinder) beigelegen. Das AMS habe das Weiterbildungsgeld in Höhe von täglich € 34,16 bzw. € 35,29 (ab 1. Jänner 2021) zuerkannt.
7 Am 15. Februar 2021 habe die Revisionswerberin dem AMS über ihr eAMS Konto eine mit 29. Jänner 2021 datierte ärztliche Bestätigung über ihre voraussichtliche Entbindung am 1. September 2021 übermittelt. Am selben Tag habe ein Telefonat mit ihrer AMS-Betreuerin stattgefunden. Die Revisionswerberin sei vom AMS aufgefordert worden, „für den bereits abgeschlossenen Kurs“ die Teilnahmebestätigung bis spätestens 31. Mai 2021 nachzureichen.
8 Am 31. Mai 2021 habe die Revisionswerberin dem AMS eine Bestätigung vom selben Tag übermittelt, wonach sie „von 19.08.2020 bis 31.05.2021 aktive/aktiver Teilnehmerin/Teilnehmer für das Fernstudium Dipl. Gesundheitspädagoge/-pädagogin für Kinder“ gewesen sei. Auf schriftliche Nachfrage habe die Einrichtung dem AMS mitgeteilt, dass die Revisionswerberin „bis dato kein einziges Modul“ ihrer Ausbildung (drei Teilprüfungen, 100 Einheiten praktische Umsetzung, Einreichung Themenvorschlag, Diplomarbeit, 16 Einheiten verpflichtendes Coaching, Mündliche Abschlussprüfung) absolviert habe. Über Vorhalt habe die Revisionswerberin dem AMS dazu schriftlich mitgeteilt, dass sie aus näher angeführten Gründen nicht in der Lage gewesen sei, die gesamten Anforderungen für den Kurs zu erfüllen.
9 Das AMS habe von der Bildungseinrichtung zwei Listen mit den Login- und Logout-Zeiten der Revisionswerberin erhalten, aus denen hervorgehe, dass sie sich im Kurszeitraum „lediglich 44 Mal eingeloggt habe und dass nach jedem Login exakt zwei Stunden später ein ‚AUTO-Logout‘“ erfolgt sei. Ein automatisches Logout erfolge auch dann, wenn die Teilnehmer sich zwar einloggen, aber längere Zeit „nichts machen“, dh. „einfach nur auf der Seite sind, aber nichts Klicken, nichts schauen usw.“.
10 Die Revisionswerberin habe für den strittigen Zeitraum eine Weiterbildungsmaßnahme im Ausmaß von zumindest 16 Wochenstunden nicht nachweisen können. Es lägen somit die Mindestanforderungen des § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG nicht vor, weshalb der Anspruch auf Weiterbildungsgeld nicht bestanden habe.
11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 BVG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Die Revisionswerberin macht zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision Verfahrensmängel geltend. So sei ihr rechtliches Gehör verletzt worden, weil das Verwaltungsgericht Feststellungen zum Autologout „ausschließlich auf Grundlage der Angaben des Bildungsinstituts“ getroffen habe. Sie habe den Sachverhalt nicht richtigstellen können, „obwohl sie dem AMS eine Arbeitsmappe mit über 100 Seiten“ vorgelegt habe, aus welcher sich unzweifelhaft ergebe, dass sie nach dem Login eine gewisse Zeit benötigt habe, um die Lernunterlagen auszudrucken und diese danach offline durchzuarbeiten. Sie habe die Einvernahme von ZeugInnen zum Beweis des ernsthaften Studienbetriebs angeboten und das Bundesverwaltungsgericht hätte „zum Vorbringen der Vitalakademie hinsichtlich des Login- bzw. Logoutprotokolls einen Sachverständigen bestellen müssen.
16Gemäß dem bis zum 31. März 2025 in Geltung gestandenen und daher im Revisionsfall noch anzuwendenden § 26 Abs. 1 AlVG (vgl. auch die Übergangsbestimmung des § 80 Abs. 19 AlVG) war Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Weiterbildungsgeld neben der vertraglichen Vereinbarung einer Bildungskarenz (§ 11 AVRAG) u.a. die nachweisliche Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme im Ausmaß von mindestens 20 bzw. in bestimmten Fällen 16 Wochenstunden oder einer vergleichbaren zeitlichen Belastung während dieser Zeit (§ 26 Abs. 1 Z 1 AlVG).
17Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits festgehalten, dass schon der Wortlaut des § 26 Abs. 1 Z 1 AlVG („... Teilnahme an einer im Wesentlichen der Dauer der Bildungskarenz entsprechenden Weiterbildungsmaßnahme ...“) erhellt, dass als Voraussetzung für die Zuerkennung des Weiterbildungsgeldes im Allgemeinen eine Bestätigung eines Bildungsträgers oder einer sonstigen dafür zuständigen Stelle über das notwendige Stundenausmaß an Ausbildungszeiten während der Bildungskarenz vorliegen muss. Ausschließliche Lernzeiten und Prüfungsvorbereitung im Rahmen eines Selbststudiums außerhalb von Ausbildungseinrichtungen können diese Voraussetzungen daher nicht erfüllen. Im Weiteren hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass auch § 26 Abs. 1 Z 1 dritter Satz AlVG, wonach, wenn die Weiterbildungsmaßnahme nur eine geringere Wochenstundenanzahl umfasst, nachzuweisen ist, dass zur Erreichung des Ausbildungszieles zusätzliche Lern- und Übungszeiten in einem Ausmaß erforderlich sind, dass insgesamt eine vergleichbare zeitliche Belastung besteht, nicht dazu führt, dass ein bloßes Selbststudium ausreichend wäre. § 26 Abs. 1 Z 1 dritter Satz AlVG sieht nichts anderes vor, als dass eine Ergänzung der erforderlichen Kursstunden durch Lern- und Übungszeiten erfolgen kann, wobei diese in einem angemessenen Verhältnis stehen müssen. Auch hier wird somit an das Vorliegen eines Seminar- bzw. Kursteils (einer Weiterbildungsmaßnahme mit einem bestimmten Ausmaß an Wochenstunden) angeknüpft (vgl. VwGH 25.9.2024, Ra 2024/08/0093, mwN).
18 Das von der Revisionswerberin im Beschwerdeverfahren (und nunmehr in der Zulässigkeitsbegründung) erstattete Vorbringen zielte zwar auf die Behauptung bestimmter Zeiten ab, während derer sie Lernunterlagen abgerufen, ausgedruckt und offline durchgearbeitet habe. Dass (und in welchem Ausmaß) die von ihr angestrebte Weiterbildungsmaßnahme auch Zeiten beinhaltet hätte, die über den Charakter eines bloßen Selbststudiums (online oder offline) hinausgegangen wären, geht aus diesem Vorbringen nicht hervor. Bereits unter diesem Gesichtspunkt lässt das Zulässigkeitsvorbringen daher die Relevanz des im Beschwerdeverfahren erstatteten Vorbringens und der im Zulässigkeitsvorbringen relevierten Verfahrensmängel nicht erkennen, weshalb auch das Unterbleiben einer mündlichen Beschwerdeverhandlung nicht als unvertretbar angesehen werden kann.
19 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 1. Oktober 2025