JudikaturVwGH

Ra 2022/08/0079 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
03. August 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr. in Sporrer und die Hofrätin Dr. Julcher als Richterinnen sowie den Hofrat Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Sasshofer, über die Revision des C H in T, vertreten durch die Stix Rechtsanwälte Kommandit-Partnerschaft in 1120 Wien, Rotenmühlgasse 11/10, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Jänner 2022, L501 2216578 1/11E, betreffend Haftung nach § 67 Abs. 10 ASVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Österreichische Gesundheitskasse), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem im Beschwerdeweg ergangen angefochtenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber als ehemaligem Geschäftsführer der B. GmbH gemäß § 67 Abs. 10 ASVG die Haftung für rückständige Beiträge in Höhe von € 13.197,47 zuzüglich Verzugszinsen auferlegt. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG sprach das Bundesverwaltungsgericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zulässig sei.

2 Nach der genannten Verfassungsbestimmung ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

3 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

4 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

5 Unter diesem Gesichtspunkt macht der Revisionswerber geltend, dass er zu Unrecht zur Haftung herangezogen worden sei, weil er im maßgeblichen Zeitraum im August und September 2016 noch nicht als Geschäftsführer im Firmenbuch eingetragen gewesen sei und dementsprechend auch keine Verfügungsgewalt über die Geschäftskonten gehabt habe, da ihm auf Grund der Publizitätswirkung des Firmenbuchs keine Bank Zugang zu den Konten gewährt hätte.

6 Der Revisionswerber bestreitet aber nicht, dass er mit Gesellschafterbeschluss vom 16. August 2016 zum alleinigen Geschäftsführer der B. GmbH mit selbständigem Vertretungsrecht ab Beschlussfassung bestellt wurde. Demgegenüber hat die (im vorliegenden Fall am 14. Oktober 2016 erfolgte) Eintragung im Firmenbuch nur deklarative Bedeutung; die Bestellung ist nach Zustimmung des Geschäftsführers sofort wirksam, und er ist bereits vor der Eintragung zu Vertretungshandlungen für die Gesellschaft berechtigt (vgl. VwGH 14.3.2001, 2000/08/0097, mwN). Das muss auch eine kontoführende Bank gegen sich gelten lassen, sobald ihr (im Sinn des § 15 Abs. 1 UGB) die Geschäftsführerbestellung bekannt gemacht wird. Dass dem Revisionswerber entgegen dieser Rechtslage tatsächlich die Verfügung über die Konten der B. GmbH verweigert worden sei was dazu geführt hätte, dass die GmbH überhaupt keine Zahlungen mehr hätte leisten können , hat er nicht behauptet.

7 Soweit der Revisionswerber vorbringt, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen sei, wonach zu den nach § 67 Abs. 10 ASVG zur Vertretung berufenen Personen auch der Masseverwalter im Konkurs gehöre, übersieht er, dass der Masseverwalter nach dem in der Revision zitierten Erkenntnis VwGH 13.5.2019, 2006/08/0175, (und der dort verwiesenen Vorjudikatur) nur für Masseforderungen haften kann. Auf die Haftung des Revisionswerbers, die sich auf Zeiträume vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens bezieht, hat eine allfällige Haftung des Masseverwalters schon deswegen keine Auswirkungen.

8 Der Revisionswerber rügt außerdem das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung. Das Bundesverwaltungsgericht durfte aber vertretbar von einem im Sinn des § 24 Abs. 4 VwGVG geklärten Sachverhalt ausgehen und daher von der Durchführung einer Verhandlung absehen, hatte der Revisionswerber doch weder in der Beschwerde noch im Vorlageantrag die Feststellungen der belangten Behörde substantiiert bestritten, sondern sich im Wesentlichen auf seine mangelnde Verantwortlichkeit vor Eintragung der Bestellung zum Geschäftsführer in das Firmenbuch berufen.

9 Entgegen dem weiteren Zulässigkeitsvorbringen trifft es auch nicht zu, dass die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts zur Pflichtverletzung durch den Revisionswerber sowie zur Kausalität dieser Pflichtverletzung für die Uneinbringlichkeit der Beitragsschulden unzureichend waren. Als Pflichtverletzung wurde die Nichtentrichtung der fälligen bzw. rückständigen Beiträge festgestellt; von einem Verschulden des Revisionswerbers daran durfte das Bundesverwaltungsgericht ohne weiteres ausgehen, weil er keinerlei Nachweise zur Gläubigergleichbehandlung vorgelegt hatte (vgl. zur Mitwirkungspflicht des Vertreters insoweit etwa VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0070). Was die Kausalität der Nichtentrichtung der Beiträge für deren Uneinbringlichkeit betrifft, so liegt sie auf der Hand und bedarf keiner besonderen Begründung; anders ist das bei sonstigen Pflichtverletzungen, insbesondere bei Meldepflichtverletzungen (vgl. zu einem derartigen Fall etwa VwGH 17.12.2015, 2013/08/0173) solche wurden dem Revisionswerber aber nicht vorgeworfen.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. August 2022

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