Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Thoma sowie die Hofrätinnen Mag. a Nussbaumer Hinterauer und Mag. I. Zehetner als Richterinnen, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Schara, über die Revision des M F in W, vertreten durch Berchtold Kollerics, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Raubergasse 16/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 29. Oktober 2021, W259 2233996 3/2E, betreffend Abweisung eines Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist nach § 20 Abs. 3 B GlBG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:
Die Revision wird zurückgewiesen.
1 Mit Bescheid der belangten Behörde vom 10. August 2020 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist nach § 20 Abs. 3 Bundes Gleichbehandlungsgesetz (B GlBG) als unbegründet abgewiesen.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 29. Oktober 2021 wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab und erklärte die Revision nach Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.
3 Das Bundesverwaltungsgericht führte insbesondere aus, dass der Revisionswerber (der nicht auf eine von ihm angestrebte Planstelle ernannt worden war, wovon er am 19. Juli 2018 Kenntnis erlangt habe) mit Schreiben vom 8. November 2018 einen Antrag gemäß § 23a B GlBG an die „Gleichbehandlungskommission beim Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz“ gestellt habe. Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz habe den Antrag am 3. Jänner 2019 zuständigkeitshalber an die Bundes Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt weitergeleitet, wo er am selben Tag eingelangt sei. Das Gutachten der Bundes Gleichbehandlungskommission vom 19. Dezember 2019 sei dem Revisionswerber am 20. Dezember 2019 zugestellt worden. Die Weiterleitung sei sowohl auf dem Antrag des Revisionswerbers als auch im Gutachten der Bundes-Gleichbehandlungskommission festgehalten worden.
4 Der Revisionswerber habe mit Schriftsatz vom 20. Jänner 2020 einen Antrag auf Zuspruch von Ansprüchen nach § 18a B GlBG gestellt, der mit Bescheid der belangten Behörde vom 23. Juni 2020 als verspätet zurückgewiesen worden sei. Die dagegen erhobene Beschwerde sei mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. September 2020, W259 2233996 1/2, als unbegründet abgewiesen worden.
5 Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2020 habe der Beschwerdeführer einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gestellt.
6 In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Bundesverwaltungsgericht unter Hinweis auf höchstgerichtliche Rechtsprechung im Wesentlichen aus, dass das Vorbringen des Revisionswerbers in seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Juli 2020 auf seine Tauglichkeit als Wiedereinsetzungsgrund zu prüfen sei.
7 Darin werde vorgebracht, dass sich die Kanzleimitarbeiterin des rechtsfreundlichen Vertreters des Revisionswerbers den Lauf der Fristenhemmung im Fristenbuch ab dem 8. November 2018 bis zum Einlangen des Gutachtens vermerkt habe; der Kanzleimitarbeiterin hätte nicht zwingend auffallen müssen, dass der Antrag über fast zwei Monate nicht bei der Gleichbehandlungskommission eingelangt sei. Weiters hätten der Kanzleimitarbeiterin und dem Rechtsanwalt der Hinweis auf dem Gutachten der Bundes Gleichbehandlungskommission, der Antrag wäre am 3. Jänner 2019 dort eingelangt, nicht zwingend auffallen müssen, bzw. stelle das Nichtüberprüfen des angegebenen Datums im Gutachten einen minderen Grad des Verschuldens in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Revisionswerbers dar.
8 Das Bundesverwaltungsgericht beurteilte die falsche Eintragung des Beginns der Fristenhemmung, die den Vertreter an der rechtzeitigen Stellung des Antrages des Revisionswerbers auf Zuspruch von Ansprüchen nach § 18a B GlBG gehindert habe, nicht als unabwendbar, weil diese vom Willen des Vertreters hätte verhindert werden können. Im Hinblick auf die einem Vertreter unterlaufenen Fehler verwies es auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei treffe, wobei an berufliche und rechtskundige Parteienvertreter ein strengerer Maßstab anzulegen sei als an rechtsunkundige und bisher noch nie an gerichtlichen Verfahren beteiligte Personen.
9 Unter Zitierung weiterer höchstgerichtlicher Rechtsprechung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, dass das Versehen seiner Kanzleiangestellten dem Rechtsanwalt und damit der Partei dann als Verschulden anzulasten sei, wenn er die ihm zumutbare und nach der Sachlage gebotene Überwachungspflicht gegenüber der Kanzleiangestellten verletzt habe. Aus dem Vorbringen im Antrag des Revisionswerbers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Juli 2020 sei nicht ersichtlich, ob oder wie eine Kontrolle der manipulativen Vorgänge im Kanzleibetrieb oder der Kanzleiangestellten erfolgt bzw. wie das diesbezügliche Kontrollsystem eingerichtet sei, um einen allfälligen Fehler, wie er im vorliegenden Fall unterlaufen sei, aufdecken zu können. Daher sei bereits mangels einer Darlegung eines wirksamen Kontrollsystems beim Vertreter des Wiedereinsetzungswerbers von einem nicht minderen Grad des Versehens auszugehen.
10 Der Vollständigkeit halber werde festgehalten, dass auch in der Beschwerde in keiner Weise dargelegt werde, ob der Rechtsvertreter seiner Aufsichts und Kontrollpflicht nachgekommen sei. Bei einer sorgfältigen Vorgehensweise wäre es dem Rechtsvertreter nicht unterlaufen, einen Antrag nach § 23a B GlBG bei einer unzuständigen Behörde statt bei der (zuständigen) Gleichbehandlungskommission im Bundeskanzleramt einzubringen. Immerhin normiere § 22 Abs. 1 B-GlBG ausdrücklich, dass die Gleichbehandlungskommission des Bundes beim Bundeskanzleramt einzurichten sei (und davor bis Jänner 2018 beim Bundesministerium für Bildung und Frauen). Insgesamt könne beim Vertreter des Revisionswerbers somit auch vor diesem Hintergrund nicht von einem minderen Grad des Versehens ausgegangen werden.
11 Das im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 13. Juli 2020 enthaltene Vorbringen sei somit nicht geeignet, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes glaubhaft zu machen; daher erübrige sich auch die Einvernahme von Zeugen zum Beweis dieses Vorbringens.
12 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
13 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
14 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
15 Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit zusammengefasst vor, die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts sei fehlerhaft geblieben, da keinerlei Beweis aufgenommen, sondern lediglich darauf verwiesen worden sei, dass bereits im Schriftsatz vom 13. Juli 2020 die Begründung für die Wiedereinsetzung nicht ausreichend erfolgt sei. Wären „die angeführten Bescheinigungsmittel bzw. die angeführten Zeugen einvernommen“ worden, hätte der Wiedereinsetzung Folge gegeben werden können bzw. müssen, weshalb der Verfahrensmangel relevant sei. Die Begründung des angefochtenen Erkenntnisses, ebenso wie die Begründung über die Unzulässigkeit der Revision, sei unzureichend. Hätte das Bundesverwaltungsgericht die Beweiswürdigung und Begründung des Erkenntnisses ordnungsgemäß ausgeführt, wäre dies zumindest abstrakt geeignet gewesen, zu einem anderen Ergebnis zu kommen. Letztlich sei auch die Vorwerfbarkeit des Fristversäumnisses in rechtlicher Hinsicht nicht geprüft worden, weshalb der Lösung dieser Frage erhebliche Bedeutung zukomme.
16 Auch wenn man davon ausgeht, dass es sich bei der Frist gemäß § 20 Abs. 3 B GlBG um eine (der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zugängliche) verfahrensrechtliche Frist handelt, erweist sich die Revision als nicht zulässig:
17 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat eine Partei, die einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung einer Frist stellt, den behaupteten Wiedereinsetzungsgrund im Wiedereinsetzungsantrag glaubhaft zu machen. Das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur im Rahmen der Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers zu untersuchen. An den im Antrag vorgebrachten Grund bleibt die Partei gebunden (vgl. etwa VwGH 25.5.2023, Ra 2021/21/0167, mwN).
18 Inwieweit die Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts, das seine Feststellungen auf den Akteninhalt, insbesondere auf den Wiedereinsetzungsantrag, stützte, in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre, legt die Revision mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen vor dem Hintergrund der dargelegten Rechtsprechung nicht dar.
19 Im Hinblick darauf, dass ein ausreichend eingerichtetes Kontrollsystem in der Kanzlei des Rechtsanwaltes im Wiedereinsetzungsantrag nicht dargestellt wurde, liegt auch weder ein Mangel in der Beweiswürdigung des Bundesverwaltungsgerichts noch ein Verfahrensmangel durch die Nicht Einvernahme der beantragten Zeugen vor. Worin unter Berücksichtigung dieser Umstände ein Begründungsmangel liegen sollte, wird in der Zulässigkeitsbegründung der Revision nicht dargetan.
20 Inwieweit die Vorwerfbarkeit des Fristversäumnisses vom Bundesverwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht nicht geprüft worden sei, ist angesichts der in diesem Zusammenhang ausführlichen Begründung des Bundesverwaltungsgerichts, das sich dabei auch auf höchstgerichtliche Rechtsprechung stützte, nicht nachvollziehbar.
21 Entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht hat das Bundesverwaltungsgericht dargelegt, weshalb es die Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG als nicht erfüllt erachtet hat. Im Übrigen ist der Verwaltungsgerichtshof, auch wenn das Verwaltungsgericht nach § 25a Abs. 1 letzter Satz VwGG seinen Ausspruch über die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG kurz und in der Regel fallbezogen zu begründen hat, entsprechend § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof vielmehr im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird, war der Revisionswerber nicht gehindert (vgl. etwa VwGH 9.7.2020, Ra 2019/12/0063, mwN).
22 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.
Wien, am 9. November 2023
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