JudikaturVwGH

Ra 2021/05/0032 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Dezember 2022

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Mag. Dr. Zehetner sowie die Hofrätinnen Dr. Leonhartsberger und Dr.in Gröger als Richterinnen, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Kieslich, in der Revisionssache des G R in S, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 14. Februar 2020, LVwG 500495/10/KH, betreffend Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Braunau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Das Aufwandersatzbegehren der belangten Behörde wird abgewiesen.

1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 8. Juli 2019 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe nicht gefährliche Abfälle, nämlich zwei Altfahrzeuge ohne Prüfplaketten mit u.a. starken Korrosions und Karosserieschäden, auf unbefestigtem Untergrund entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs. 1 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) gelagert, wodurch das Orts und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt worden sei. Er habe dadurch „§ 79 Abs. 2 Zi. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1 Ziffer 2 und § 1 Abs. 3 Z. 9 AWG 2002 i.d.g.F“ verletzt. Gemäß „§ 79 Abs. 2 Ziffer 3 AWG 2002, BGBl. Nr. 102/2002 i.d.g.F“ wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 450 Euro, bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Stunden, verhängt und ein Kostenbeitrag von 45 Euro gemäß § 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) festgelegt.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht) die dagegen eingebrachte Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung als unbegründet ab, sprach aus, dass der Revisionswerber einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von 90 Euro zu leisten habe und erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG für nicht zulässig.

3 Begründend hielt das Verwaltungsgericht auf das Wesentliche zusammengefasst fest, der Revisionswerber habe auf einer unbefestigten Fläche (Wiese) zwei Fahrzeuge ohne Prüfplakette mit starken Korrosions und Karosserieschäden gelagert, wobei Teile von beiden Fahrzeugen wie z.B. Lenkrad oder Fenster gefehlt hätten, beide Fahrzeuge bereits mit Moos und Flechten bewachsen gewesen seien und die ursprüngliche Farbe eines Fahrzeugs nicht mehr erkennbar gewesen sei. Die Fahrzeuge seien in einer weitgehend intakten Grünlandzone weithin sichtbar in Erscheinung getreten.

4 Rechtlich erwog das Verwaltungsgericht, dass durch die Lagerung der Altfahrzeuge eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes im Sinn des § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 erfolgt sei. Es handle sich jedenfalls um Abfälle im objektiven Sinn, sodass der Revisionswerber durch diese Lagerung gegen § 15 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 verstoßen habe. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG reiche fahrlässiges Verhalten aus, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimme. Gegen den Revisionswerber sei nur wegen der zwischenzeitlich ordnungsgemäßen Entsorgung die in § 79 Abs. 2 AWG 2002 vorgesehene Mindeststrafe verhängt worden. Die Voraussetzungen des § 20 VStG (außerordentliche Milderung) seien nicht gegeben, weil im verwaltungsgerichtlichen Verfahren weder Milderungs noch Erschwerungsgründe hervorgekommen seien. Schon wegen der Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes, des Landschaftsbildes, wären die Voraussetzungen für nur die Erteilung einer Ermahnung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG oder nur eine Beratung nach § 33a VStG anstatt einer Geldstrafe nicht vorgelegen.

5 Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 24. November 2020, E 934/2020 8, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie in der Folge dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

6 Daraufhin wurde die vorliegende außerordentliche Revision eingebracht.

7 Die belangte Behörde hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

10 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 Der Revision gelingt es mit ihrem Vorbringen nicht, eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen:

12 Sie bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, § 15 Abs. 1 Z 2 AWG sei die falsche Übertretungsnorm, weil § 15 Abs. 1 AWG die beim Lagern von Abfällen zu beachtenden Sorgfaltspflichten regle und dabei „klarerweise von einer rechtmäßigen Abfalllagerung“ ausgehe, bei welcher die in § 1 Abs. 3 AWG 2002 geregelten öffentlichen Interessen nicht beeinträchtigt werden dürften. Die Behörde habe aber erkennbar eine verpönte Ablagerung von Abfällen außerhalb einer dafür genehmigten Deponie unter Strafe stellen wollen, wobei dieser Tatvorwurf bereits verjährt sei.

13 § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 in der hier maßgeblichen Fassung BGBl. I Nr. 44/2018 stellt u.a. das Lagern von nicht gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1, 3 oder 4 AWG 2002 unter Strafe (sanktioniert mit derselben Strafdrohung). Diese Bestimmung erfasst somit einen Pflichtverstoß sowohl nach § 15 Abs. 1 AWG 2002 als auch nach § 15 Abs. 3 AWG 2002. Nach § 15 Abs. 1 Z 2 AWG 2002 ist unter anderem bei der Lagerung von Abfällen die Beeinträchtigung der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3 leg. cit.) zu vermeiden. Zu diesen öffentlichen Interessen zählt auch die Vermeidung der erheblichen Beeinträchtigung des Orts und Landschaftsbildes (Z 9 leg. cit.). Der Revisionswerber bestreitet nicht, dass er die gegenständlichen Altfahrzeuge an dem von der belangten Behörde festgestellten Ort gelagert hatte. Er tritt auch der Feststellung, wonach dadurch das Orts und Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt wurde, nicht entgegen. Damit hat er aber das Tatbild des § 15 Abs. 1 Z 2 iVm § 1 Abs. 3 Z 9 AWG 2002 verwirklicht. Für die vom Revisionswerber vertretene Auffassung, die Behörde habe erkennbar eine verpönte Ablagerung von Abfällen außerhalb einer dafür genehmigten Deponie unter Strafe stellen wollen, besteht vor diesem Hintergrund kein Raum.

14 Mit dem darüber hinaus im Zusammenhang mit dem Tatzeitraum erstatteten Vorbringen gelingt es der Revision nicht, einen Widerspruch zwischen Spruch und Begründung des angefochtenen Erkenntnisses aufzuzeigen: In dem vom angefochtenen Erkenntnis übernommenen Spruch des Straferkenntnisses wird der Tatzeitraum mit „zumindest am 06.12.2018“ angegeben. In der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses findet sich zwar im Zusammenhang mit der Beurteilung des Verschuldens des Revisionswerbers die Wiederholung der unbestrittenen Feststellung wonach die Fahrzeuge am 8. April 2019 entsorgt worden seien. Dass bei der Strafbemessung von einem Tatzeitraum bis zu diesem Datum ausgegangen worden wäre, ist der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses hingegen nicht zu entnehmen, zumal mit diesem ohnehin nur die Mindeststrafe verhängt wurde.

15 Die Revision macht weiters einen Verstoß gegen § 44a Z 2 VStG geltend. Die belangte Behörde hätte bei der „verletzten Rechtsvorschrift“ nicht § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002 anführen dürfen, weil es sich dabei nicht um die verletzte Rechtsvorschrift handle, sondern um die bei der Bestrafung angewendete Gesetzesbestimmung. Darüber hinaus würden die Fundstellen in Form jener Novelle fehlen, durch welche die als verletzt betrachteten Normen ihre zum Tatzeitpunkt gültige Fassung erhalten haben.

16 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. etwa VwGH 1.8.2022, Ra 2022/03/0165, mwN).

17 Ein solcher Fall liegt hier vor:

Im Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 27. Juni 2022, Ra 2021/03/0328, ist der Verwaltungsgerichtshof von bisheriger Rechtsprechung zu § 44a Z 2 und 3 VStG abgewichen. Er hat darin u.a. Folgendes ausgeführt (im Übrigen wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz iVm Abs. 9 VwGG auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen):

„19 Wie auch bei der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat gemäß § 44a Z 1 VStG kommt es bei der Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift und der Sanktionsnorm gemäß § 44a Z 2 und 3 VStG daher darauf an, dass die Norm (lediglich) unverwechselbar konkretisiert wird, damit die beschuldigte Person in die Lage versetzt wird, dem Vorwurf entsprechend zu reagieren und ihr Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. zu § 44a Z 1 VStG etwa VwGH 25.11.2021, Ra 2020/11/0134, m.w.N.). Maßgeblich ist daher, dass die Angabe der verletzten Verwaltungsvorschrift (§ 44a Z 2 VStG) und der bei der Verhängung der Strafe angewendeten Gesetzesbestimmung (§ 44a Z 3 VStG) in einer Weise erfolgt, die den Beschuldigten in die Lage versetzt, sich gegen den Tatvorwurf verteidigen zu können und nicht der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt zu sein (im Hinblick auf § 44a Z 2 VStG) bzw. nachvollziehen zu können, welche konkrete Sanktionsnorm herangezogen wurde, um die Zulässigkeit und die Höhe der über ihn verhängten Strafe überprüfen zu können (im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG).

[...]

22 Werden die angewendeten Normen einer Rechtsvorschrift wie im Straferkenntnis, das dem vorliegenden Revisionsfall zugrunde liegt pauschal mit dem Gesetz- oder Amtsblatt der Stammfassung sowie der zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgten Änderung der Rechtsvorschrift (nicht notwendigerweise auch der konkret angewendeten Bestimmungen) zitiert, so ist dies ohne Weiteres dahin zu verstehen, dass die Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung (die es durch die zuletzt genannte Novelle erhalten hat) zur Anwendung gelangte.

[...]

23 Sofern nicht aus besonderen Gründen etwa aufgrund gestaffeltem, verzögertem oder später geändertem Inkrafttreten für den Rechtsanwender Unsicherheit über die angewendete Fassung bestehen kann, liegt eine Verletzung der Anforderungen des § 44a Z 2 und 3 VStG daher jedenfalls nicht vor, wenn die angewendete Rechtsvorschrift in ihrer Gesamtheit mit der zuletzt (vor dem Tatzeitpunkt) erfolgten Novellierung zitiert wird, oder wenn die zuletzt vor dem Tatzeitpunkt erfolgte Novellierung bezogen auf einzelne Paragraphen oder Artikel der Rechtsvorschrift zitiert wird, ohne dass mit den zitierten Änderungen zwingend auch die jeweils konkret anzuwendende Untergliederung der Rechtsvorschrift geändert wurde. Selbst ein Unterbleiben der Angabe der Fundstelle kann aber dann keine Verletzung in einem subjektiven Recht der beschuldigten Person bewirken, wenn die herangezogene Rechtsvorschrift für diese aus dem Zusammenhang nicht zweifelhaft sein konnte.“

18 Die Revision legt in ihrer Zulässigkeitsbegründung nicht dar, dass das angefochtene Erkenntnis diesen Maßstäben nicht genügen würde:

19 Im Straferkenntnis vom 8. Juli 2019 wurde dem Revisionswerber die Verletzung von „§ 79 Abs. 2 Zi. 3 i.V.m. § 15 Abs. 1 Ziffer 2 und § 1 Abs. 3 Z. 9 AWG 2002 i.d.g.F“ vorgeworfen. Zur Strafhöhe wird darüber hinaus § 79 Abs. 2 Z 3 AWG 2002, BGBl. Nr. 102/2002 idgF, angeführt.

20 Dem Vorbringen des Revisionswerbers ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass ihm die zur Anwendung gelangenden Rechtsvorschriften, insbesondere im Hinblick auf ihren zeitlichen Anwendungsbereich, unklar gewesen wären. Der Revisionswerber behauptet auch nicht, dass eine Norm herangezogen worden wäre, die zum Tatzeitpunkt (bzw. hinsichtlich der Sanktionsnorm auch zum Entscheidungszeitpunkt) nicht mehr oder noch nicht in Geltung gestanden wäre (vgl. wiederum VwGH 1.8.2022, Ra 2022/03/0165) bzw. eine Novellierung erfahren hätte, die für den vorgeworfenen Tatbestand relevant gewesen wäre.

21 Gegen die Strafbemessung wendet sich die Revision mit dem Argument, das Verwaltungsgericht hätte mit der beantragten Ermahnung nach § 45 Abs. 1 VStG das Auslangen finden oder zumindest von der außerordentlichen Milderung der Strafe Gebrauch machen müssen.

22 Die Strafbemessung unterliegt als Ermessensentscheidung nur insofern der Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof, als dieser gegebenenfalls zu prüfen hat, ob von dem im Gesetz eingeräumten Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde. Das Verwaltungsgericht ist verpflichtet, in der Begründung seines Erkenntnisses gemäß § 29 Abs. 1 zweiter Satz VwGVG die für die Überprüfung der Ermessensübung maßgeblichen Gründe insoweit offen zu legen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien und die Nachprüfung der Ermessensentscheidung auf ihre Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes durch den Verwaltungsgerichtshof erforderlich sein kann (vgl. etwa VwGH 22.2.2018, Ra 2017/09/0050, mwN).

23 Das Verwaltungsgericht bestätigte mit dem angefochtenen Erkenntnis die Verhängung der Mindeststrafe und begründete das Unterbleiben einer außerordentlichen Milderung nach § 20 VStG damit, dass sich im Verfahren weder Milderungs noch Erschwerungsgründe ergeben hätten. Wegen u.a. der Intensität der Beeinträchtigung des geschützten Rechtsgutes, des Landschaftsbildes, komme auch eine Ermahnung nach § 45 Abs. 1 Z 4 VStG oder eine Beratung nach § 33a VStG nicht in Betracht. Dass diese Strafbemessung nicht im Rahmen des vom Gesetz eingeräumten Ermessens erfolgt sei, vermag die Revision mit ihren pauschal gehaltenen Verweisen auf Spezial- und Generalprävention nicht aufzuzeigen.

24 Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz verstoßen, weil in der Verhandlung nur Auszüge aus dem naturschutzfachlichen Gutachten verlesen worden seien, macht die Revision einen Verfahrensmangel geltend. Es ist zwar richtig, dass nach § 48 VwGVG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen ist, was in der Verhandlung vorgekommen ist; auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet. Aus der bei der mündlichen Verhandlung am 9. Jänner 2020 angefertigten und vom Rechtsvertreter des Revisionswerbers unterzeichneten Niederschrift ergibt sich jedoch, dass die Parteien auf eine Verlesung des Akteninhaltes verzichtet haben, sodass schon aus diesem Grund eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung nicht aufgezeigt wird (vgl. etwa VwGH 3.2.2022, Ra 2021/17/0001). Was die Anforderung des Entsorgungsnachweises durch das Verwaltungsgericht und den Vorwurf der Revision betrifft, dass das Verwaltungsgericht deshalb eine weitere mündliche Verhandlung anberaumen hätte müssen, verschweigt die Revision, dass die Entsorgungsnachweise der beiden Fahrzeuge schließlich vom Revisionswerber selbst dem Verwaltungsgericht vorgelegt wurden. Diese bestätigten zudem ohnehin nur das vom Vertreter des Revisionswerbers in der Verhandlung erstattete Vorbringen, dass die Entsorgung der Fahrzeuge im Frühjahr 2019 erfolgt sei. Einen Verstoß gegen den Unmittelbarkeitsgrundsatz vermag die Revision daher nicht aufzuzeigen.

25 Wenn die Revision vorbringt, das Verwaltungsgericht hätte prüfen müssen, ob § 79 Abs. 2 AWG 2002 der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zur Verhängung hoher Geldstrafen entgegenstehe und auf EuGH 19.12.2019, C 140/19 u.a., verweist, bezieht sie sich auf eine für den Revisionsfall nicht einschlägige Entscheidung des EuGH. Wie bereits das Verwaltungsgericht im angefochtenen Erkenntnis ausführte, betrifft die vom Revisionswerber ins Treffen geführte Judikatur die Frage der Zulässigkeit der kumulativen Verhängung von hohen Mindestgeldstrafen. Dass zur Bestimmung des § 79 Abs. 2 AWG 2002 die Einholung eines Vorabentscheidungsersuchens an den EuGH erforderlich wäre, ergibt sich daraus nicht.

26 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

27 Der Kostenersatzantrag der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht ist darauf gerichtet, die erwachsenen Prozesskosten dem Land Oberösterreich als funktionellem Rechtsträger der belangten Behörde zu ersetzen. Gemäß § 47 Abs. 5 VwGG fließt jenem Rechtsträger, in dessen Namen die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verwaltungsverfahren gehandelt hat, der Aufwandersatz zu, der auf Grund des VwGG vom Revisionswerber zu leisten ist. Die Vollziehung der hier maßgeblichen Bestimmungen des AWG 2002 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung. Kostenersatzanspruch im Sinne des § 47 Abs. 5 VwGG hätte daher der Bund. Da daneben kein Kostenersatzanspruch eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf Zuerkennung an das Land Oberösterreich gerichtete Antrag der belangten Behörde abzuweisen (vgl. VwGH 22.3.2021, Ra 2019/05/0303, und VwGH 27.11.2019, Ra 2017/05/0213, jeweils mwN).

Wien, am 14. Dezember 2022

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