JudikaturVwGH

Ro 2020/10/0014 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
29. Juni 2021

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Rigler sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. a Wurzer, über die Revision des S I in W, vertreten durch die Schmelz Rechtsanwälte OG in 3400 Klosterneuburg, Martinstraße 58a Top 2.17, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. März 2020, Zl. W129 2225014 1/4E, betreffend Ausschluss vom Studium gemäß § 68 Abs. 1 Z 8 Universitätsgesetz 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Rektorat der Medizinischen Universität Wien), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Der Revisionswerber hat der Medizinischen Universität Wien Aufwendungen in der Höhe von € 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

1 Mit Bescheid des Rektorats der Medizinischen Universität Wien vom 18. September 2019 wurde der Revisionswerber gemäß § 68 Abs. 1 Z 8 Universitätsgesetz 2002 (UG) vom Diplomstudium Humanmedizin an der Medizinischen Universität Wien ausgeschlossen. Weiters wurde die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG ausgeschlossen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 16. März 2020 wurde die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen und ausgesprochen, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig sei.

3 Begründet wurde der zuletzt genannte Ausspruch wie folgt:

„Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Der angefochtene Bescheid sowie das gegenständliche Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes stützen sich unmittelbar auf die gesetzliche Grundlage des § 68 Abs 1 Z 8 UG. Nach dieser Bestimmung hat die Universität in Bezug auf den Studienausschluss durch Bescheid des Rektorates ‚Näheres in der Satzung zu regeln‘; dies ist an der Medizinischen Universität Wien jedoch nicht erfolgt. Auch liegt soweit ersichtlich keine Rechtsprechung zur Frage der ‚dauerhaften oder schwerwiegenden Gefährdung anderer Universitätsangehöriger oder Dritter im Rahmen des Studiums‘ iSd § 68 Abs 1 Z 8 UG vor.“

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.

5 Das Verwaltungsgericht legte die Akten vor.

6 Die belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

7 Die Revision erweist sich als unzulässig:

8 Nach Art. 133 Abs. 4 B VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

9 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

10 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat ein Revisionswerber auch bei Erhebung einer ordentlichen Revision von sich aus die Zulässigkeit der Revision (gesondert) darzulegen, sofern er der Ansicht ist, dass die Begründung des Verwaltungsgerichtes für die Zulässigkeit der Revision nicht ausreicht, oder er eine andere Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung für relevant erachtet (vgl. VwGH 31.3.2021, Ro 2021/10/0002; 5.10.2020, Ro 2020/10/0003 bis 0004; 3.7.2020, Ro 2019/10/0034). Die vom Verwaltungsgerichtshof vorzunehmende Kontrolle einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung stützt sich für außerordentliche und ordentliche Revisionen in gleicher Weise jeweils auf eine gesonderte Darlegung der Zulässigkeitsvoraussetzungen einer Revision (vgl. VwGH 5.10.2020, Ro 2020/10/0023; 3.9.2020, Ro 2020/10/0021; 3.7.2020, Ro 2019/10/0034). Eine wesentliche Rechtsfrage gemäß Art. 133 Abs. 4 B VG liegt nur dann vor, wenn die Beurteilung der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes von der Lösung dieser Rechtsfrage „abhängt“. Dies ist dann der Fall, wenn das rechtliche Schicksal der Revision von der behaupteten Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung abhängt (vgl. VwGH 30.3.2020, Ra 2019/10/0180 0182, 0187; 25.3.2020, Ra 2020/10/0015; 27.2.2020, Ra 2019/10/0121).

11 Die vorliegende Revision nimmt in ihrer Zulässigkeitsbegründung darauf Bezug, dass die Revision vom Verwaltungsgericht „zu Recht zugelassen“ worden sei. Sie enthält weiters neben einer Wiedergabe der Zulässigkeitsausführungen des Verwaltungsgerichtes den Hinweis, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren solle. Dazu erfolgt eine Wiedergabe von Rechtssätzen des OGH und ein Verweis darauf, dass der Rechtsfrage über den konkreten Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommen müsse. Sodann wird ausgeführt, diese Voraussetzungen lägen vor, weil „eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt“.

12 Mit diesen Ausführungen wird weder die Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes ergänzt noch werden damit andere Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung geltend gemacht. Was aber die oben wiedergegebene Zulässigkeitsbegründung des Verwaltungsgerichtes anbelangt, ist auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach mit dem bloßen Hinweis auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer näher bezeichneten Verwaltungsvorschrift (hier: § 68 Abs. 1 Z 8 UG) nicht dargelegt wird, welche konkret auf die vorliegende Revisionssache bezogene grundsätzliche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof erstmals zu lösen hätte (vgl. VwGH 21.9.2020, Ra 2020/10/0037; 25.3.2020, Ro 2020/10/0005 0006; 27.2.2019, Ro 2019/10/0006).

13 Selbst wenn man die oben wiedergegebenen Ausführungen des Verwaltungsgerichtes aber dahin verstehen wollte, dass damit die Frage angesprochen werden sollte, ob ein Ausschluss nach § 68 Abs. 1 Z 8 UG auch dann zu erfolgen hat, wenn keine näheren Regelungen in der Satzung getroffen wurden, wird damit im Revisionsfall eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG nicht aufgezeigt:

14 Die Revision enthält zu dieser Rechtsfrage nämlich weder nähere Ausführungen noch lässt sie erkennen, dass nach Ansicht des Revisionswerbers diese (allenfalls) angesprochene Rechtsfrage vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst wurde. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss die Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG aber für die Entscheidung über die Revision präjudiziell und nach dem Vorbringen des Revisionswerbers vom Verwaltungsgericht unrichtig gelöst worden sein (vgl. VwGH 5.10.2020, Ro 2020/10/0023; 4.7.2018, Ro 2017/10/0031; 8.3.2018, Ra 2017/11/0264). Auf eine Rechtsfrage, die das Verwaltungsgericht bei der Zulassung der ordentlichen Revision als grundsätzlich angesehen hat, ist vom Verwaltungsgerichtshof nicht einzugehen, wenn diese Rechtsfrage in der Revision nicht angesprochen wird (vgl. VwGH 5.10.2020, Ro 2020/10/0003 bis 0004; 24.4.2018, Ro 2016/10/0037; 23.5.2017, Ro 2016/10/0024).

15 Da somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.

16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf §§ 47 ff, insbesondere § 51 VwGG iVm der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 29. Juni 2021

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