Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick sowie Hofrätin Mag. Hainz Sator und Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des Dr. H H, vertreten durch die Dr. Holzmann RechtsanwaltsGmbH in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 17, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 3. Dezember 2018, Zl. LVwG 2018/33/0884 7, betreffend Versagung einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck; mitbeteiligte Partei: Gemeinde G, vertreten durch Mag. Ferdinand Kalchschmid, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Andreas Hofer-Straße 2 4, 3. Stock), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 1. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22. März 2018 wurde ein zwischen dem Revisionswerber und dessen Bruder abgeschlossener Übergabsvertrag betreffend ein näher bezeichnetes Grundstück gemäß § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 1 und Abs. 3, § 7a Abs. 8 lit. i und § 25 Abs. 1 Tiroler Grundverkehrsgesetz 1996 (TGVG) unter Auflagen gemäß § 8 TGVG grundverkehrsbehördlich genehmigt.
2 In der Begründung ging die belangte Behörde davon aus, gemäß § 7a Abs. 8 lit. i TGVG sei, da es sich beim Erwerber um den Bruder des Übergebers handle, kein Interessentenverfahren durchzuführen und lediglich zu prüfen gewesen, ob die nachhaltige und ordnungsgemäße Bewirtschaftung des von der Übergabe betroffenen Grundstücks sichergestellt sei. Da auf Seite des Übergebers kein von diesem geführter Landwirtschaftsbetrieb mehr bestehe, sei dazu im vorliegenden Fall erforderlich, gemäß § 8 TGVG eine entsprechende Auflage zu bestimmen und deren Erfüllung durch eine Kaution zu besichern. Insofern als die Weiterverpachtung des Grundstücks an einen Landwirt durch die Auflage sichergestellt sei, könne auch ein Nachteil für die Agrarstruktur nicht angenommen werden. Damit lägen die gesetzlichen Voraussetzungen für den gegenständlichen Rechtserwerb vor und besondere Versagungsgründe nach § 7 TGVG wären nicht gegeben. Aus diesem Grund sei die beantragte Genehmigung zu erteilen und spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
3 Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei als Gemeinde, in deren Gebiet das Grundstück liegt, eine auf § 25 Abs. 3 TGVG gestützte Beschwerde.
4 2.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Landesverwaltungsgericht Tirol (Verwaltungsgericht) der Beschwerde Folge, behob den Bescheid und versagte dem Übergabsvertrag die grundverkehrsbehördliche Genehmigung. Die Erhebung einer ordentlichen Revision erklärte das Verwaltungsgericht für nicht zulässig.
5 2.2. Begründend traf das Verwaltungsgericht insbesondere die Feststellung, das von der Übergabe betroffene Grundstück werde derzeit im Pachtwege von einem Landwirt bewirtschaftet, woran sich nach Angabe des Rechtserwerbers durch die Übergabe nichts ändern werde.
6 Rechtlich führte es aus, Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei die Teilung jenes größeren Grundstücks, dessen einen Teil das von der Übergabe betroffene Grundstück bilde. Der agrarfachliche Sachverständige habe in seiner Stellungnahme ausgeführt, dass mit der Neubildung und Übergabe dieses Grundstücks mit einem Flächenausmaß von 686 m 2 ein unwirtschaftlich kleines Grundstück geschaffen werde. Aus agrarstruktureller Sicht widerspreche diese Neubildung und Übergabe der Schaffung, Erhaltung und Stärkung eines leistungsfähigen land- und forstwirtschaftlichen Betriebes bzw. Grundbesitzes. Vor dem Hintergrund der Vorschrift des § 7 Abs. 2 TGVG, die eine Teilung von landwirtschaftlichen Grundstücken (losgelöst von einem Rechtserwerb) immer dann verbiete, wenn dem geplanten Vorhaben erhebliche landeskulturelle Bedenken entgegenstehen, sei dem vorliegenden Rechtserwerb ein Widerspruch zum öffentlichen Interesse anzulasten. Auch wenn die Bewirtschaftung durch einen benachbarten Landwirt nach Aussage des Rechtserwerbers gewährleistet sei, sei die Schaffung derartig kleiner Grundstücke mit dem öffentlichen Interesse an der Schaffung, Erhaltung oder Stärkung eines wirtschaftlich gesunden landwirtschaftlichen Grundbesitzes nicht in Einklang zu bringen. Zusammenfassend liege der besondere Versagungsgrund des § 7 Abs. 2 TGVG vor, weshalb dem gegenständlichen Rechtserwerb die grundverkehrsbehördliche Genehmigung zu versagen sei.
7 3. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision.
8 Die belangte Behörde sowie die mitbeteiligte Partei erstatteten jeweils eine Revisionsbeantwortung.
9 4. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
10 4.1.Die Revision bringt zur Begründung ihrer Zulässigkeit vor, der Revisionswerber als Rechtserwerber und dessen Bruder als Veräußerer seien vor dem Verwaltungsgericht nicht persönlich angehört worden. Da es im gegenständlichen Verfahren um Zivilrechte gehe, nämlich um die Übertragung des Eigentums, sohin um „civil rights“ im Sinne des Art. 6 EMRK, gelte für das Verwaltungsgericht die daraus abgeleitete Verhandlungspflicht. Im Verfahren sei ausdrücklich vorgebracht und ausgeführt worden, dass die Übertragung der gegenständlichen Liegenschaft aufgrund einer seinerzeitigen Vereinbarung im Zuge des Erbganges nach dem gemeinsamen Vater des Revisionswerbers und seines Bruders erfolgt sei und nunmehr grundbücherlich durchgeführt werden solle. Diesen Fragenkomplex, der zur Beurteilung der Rechtssache unbedingt erforderlich sei, habe das Verwaltungsgericht überhaupt nicht beleuchtet.
11 Die Revision ist aufgrund dieses Vorbringens zulässig. Sie ist auch begründet.
12 4.2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes greift ein die grundverkehrsbehördliche Zustimmung versagender Bescheid in das Eigentum (auch) des Erwerbers ein (zB VfSlg. 6735/1972, 7539/1975, 13.406/1993, 19.753/2010). Dasselbe gilt nach Einführung der zweistufigen Verwaltungsgerichtsbarkeit für ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts ebensolchen Inhalts. Mit der Frage der Genehmigung des gegenständlichen Übergabsvertrages war daher der Anwendungsbereich von Art. 6 EMRK eröffnet und das Verwaltungsgericht in Hinblick auf das vom Revisionswerber in seiner Stellungnahme vom 29. November 2018 erstattete Vorbringen gehalten, das Vorliegen der Voraussetzungen etwaiger auf den Übergabsvertrag anzuwendender gesetzlicher Ausnahmen von der Genehmigungspflicht (deren Vorliegen in der erwähnten Stellungnahme behauptet wurde) im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erörtern.
13 Schon damit, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung trotz über den festgestellten Sachverhalt hinausgehenden, für die Beurteilung der Genehmigungspflicht relevanten Vorbringens des Revisionswerbers unterlassen zu haben, belastete das Verwaltungsgericht das angefochtene Erkenntnis mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, sodass es gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war. Insbesondere mangelt es dem angefochtenen Erkenntnis auch an einer Auseinandersetzung mit der Stellungnahme des Revisionswerbers vom 29. November 2015.
14 4.3. Im Übrigen ist wie die belangte Behörde in ihrer Revisionsbeantwortung ausführt Sache des Beschwerdeverfahrens die Genehmigung des Übergabsvertrages und nicht die Genehmigung der diesem vorgelagerten Grundstücksteilung. Wie sich aus § 4 Abs. 2 lit. a TGVG ergibt, kommt eine gesonderte Genehmigung einer Teilung von landwirtschaftlichen Grundstücken nur dann in Betracht, wenn hierfür nicht bereits wie im vorliegenden Fall eine Genehmigung nach Abs. 1, mithin eine Genehmigung für ein auf diese Teilung bezogenes Rechtsgeschäft, erforderlich ist.
15 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am 15. März 2022