Rückverweise
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller und die Hofrätin Mag. Dr. Maurer-Kober als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Friedwagner, über die Revision des S in W, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 17. Juli 2018, Zl. LVwG-602017/12/MK/Bb, betreffend Übertretung der StVO (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Wels-Land), zu Recht erkannt:
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
1 Der Revisionswerber wurde mit Strafverfügung der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 6. April 2017 schuldig erkannt, er habe unter näher genannten Umständen am 2. April 2017 außerhalb eines Ortsgebietes die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 65 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden. Er habe dadurch § 52 lit. a Z 10a StVO übertreten, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 2e StVO eine Geldstrafe von EUR 330,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 133 Stunden) verhängt wurde. 2 Dagegen erhob der Revisionswerber Einspruch, worüber die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht mit Straferkenntnis vom 3. Juli 2017 wie folgt absprach:
"Dem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 06.04.2017 wird keine Folge gegeben und die in der Strafverfügung festgesetzte Verwaltungsstrafe bestätigt."
3 Weiter werden im Spruch Rechtsgrundlagen, der zu zahlende Gesamtbetrag sowie Eingaben zur Zahlungsfrist angeführt. 4 Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis als unbegründet ab und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe, dass dessen Spruch wie folgt zu lauten habe:
"Sie haben am 2. April 2017 um 08:50 Uhr in der Gemeinde M ... mit dem Pkw, Kennzeichen XX, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 65 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen."
5 Der Revisionswerber habe dadurch § 52 lit. a Z 10a iVm § 99 Abs. 2e StVO verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 330,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 133 Stunden) verhängt wurde. 6 Insoweit der Revisionswerber geltend mache, das angefochtene Straferkenntnis weise keinen Schuldspruch auf, vermöge er damit keine Rechtswidrigkeit aufzuzeigen. Der Revisionswerber habe gegen die Strafverfügung vom 6. April 2017 mit dem Tatvorwurf der Verwaltungsübertretung nach § 52 lit. a Z 10a iVm § 99 Abs. 2e StVO rechtzeitig Einspruch erhoben, wodurch dieser zwar gemäß § 49 Abs. 2 VStG außer Kraft getreten sei, dies ändere jedoch nichts daran, dass bereits durch die Erlassung der Strafverfügung eine gemäß § 31 Abs. 1 VStG taugliche Verfolgungshandlung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist nach § 31 Abs. 2 leg. cit. vorgenommen worden sei. Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers sei es daher zulässig und auch geboten, im angefochtenen Straferkenntnis eine Spruchkorrektur vorzunehmen.
7 Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht zusammenfassend aus, § 99 Abs. 2e StVO sehe u.a. für Geschwindigkeitsüberschreitungen außerhalb des Ortgebietes um mehr als 50 km/h eine Strafe von EUR 150,-- bis zu EUR 2.180,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu 6 Wochen, vor. Das vom Revisionswerber gelenkte Fahrzeug sei mittels eines technischen Messgerätes einer Geschwindigkeitsmessung unterzogen worden, wobei nach Abzug der Messtoleranz eine Fahrgeschwindigkeit von 135 km/h festgestellt worden sei. Somit habe das Ausmaß der Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h immerhin 65 km/h betragen. Es könne als bekannt vorausgesetzt werden, dass Geschwindigkeitsüberschreitungen, insbesondere in dem hier gegebenen sehr hohen Ausmaß, dem Rechtsgut "Verkehrssicherheit" sehr abträglich seien. Der Strafrahmen gelte außerhalb des Ortgebietes bereits ab einem Überschreitungsausmaß von 50 km/h, der Revisionswerber habe diese "Untergrenze" jedoch bedeutsam überschritten. Die nach der Anklage gegebene bisherige Unbescholtenheit des Revisionswerbers sei von der belangten Behörde in ausreichendem Maß berücksichtigt worden. Für eine Strafreduzierung finde sich daher kein Ansatz.
8 Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.
9 Die gegen dieses Erkenntnis beim Verfassungsgerichtshof
erhobene Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom 25. Februar 2019, E 3226/2018-21, abgelehnt und über nachträglichen Antrag des Revisionswerbers dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
10 Nunmehr hat der Revisionswerber wegen Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtes, wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften Revision gegen das angefochtene Erkenntnis erhoben.
11 Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht hat von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung abgesehen; der Revisionswerber hat eine weitere Äußerung eingebracht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
12 Als zulässig erachtet der Revisionswerber die Revision im Wesentlichen, weil das Verwaltungsgericht über seine Beschwerde gegen die als Straferkenntnis bezeichnete Erledigung der belangten Behörde nicht in der Sache hätte entscheiden dürfen, zumal das Straferkenntnis vom 3. Juli 2017 nicht den in § 44a VStG geforderten Anforderungen entspreche. Das Verwaltungsgericht hätte die Beschwerde mangels tauglichen Anfechtungsgegenstandes mit Beschluss zurückweisen müssen. Weiters habe das Verwaltungsgericht gegen das Doppelbestrafungsverbot verstoßen, indem es bei der Strafbemessung berücksichtigt habe, dass der Revisionswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit bedeutend überschritten habe. 13 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
14 Gemäß § 99 Abs. 2e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von EUR 150,-- bis EUR 2.180,--, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet. 15 Unter den Voraussetzungen des § 47 Abs. 1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren durch Strafverfügung eine Geldstrafe bis zu EUR 600,-- festsetzen.
16 Nach § 49 Abs. 1 VStG kann der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben. Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten (§ 49 Abs. 2 VStG). Richtet sich der Einspruch nicht nur gegen das Ausmaß der verhängten Strafe oder die Entscheidung über die Kosten, tritt durch den Einspruch die gesamte Strafverfügung außer Kraft.
17 Das im dritten Abschnitt des VStG geregelte ordentliche Verfahren ist, wenn es nicht zu einer Einstellung oder einer Ermahnung kommt (§ 45 VStG), mit Straferkenntnis zu erledigen. Der Spruch des Straferkenntnisses hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, den Anforderungen des § 44a VStG zu entsprechen.
18 § 44a VStG lautet:
"Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:
bereits für den anzuwendenden Strafsatz relevant, weshalb dieses Kriterium nicht auch noch in die Strafbemessung hätte einfließen dürfen. Der Gesetzgeber hat die mit einer erhöhten Geschwindigkeitsüberschreitung einhergehenden Umstände bereits durch die Gliederung der Absätze in § 99 StVO mit ihren unterschiedlichen Strafrahmen entsprechend gewichtet (vgl. erneut VwGH 23.1.2019, Ra 2018/02/0284; 6.7.2015, Ra 2015/02/0042). Aus diesen Erwägungen erweist sich der Strafausspruch des angefochtenen Erkenntnisses als mit Rechtswidrigkeit belastet. 30 Das angefochtene Erkenntnis war aus diesem Grund wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.