Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision der I GmbH in I, vertreten durch Dr. Paul Delazer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maximilianstraße 2/1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 7. April 2017, Zl. W208 2123814- 1/5E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen
1 Unbestritten ist, dass mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 19. August 2013 eine Teilfläche eines Grundstückes zugunsten der Revisionswerberin enteignet und die Enteignungsentschädigung mit EUR 485.646,-- festgesetzt wurde. Die Revisionswerberin beantragte hierauf die gerichtliche Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung mit dem Betrag von EUR 215.600,--. Mit Beschluss vom 3. Juli 2015 setzte das Landesgericht Innsbruck die Entschädigung mit dem Betrag von EUR 424.174,-- fest, wogegen beide Parteien des Entschädigungsverfahrens Rekurs erhoben. Mit Beschluss vom 1. Oktober 2015 gab das Oberlandesgericht Innsbruck beiden Rekursen Folge und sprach aus, dass der angefochtene Beschluss, der im Umfang der Festsetzung der Enteignungsentschädigung der Antragsgegnerin mit EUR 215.600,-- in Teilrechtskraft erwachsen sei, im Umfang der Anfechtungen aufgehoben und die Rechtssache insoweit zur neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen werde. In dem vor dem Landesgericht Innsbruck fortgesetzten Verfahren schlossen die Parteien am 20. November 2015 einen Vergleich, in dem sie festhielten, dass Einigkeit über die Höhe der der Antragsgegnerin zustehenden Enteignungsentschädigung bestehe und im Hinblick auf die bereits im Vorstadium geleisteten Zahlung sich die Antragsgegnerin verpflichte, der Antragstellerin (der Revisionswerberin) den Betrag von EUR 61.490,-- zu bezahlen.
2 Gegen den Zahlungsauftrag vom 4. Februar 2016, mit dem der Revisionswerberin auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 215.600,-- die Gebühr nach TP 12 lit. d Z. 2 GGG in Höhe von EUR 3.234,-- sowie die Gebühr für den Rekurs gemäß TP 12a lit. a GGG in der Höhe von EUR 6.468,-- zuzüglich einer Einhebungsgebühr vorgeschrieben wurde, erhob die Revisionswerberin Vorstellung. Mit Bescheid vom 3. März 2016 schrieb der Präsident des Landesgerichtes Innsbruck der Revisionswerberin die Gebühr nach TP 12 lit. b Z. 2 GGG auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 215.600,-- in Höhe von EUR 3.234,-- sowie die Gebühr für den Rekurs nach TP 12a lit. a GGG in Höhe von EUR 6.468,-- zuzüglich der Einhebungsgebühr vor, wogegen die Revisionswerberin Beschwerde erhob.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG mit der Maßgabe ab, dass der Revisionswerberin auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 424.174,-- Pauschalgebühr nach TP 12 lit d Z. 2 GGG in Höhe von EUR 6.363,-- sowie die Rechtsmittelgebühr nach TP 12a lit. a GGG in Höhe von EUR 12.724,--
zuzüglich einer Einhebungsgebühr vorgeschrieben werde. Weiters sprach das Gericht aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
4 In rechtlicher Hinsicht führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, Beschwerdegegenstand sei im vorliegenden Fall die rechtskonforme Berechnung der Pauschalgebühren nach TP 12 lit. d und TP 12a lit. a GGG in der Fassung vor der Aufhebung durch den Verfassungsgerichtshof mit Ablauf des 31. Dezember 2015. Das Verwaltungsgericht habe aufgrund seiner meritorischen Entscheidungspflicht auch eine allfällige nicht rechtskonforme Heranziehung der falschen Bemessungsgrundlage zum Nachteil der Revisionswerberin aufzugreifen. Unter auszugsweiser Zitierung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. August 2013, 2010/16/0271, schloss das Verwaltungsgericht, aus dieser Rechtsprechung ergebe sich, dass weder der Ansicht der Revisionswerberin noch jener der (vor dem Verwaltungsgericht) belangten Behörde zu folgen sei. Der Entschädigungsbetrag bei Beendigung des erstinstanzlichen Verfahrens sei unstrittig EUR 424.174,-- gewesen. Dieser Betrag stelle folglich die Bemessungsgrundlage für die Berechnung sowohl der Gebühren nach TP 12 als auch jener nach TP 12a GGG dar. Auf die letztlich rechtskräftige (verglichene) Entschädigungssumme komme es vor dem Hintergrund der im Revisionsfall maßgebenden Rechtslage nicht an, wobei die Entschädigungssumme im vorliegenden Fall aufgrund des Vergleiches ebenfalls EUR 424.174,-- betrage. Dem angefochtenen Bescheid haftet daher vor diesem Hintergrund eine Rechtswidrigkeit im Sinn des Art. 130 Abs. 1 Z. 1 B-VG an, weil die belangte Behörde die falsche Bemessungsgrundlage herangezogen und in der Folge eine nicht rechtskonforme Gebühr berechnet habe. Wenngleich für die Revisionswerberin daraus letztlich nichts zu gewinnen sei, weil sie nun eine höhere Gebühr zu entrichten habe als ursprünglich vorgeschrieben, sei der Spruch gesetzeskonform abzuändern.
5 Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Verwaltungsgericht damit, weder weiche das angefochtene Erkenntnis von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab noch fehle es an einer solchen; weiters sei die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Es lägen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
6 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht verletzt, dass die Pauschalgebühren auf einer Bemessungsgrundlage von EUR 61.490,-- ermittelt würden. Die Zulässigkeit der Revision erblickt die Revisionswerberin darin, es fehle eine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, was unter dem ermittelten Entschädigungsbetrag im Sinn der TP 12 lit. d Z. 2 GGG zu verstehen sei. Es kämen hier "verschiedene Ansätze in Betracht", wenn wie hier ein Vergleich geschlossen worden sei. Darüber hinaus missachte das Erkenntnis § 27 VwGVG, wonach - im Gegensatz zu § 66 Abs. 4 AVG - das Verwaltungsgericht den Bescheid nicht in jede Richtung abändern dürfe, sondern nur im Rahmen des Prüfungsumfangs. Die Beschränkung des Prüfungsumfanges könne im Einzelfall wie ein Verbot der reformatio in peius wirken. Schließlich gehe das Verwaltungsgericht darin fehl, dass es einen Betrag von EUR 424.174,-- als Bemessungsgrundlage heranziehe, obwohl dieser Betrag weder vom Gericht ermittelt noch zwischen den Parteien verglichen worden sei.
7 Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
8 Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass eine Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision nach § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
9 Unbestritten ist, dass im erstinstanzlichen Verfahren die Enteignungsentschädigung mit dem Betrag von EUR 424.174,-- ermittelt worden war. Der im Vergleich vom 20. November 2015 genannte Betrag von EUR 61.490,-- betrifft die Rückzahlungsverpflichtung der Enteignungs- und Antragsgegnerin von dem von ihr enthaltenen Entschädigungsbetrag von EUR 485.646,--, sodass sich sowohl der vom Erstgericht im ersten Rechtsgang ermittelte Entschädigungsbetrag als auch der letztlich verglichene Entschädigungsbetrag auf EUR 424.174,-- belief, womit vor dem Hintergrund des klaren Wortlautes der Tarifpost 12 sowie der (bis zum Ablauf des 31. Dezember 2015 in Geltung stehenden) Tarifpost 12a GGG die Bemessungsgrundlage mit dem in Rede stehenden Betrag von EUR 424.174,-- heranzuziehen war.
10 Weiters fand die Frage der Zulässigkeit einer reformatio in peius vor dem Hintergrund des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes bereits mehrfach Antwort durch den Verwaltungsgerichtshof dahingehend, dass im Beschwerdeverfahren nach dem VwGVG - mit Ausnahme von Verwaltungsstrafsachen - nicht das Verbot der reformatio in peius gilt (vgl. die Erkenntnisse vom 30. Juni 2015, Ra 2015/21/0002, mwN, vom 17. Dezember 2015, Ro 2015/08/0026, sowie vom 28. April 2016, Ra 2015/07/0057; vgl. auch Zorn , Leitentscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zur neuen Verwaltungsgerichtsbarkeit, ZVG 2017, 36 und 38; vgl. zur Rechtslage vor dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Anpassungsgesetz - Justiz - VAJu, BGBl. I Nr. 190/2013, ausdrücklich § 7 Abs. 3 GEG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 in Geltung stehenden Fassung sowie die Erkenntnisse vom 5. November 1952, 2202/50 = Slg. 659/F, und vom 11. Dezember 1986, 86/16/0028).
11 Die vorliegende Revision ist daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 29. Juni 2017