JudikaturVwGH

Ra 2017/16/0025 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
30. Mai 2017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, in der Revisionssache des J S in W, vertreten durch Dr. Elmar Kresbach, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schottengasse 4/4/29, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 29. November 2016, Zl. RV/7103071/2016, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Wien 8/16/17), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis zog das Bundesfinanzgericht den Revisionswerber im Instanzenzug zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der G. GmbH in Höhe von 698.203,53 EUR heran und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

2 Der Revisionswerber habe die Gesellschaft seit 17. Juni 2003 als alleiniger handelsrechtlicher Geschäftsführer vertreten und sei mit Gesellschafterbeschluss vom 29. Mai 2009 mit sofortiger Wirkung von dieser Funktion abberufen worden. Als handelsrechtlicher Geschäftsführer sei er verpflichtet gewesen, für die Einhaltung der steuerlichen Vorschriften im Zeitraum seiner Geschäftsführung Sorge zu tragen. Diese Pflicht habe der Revisionswerber nicht erfüllt, weshalb er für die noch offenen bei der Primärschuldnerin uneinbringlichen Abgaben für Zeiträume der Jahre 2006 bis 2008 hafte.

3 Die dagegen erhobene außerordentliche Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem Verwaltungsgerichtshof vor.

4 Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

5 Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

6 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 Der Revisionswerber trägt zur Zulässigkeit seiner Revision vor, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege im Revisionsfall vor,

"weil zum angefochtenen Erkenntnis eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt bzw. die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird, dies insbesondere dahingehend, inwieweit eine Pflichtverletzung eines nur rechtlich bestellten Geschäftsführers - der ohne sein Verschulden zu dieser Funktion kam - und sohin nach der in der Entscheidung zitierten Rechtsprechung eine Haftung angenommen werden kann".

Der Revisionswerber sei zwar als Geschäftsführer der G. GmbH bestellt gewesen, faktisch habe jedoch eine andere Person, nämlich R.T., als Geschäftsführer fungiert.

9 Dass die Bestellung eines "Geschäftsführers auf dem Papier" an seiner Stellung als Organwalter und am Bestand der ihn nach § 80 BAO treffenden Pflichten nichts ändert, hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wiederholt zum Ausdruck gebracht. Auf den Grund der Übernahme der Geschäftsführerfunktion sowie allfällige Einflüsse Dritter auf die Geschäftsführung kommt es nicht an (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. März 2015, 2013/16/0166, und vom 23. März 2010, 2009/13/0078; vgl. auch Fischerlehner, Abgabenverfahren2, Anmerkung 1 zu § 9 BAO, und Ritz, BAO5, § 9 Rz 1).

10 Der Revisionswerber wirft somit keine Frage auf, welcher iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

11 Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 30. Mai 2017

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