JudikaturVwGH

Ra 2016/06/0016 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
21. März 2016

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Ing. S, vertreten durch Mag. Gerd Egner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 16. Dezember 2015, Zlen. LVwG 50.17-2910/2015-8 und LVwG 40.17-3186/2015-4, und den Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Deutschlandsberg vom 28. September 2015, Zl. 030-000/B2015072/GeH/WiE, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeinderat der Stadtgemeinde Deutschlandsberg; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Partei: E GmbH, vertreten durch Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

1 Mit dem Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Deutschlandsberg vom 28. September 2015 wurde die Berufung des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Deutschlandsberg vom 14. Juli 2015, mit dem der mitbeteiligten Partei die baurechtliche Bewilligung für die Erweiterung eines näher genannten Windparks erteilt worden war, als unbegründet abgewiesen. Mit dem Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom 16. Dezember 2015 (an diesem Tag mündlich verkündet, in der Folge dem Revisionswerber auch schriftlich zugestellt) wurde die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den genannten Bescheid des Gemeinderates der Stadtgemeinde Deutschlandsberg als unbegründet abgewiesen.

2 Begründet wird der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung im Wesentlichen damit, dass diverse Rechtsakte betreffend die Grundflächen, auf denen das Bauvorhaben verwirklicht werden solle, nichtig bzw. rechtswidrig seien. Dadurch werde in das Eigentumsrecht des Revisionswerbers eingegriffen. Es werde für jegliche Erweiterung des Windparks die aufschiebende Wirkung beantragt, bis die Sachlage und der Schaden bzw. die rechtswidrigen Verbindlichkeiten für das Miteigentum des Revisionswerbers beziffert werden könnten. Der Revisionswerber plane selbst Windenergieanlagen auf seinem Grundstück und habe dazu bereits Projektschritte eingeleitet, wie etwa den Antrag auf Flächenumwidmung.

3 Die Stadtgemeinde Deutschlandsberg sprach sich in einer Stellungnahme vom 10. Februar 2016 gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Öffentliche Interessen seien durch die Verwirklichung des Energieplans und die ausreichende Versorgung mit Energie gegeben. Es lägen keine im Baugesetz geschützten Interessen des Revisionswerbers vor bzw. sei diesen durch die Vorschreibung von Abständen vollinhaltlich Rechnung getragen worden. Nachteilige Wirkungen durch einen raschen Vollzug seien für den Revisionswerber nicht erkennbar.

4 Die mitbeteiligte Partei wandte sich in einer Stellungnahme vom 23. Februar 2016 ebenfalls gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ausgeführt wurde im Wesentlichen, die mitbeteiligte Partei habe bereits EUR 160.000,-- in die Realisierung des Vorhabens investiert. Die Kosten würden sich durch eine Verzögerung der Realisierung deutlich erhöhen. Bislang habe keine Förderzusage nach dem Ökostromgesetz erwirkt werden können. Durch die aufschiebende Wirkung würde sich der Abschluss eines Fördervertrags verzögern. Für das Vorhaben könnte damit bloß ein Fördervertrag mit niedrigeren Einspeisetarifen erwirkt werden, was die Rentabilität des Vorhabens deutlich verschlechterte. Als besonderes öffentliches Interesse sei von den Behörden angenommen worden, dass das Land Steiermark das gegenständliche Gebiet im Sachprogramm Wind als Eignungszone ausgewiesen habe, dass durch die Errichtung der gegenständlichen Anlage eine CO2-freie Erzeugung von elektrischer Energie sichergestellt sei, womit die Erzeugung mit Kohle und Öl zumindest teilweise substituiert werde, und dass durch die Errichtung die Auslandsabhängigkeit von der Energieversorgung verringert und damit den EU-rechtlichen Vorgaben und dem Ökostromgesetz 2002 entsprochen werde.

5 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

6 Zu beachten ist zunächst, dass es im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses geht, sondern einzig und allein um die Auswirkungen eines (möglichen) sofortigen Vollzuges dieses Erkenntnisses (vgl. den hg. Beschluss vom 8. Juni 2012, Zl. AW 2012/05/0021).

7 Abgesehen davon, dass im gegenständlichen Fall gewisse Interessen öffentlicher Art im Hinblick auf die Energieversorgung durch Windkraft dargelegt wurden, ist grundsätzlich und auch im Hinblick auf die von der mitbeteiligten Partei dargelegten Aufwendungen davon auszugehen, dass ein Interesse eines Bauwerbers an der möglichst raschen Realisierung seines Bauvorhabens besteht (vgl. den hg. Beschluss vom 13. Jänner 2014, Zl. AW 2013/06/0060, mwN).

8 Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Übrigen allgemein davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch einen Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. z. B. den zitierten hg. Beschluss vom 13. Jänner 2014, mwN).

9 Während grundsätzlich, wie bereits dargestellt, die Interessen des Bauwerbers an der Umsetzung der Baubewilligung auf der Hand liegen, hat der Revisionswerber nicht substantiiert dargelegt, dass bzw. weshalb die Bauführung irreversible Veränderungen mit sich brächte. Insofern ist nicht ersichtlich, weshalb der durch die Ausübung der Berechtigung zu erwartende Nachteil unverhältnismäßig sein sollte (vgl. den zitierten hg. Beschluss vom 13. Jänner 2014).

10 Dem Antrag musste daher ein Erfolg versagt bleiben.

Wien, am 21. März 2016

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