JudikaturVwGH

Ro 2015/10/0013 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Entscheidung

Entscheidung
16. Dezember 2015

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des A W in Wien, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 8/1/1-3, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 7. Oktober 2014, Zl. VGW- 022/045/7336/2014-7, betreffend Bestrafung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Der Revisionswerber wendet sich zunächst gegen die Berichtigung der im Straferkenntnis enthaltenen Tatzeit 19. Oktober 2011 durch das Verwaltungsgericht auf 17. Oktober 2011 und macht dazu geltend, der Umstand, dass ihm am 17. Oktober 2012 der gesamte Akteninhalt zur Kenntnis gebracht worden sei, habe die Verfolgungsverjährung nicht unterbrechen können, weil kein Aktenbestandteil den Vorwurf enthalte, er habe die gegenständlichen Fruchtsaftflaschen am 17. Oktober 2011 in Verkehr gebracht. Auch in der Anzeige werde als Tatzeit ausdrücklich der 19. Oktober 2011 genannt.

Eine Auswechslung der Tatzeit durch das Verwaltungsgericht ist grundsätzlich nicht zulässig (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom 5. November 2014, Zl. Ra 2014/09/0018). Das Verwaltungsgericht ist jedoch - ebenso wie vor der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle die Berufungsbehörde - berechtigt, eine im Straferkenntnis unrichtig wiedergegebene Tatzeit zu berichtigen, wenn das Versehen für die Partei ohne weiteres erkennbar war und die richtige Tatzeit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist dem Beschuldigten vorgehalten worden ist (vgl. etwa die bei Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze I2 E 250 zu § 66 AVG wiedergegebene hg. Judikatur; ebenso Kolonovits/Muzak/Stöger , Verwaltungsrecht10, Rz 1217).

Im vorliegenden Fall wurde in der Anzeige vom 7. Februar 2012 zwar als "Tatzeit (Datum der Kontrolle und Probenziehung)" der 19. Oktober 2011 bezeichnet, jedoch wird darin ausgeführt, dass die in Rede stehenden Lebensmittel am 17. Oktober 2011 von der Gesellschaft, für die der Revisionswerber verantwortlich ist, geliefert worden seien. Ein Hinweis, dass die beanstandeten Lebensmittel am 17. Oktober von dieser Gesellschaft geliefert wurden, findet sich in zwei weiteren Aktenstücken (AS 12 und 13 des Aktes der belangten Behörde). Aus diesen Aktenbestandteilen ergibt sich somit eindeutig, dass die dem Revisionswerber angelastete In-Verkehr-Bringung der gegenständlichen Lebensmittel - entgegen der offenbar irrtümlichen Annahme der belangten Behörde im Straferkenntnis - bereits am 17. Oktober 2011 erfolgte. Diese Schriftstücke wurde dem Revisionswerber am 17. Oktober 2012, sohin innerhalb der gemäß § 90 Abs. 7 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz - LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006, auf ein Jahr verlängerten Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten.

Vor dem Hintergrund der oben dargestellten hg. Judikatur ist für die Überprüfung der Ansicht des Verwaltungsgerichtes, dass es im vorliegenden Fall zur Berichtigung der Tatzeit berechtigt gewesen sei, die Lösung einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht erforderlich.

Nach dem eindeutigen Wortlaut von § 5 Abs. 2 Z. 3 LMSVG sind - wahre - Angaben, durch die zu verstehen gegeben wird, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaften besitzt, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besitzen, zur Irreführung geeignet.

Dem angefochtenen Erkenntnis liegt die Auffassung zugrunde, der unstrittig mehrfach und in augenfälliger Weise angebrachte Hinweis "ohne Zusatz von Konservierungsmitteln" auf den gegenständlichen Produkten, gebe einem durchschnittlich informierten und verständigen Verbraucher zu verstehen, dass das Lebensmittel besondere Eigenschaft besitze, obwohl derartige Produkte ohnehin keine Konservierungsmittel enthalten dürften und somit alle vergleichbaren Lebensmittel dieselben Eigenschaften besäßen.

Diese für den vorliegenden Einzelfall getroffene Entscheidung wirft ebenfalls keine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage auf.

Dazu, dass für die Lösung derartiger Fragen weder eine Verbraucherbefragung noch ein Sachverständigengutachten erforderlich ist, siehe das hg. Erkenntnis vom 22. März 1999, Zl. 98/10/0420.

Da somit keine Rechtsfragen aufgeworfen werden, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, war die Revision zurückzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2015

Rückverweise