Ra 2023/19/0312 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Rein technische Vorgänge beim Abfertigen von Schriftstücken kann ein Rechtsanwalt ohne nähere Beaufsichtigung einer ansonsten verlässlichen Kanzleikraft überlassen. Solche Vorgänge sind etwa die Kuvertierung, die Beschriftung eines Kuverts oder die Postaufgabe, also manipulative Tätigkeiten (vgl. VwGH 17.3.2021, Ra 2021/14/0054, mwN). Bei der kanzleimäßigen Bestimmung einer Rechtsmittelfrist und ihrer kalendarischen Vormerkung handelt es sich jedoch nicht um einen solchen rein manipulativen Vorgang. Wenn der Parteienvertreter die Rechtsmittelfrist damit nicht selbst kalendermäßig konkret bestimmt, sondern diese Bestimmung der Frist seinen Kanzleiangestellten überlässt, so obliegt es ihm im Rahmen der gebotenen Überwachungspflicht jedenfalls, diesen Vorgang bzw. die richtige Eintragung im Kalender zu kontrollieren. Stichprobenartige Überprüfungen sind im Allgemeinen nicht ausreichend (vgl. VwGH 23.5.2022, Ra 2022/14/0049, mwN).