Ra 2022/07/0025 9 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Es kann dem unionsrechtlichen Gesetzgeber angesichts des Zieles der UVP-RL nicht zugesonnen werden, dass er eine dieser nach dem Wortlaut unzweifelhaft gleichrangigen Verfahrensvarianten des Art. 4 Abs. 2 UVP-RL zur Beurteilung der UVP-Pflicht hinsichtlich der Kumulation von Vorhaben an unterschiedlich strenge Voraussetzungen knüpfen wollte. Zu eben diesem Ergebnis würde jedoch eine Auslegung dahingehend führen, dass jene in der Rechtssache C- 531/13, Marktgemeinde Straßwalchen u.a. festgehaltene, zum inhaltsgleichen Art. 4 Abs. 2 der Vorgänger-RL [Richtlinie 85/337] zur gegenständlich anzuwendenden UVP-RL ergangene Judikatur, wonach die Pflicht zur Prüfung der Auswirkungen, die ein Projekt zusammen mit anderen haben könnte, nicht alleine auf gleichartige Projekte beschränkt ist (EuGH 11.2.2015, Marktgemeinde Straßwalchen u.a., C-531/13), nur bei einer Einzelfallprüfung und nicht auch bei der Prüfung des Erreichens der Schwellenwerte zu berücksichtigen wäre. Darüber hinaus könnte diese gerade beschriebene Auslegung bei einer Umsetzung, bei der die beiden Verfahren der Einzelfalluntersuchung und der Festlegung von Schwellenwerten als einander nachfolgende Prüfungen kombiniert werden, wie nach innerstaatlichem Recht, zu dem paradoxen und zweckwidrigen Ergebnis führen, dass Vorhaben bei der vorangegangenen Prüfung des Erreichens des Schwellenwertes nicht miteinzuberechnen wären, aber sehr wohl im darauffolgenden Schritt der Einzelfallprüfung. Ein derartiger Wille kann dem unionsrechtlichen Gesetzgeber nicht unterstellt werden.