Ra 2020/21/0090 1 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Schubhaft darf stets nur "ultima ratio" sein, sodass ihre Verhängung zu unterbleiben hat, wenn das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann (vgl. VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0243). Angesichts der starken familiären Verankerung des Fremden in Österreich - hier leben seine Lebensgefährtin und seine beiden Kinder, die alle Flüchtlingsstatus haben - war im vorliegenden Fall das gelindere Mittel der periodischen Meldeverpflichtung naheliegend. Die dafür erforderliche Kooperationsbereitschaft hätte das VwG nicht ohne Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung verneinen dürfen; insofern lag kein geklärter Sachverhalt iSd. § 21 Abs. 7 BFA-VG 2014 vor (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2016/21/0229; VwGH 31.8.2017, Ra 2017/21/0146). Zwar ist nicht in allen Fällen die Durchführung einer mündlichen Verhandlung zur Verschaffung eines persönlichen Eindrucks erforderlich, um die konkrete Fluchtgefahr - insbesondere im Hinblick auf eine mangelnde Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Fremden - beurteilen zu können; sie lässt sich vielmehr auch aus einem einschlägigen Vorverhalten ableiten (vgl. VwGH 5.11.2020, Ra 2020/21/0287).