Antrag auf internationalen Schutz eines türkischen Staatsangehörigen wegen Verfolgung durch die Gülen-Bewegung und Erdbebenfolgen—BVwG Entscheidung
I423 2294351-121. Oktober 2024
…im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit mit Verfolgungshandlungen rechnen müsste (Aktualität der Verfolgung; vgl. VwGH 06.04.2020, Ra 2019/01/0443; VwGH 25.09.2018, Ra 2017/01/0203). 3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als "Verfolgung" iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen, sondern nur solche, die in ihrer Gesamtheit zu einer schwerwiegenden Verletzung grundlegender Menschenrechte der Betroffenen führen (vgl. Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU (Statusrichtlinie); VwGH 22.03.2017, Ra 2016/19/0350). Als Verfolgungshandlungen definiert zum einen Art. 9 Abs. 1 lit. a der Statusrichtlinie solche, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen. Zum anderen kann nach Art. 9 Abs. 1 lit. b der Statusrichtlinie die Verfolgungshandlung aber auch in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der unter lit. a beschriebenen Weise betroffen ist (VwGH 31.08.2022, Ra 2021/18/0366). Bestimmte Benachteiligungen (wie etwa allgemeine Geringschätzung durch die Bevölkerung, Schikanen, gewisse Behinderungen in der Öffentlichkeit) bis zur Erreichung einer Intensität, dass deshalb ein Aufenthalt der Beschwerdeführer im Heimatland als unerträglich anzusehen wäre (vgl. VwGH 07.10.1995, 95/20/0080; VwGH 23.05.1995, 94/20/0808), sind der Rechtsprechung zufolge hinzunehmen. Wie im gegenständlichen Fall bereits in der Beweiswürdigung erörtert wurde, brachte der Beschwerdeführer keine glaubhafte konkret gegen ihn gerichtete Bedrohungs- oder Verfolgungshandlung in der Türkei vor. Der Beschwerdeführer wurde zweimal zu seiner Tante und dem Onkel bzw. seinem Aufenthalt in einem Heim der Gülen-Bewegung befragt. Die polizeiliche Befragung ohne weitere Einschränkungen gegen ihn allein begründet keine Verfolgung wegen eines in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Grundes. Insbesondere hat er damit nicht aufgezeigt, dass er wegen seiner persönlichen politischen Einstellung bedroht worden wäre, ging es bei der Befragung nicht um seine Rolle oder Beweggründe, als Schüler in diesem Heim für Prüfungen gelernt zu haben, sondern war Zweck der Befragung die Angabe von Namen anderer Anhänger. Zudem fehlt es am zeitlichen Zusammenhang mit dem Ausreisedatum und begründet das eigentliche Motiv für das Verlassen der Türkei, nämlich die psychische Belastung nach dem schweren Erdbeben im Februar 2023, keine Asylrelevanz. Da eine aktuelle oder zum Fluchtzeitpunkt bestehende asylrelevante Verfolgung auch sonst im Rahmen des Ermittlungsverfahrens nicht hervorgekommen, notorisch oder amtsbekannt ist, ist davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer keine Verfolgung aus in den in der GFK genannten Gründen droht. Nachteile, die auf die in einem Staat allgemein vorherrschenden politischen, wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen zurückzuführen sind, stellen ebenso wie allfällige persönliche und wirtschaftliche Gründe keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention dar. Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG 2005 erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233). Im Ergebnis gibt es bei Zugrundelegung des Gesamtvorbringens des Beschwerdeführers keine Anhaltspunkte dafür, dass er bei einer Rückkehr in die Türkei maßgeblich wahrscheinlich Gefahr laufen würde, einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt zu sein. Die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt jedenfalls nicht, um den Status des Asylberechtigten zu erhalten (VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100). 3.2. Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids): 3.2.1. Rechtslage Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden. Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 leg. cit. offen steht. Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art. 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl. VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; VwGH 31.05.2005, 2005/20/0095, VwGH 31.03.2005, 2002/20/0582). Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art. 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; VwGH 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solch exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl. VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; VwGH 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua). 3.2.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall Dem Beschwerdeführer droht in der Türkei – wie bereits unter Punkt II. 2.3.1. dargelegt wurde – keine asylrelevante Verfolgung. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich, dass auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 hinsichtlich dem Beschwerdeführer nicht gegeben sind, wie umfassend unter Punkt II. 2.3.2. erörtert wurde. Daher war die Beschwerde gegen Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen. 3.3. Zur Nichterteilung einer Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids): Indizien dafür, dass der Beschwerdeführer einen Sachverhalt verwirklicht, bei dem ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) zu erteilen wäre, sind weder vorgebracht worden, noch hervorgekommen: Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 1a FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich des Spruchpunktes III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 57 AsylG 2005 als unbegründet abzuweisen war. 3.4. Zur Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheids): 3.4.1 Rechtslage Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird. Gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, wenn dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere die in § 9 Abs. 2 Z 1 bis 9 BFA-VG aufgezählten Gesichtspunkte zu berücksichtigen (die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, der Grad der Integration, die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, die strafgerichtliche Unbescholtenheit, Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist). 3.4.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall Wie oben ausgeführt, war ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 (Aufenthaltstitel besonderer Schutz) nicht zu erteilen. Zu prüfen ist daher, ob eine Rückkehrentscheidung mit Art. 8 EMRK vereinbar ist, weil sie nur dann zulässig wäre und nur im verneinenden Fall ein Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht käme. Die Vereinbarkeit mit Art. 8 EMRK ist aus folgenden Gründen gegeben: Das vorliegende Asylverfahren des Beschwerdeführers dauerte, gerechnet von der Antragstellung am 11.05.2023 bis zum Datum der Entscheidung durch die belangte Behörde vom 15.05.2024 ein Jahr bzw. bis zur gegenständlichen Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht knapp eineinhalb Jahre, was nicht als überlange Verfahrensdauer angesehen werden kann. Dessen ungeachtet beruhte der seit der Antragstellung andauernde Aufenthalt des Beschwerdeführers auf einer vorläufigen, nicht endgültig gesicherten rechtlichen Grundlage, weshalb dieser während der gesamten Dauer des Aufenthaltes in Österreich nicht darauf vertrauen durfte, dass er sich auf rechtlich gesicherte Weise bleibend verfestigen kann. Das Gewicht seiner privaten Interessen wird daher dadurch gemindert, dass sie in einem Zeitpunkt entstanden, in dem er sich seines unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst war (vgl. etwa VwGH 05.03.2021, Ra 2020/21/0428). Zum knapp eineinhalbjährigen Aufenthalt im Bundesgebiet gilt festzuhalten, dass es sich selbst bei einer Aufenthaltsdauer im Bereich von drei Jahren um eine "außergewöhnliche Konstellation" handeln muss, um die Voraussetzungen für die Erteilung eines "Aufenthaltstitels aus Gründen des Art. 8 MRK" zur Aufrechterhaltung eines Privat- und Familienlebens gemäß § 55 AsylG 2005 zu erfüllen (vgl. VwGH 23.01.2020, Ra 2019/21/0306 mit Hinweis auf VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101; VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0049 und VwGH 10.4.2019, Ra 2019/18/0058). Dem Beschwerdeführer ist jedenfalls seine Integration am Arbeitsmarkt und die damit verbundene Selbsterhaltungsfähigkeit positiv anzurechnen. Außerdem sind seine Deutschkenntnisse trotz nicht bestandener Sprachprüfung in Österreich zu berücksichtigen. Anderweitige, über normale soziale Kontakte hinausgehende Integrationsaspekte waren ebenfalls nicht festzustellen. Hinsichtlich seiner Beziehung mit seiner Freundin bleibt zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer sein unsicherer Aufenthaltsstatus bewusst sein musste. Zudem lebt er mit ihr nicht in einem gemeinsamen Haushalt und führen sie keine familienähnliche Lebensgemeinschaft. Insgesamt konnte eine außergewöhnliche Konstellation darin nicht gesehen werden und ist eine entscheidungswesentliche Beeinträchtigung seiner familiären bzw. privaten Interessen nicht gegeben. Gleichzeitig hat der Beschwerdeführer zur Türkei, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt hat, kulturelle Verbindungen sowie ein verwandtschaftliches Netzwerk. Es wird dem Beschwerdeführer daher ohne unüberwindliche Probleme möglich sein, in der Türkei einen Wohnsitz zu nehmen, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und für seinen Lebensunterhalt aufzukommen. Allfällige mit der Rückkehrentscheidung verbundene Schwierigkeiten bei der Gestaltung seiner Lebensverhältnisse sind im öffentlichen Interesse an einem geordneten Fremdenwesen und an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit hinzunehmen (vgl. VwGH 29.06.2017, Ra 2016/21/0338). Auch kommt den öffentlichen Interessen an der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme – insbesondere gegen im Bundesgebiet aufhältige Fremde, denen nach für sie negativem Abschluss von Asylverfahren kein Aufenthaltsrecht mehr zukommt – maßgeblicher Stellenwert zu (vgl. VwGH 25.10.2023, Ra 2023/20/0125). Den privaten Interessen steht das öffentliche Interesse am Vollzug des geltenden Migrationsrechts gegenüber, wonach Personen, welche ohne Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhältig sind – gegebenenfalls nach Abschluss eines allfälligen Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz – auch zur tatsächlichen Ausreise verhalten werden. Das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Durchsetzung der geltenden Bedingungen des Einwanderungsrechts und an der Befolgung der den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften, denen aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung – und damit eines von Art. 8 Abs. 2 EMRK erfassten Interesses – ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. zB VwGH 30.04.2009, 2009/21/0086) überwiegt gegenständlich gegenüber den Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in Österreich. Seine strafgerichtliche Unbescholtenheit vermag seine persönlichen Interessen nicht entscheidend zu stärken (VwGH 25.02.2010, 2010/18/0029). Durch die Rückkehrentscheidung wird Art. 8 EMRK damit im Ergebnis nicht verletzt und ist im Sinne von § 9 Abs. 2 BFA-VG nicht als unzulässig anzusehen, weshalb auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 nicht in Betracht kommt. Die sonstigen Voraussetzungen einer Rückkehrentscheidung nach § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG sind erfüllt. Sie ist auch sonst nicht (zB vorübergehend nach Art. 8 EMRK, vgl. § 9 Abs. 3 BFA-VG und VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146) unzulässig. Der Beschwerdeführer verfügt auch über kein sonstiges Aufenthaltsrecht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes IV. des angefochtenen Bescheids gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG und § 52 Abs. 2 Z 2 FPG als unbegründet abzuweisen war. 3.5. Zur Zulässigkeit der Abschiebung in die Türkei (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids): 3.5.1 Rechtslage Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist mit der Rückkehrentscheidung gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellungen des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist. Die Abschiebung in einen Staat ist gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 EMRK oder deren 6. bzw 13. ZPEMRK verletzt würden oder für den Betroffenen als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes verbunden wäre. Gemäß § 50 Abs. 2 FPG ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort das Leben des Betroffenen oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder persönlichen Ansichten bedroht wäre, es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative. Nach § 50 Abs. 3 FPG ist die Abschiebung unzulässig, solange ihr die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. 3.5.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall Im vorliegenden Fall liegen keine Gründe vor, wonach die Abschiebung in den Herkunftsstaat gemäß § 50 Abs. 1 FPG unzulässig wäre. Ein inhaltliches Auseinanderfallen der Entscheidungen nach § 8 Abs. 1 AsylG 2005 (zur Frage der Gewährung von subsidiärem Schutz) und nach § 52 Abs. 9 FPG (zur Frage der Zulässigkeit der Abschiebung) ist ausgeschlossen. Damit ist es unmöglich, die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat im Rahmen der von Amts wegen zu treffenden Feststellung nach § 52 Abs. 9 FPG neu aufzurollen und entgegen der getroffenen Entscheidung über die Versagung von Asyl und subsidiärem Schutz anders zu beurteilen (vgl. dazu etwa VwGH 16.12.2015, Ra 2015/21/0119; VwGH 19.02.2015, Ra 2015/21/0005 und VwGH 30.06.2015, Ra 2015/21/0059 – 0062). Die Abschiebung ist auch nicht unzulässig im Sinne des § 50 Abs. 2 FPG, da dem Beschwerdeführer keine Flüchtlingseigenschaft zukommt. Weiters steht keine Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte der Abschiebung entgegen. Die in den angefochtenen Bescheiden getroffenen Feststellungen der Zulässigkeit der Abschiebung in die Türkei erfolgte daher zu Recht. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie hinsichtlich Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 52 Abs. 9 FPG abzuweisen war. 3.6. Zur Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheids): Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt nach § 55 Abs. 2 FPG 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen. Derartige „besondere Umstände“ wurden vom Beschwerdeführer nicht ins Treffen geführt und sind auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht hervorgekommen. Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, dass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes VI. des angefochtenen Bescheids gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG iVm § 55 Abs. 2 FPG abzuweisen war. Zu B) Unzulässigkeit der Revision: Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder fehlt es an einer Rechtsprechung zur Asylrelevanz eines Vorbringens, noch weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.). 3.1.2. Anwendung der Rechtslage auf den gegenständlichen Fall Nicht jede diskriminierende Maßnahme gegen eine Person ist als "Verfolgung" iSd Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK anzusehen…