Ra 2017/10/0134 6 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz
Die "Bedeutung und Tragweite" des Begriffs "Kernleistungen" iSd Art. 11 Abs. 4 der RL 2003/109/EG sind zu ermitteln "unter Berücksichtigung des Kontexts, in den sich dieser Artikel einfügt, und des mit dieser Richtlinie verfolgten Ziels", das "in der Integration der sich rechtmäßig und langfristig in den Mitgliedstaaten aufhaltenden Drittstaatsangehörigen" besteht (vgl. EuGH 24.4.2012, Kaberaj, C-571/10). Aus diesem Urteil lässt sich keineswegs ableiten, dass die Kernbedürfnisse Staatsangehöriger und langfristig aufenthaltsberechtigter Drittstaatsangehöriger jedenfalls durch dieselbe Leistungsart zu befriedigen wären. Wesentliches Ziel der Status-RL ist es demgegenüber, zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten gemeinsame Kriterien zur Bestimmung der Personen anwenden, die tatsächlich Schutz benötigen, und sicherzustellen, dass diesen Personen in allen Mitgliedstaaten ein "Mindestniveau von Leistungen" geboten wird (vgl. Erwägungsgrund 12 der Status-RL). Schon vor dem Hintergrund, dass die beiden Richtlinien die Rechtsstellung völlig unterschiedlicher Personengruppen regeln und die Bestimmung des Art. 29 Abs. 2 Status-RL überdies subsidiär Schutzberechtigte, also Personen mit einem provisorischen Aufenthaltsstatus, vor Augen hat, während Art. 11 Abs. 4 RL 2003/109/EG die Möglichkeit der Beschränkung auf den Bezug von "Kernleistungen" für langfristig Aufenthaltsberechtigte und somit für dauerhaft aufenthaltsberechtigte Personen (vgl. Art. 8 Abs. 1 RL 2003/109/EG) vorsieht, liegt es auf der Hand, dass dem in beiden Richtlinien verwendeten Begriff der "Kernleistung" nicht derselbe Begriffsinhalt zukommt.