JudikaturVwGH

Ro 2015/22/0010 2 – Verwaltungsgerichtshof (VwGH) Rechtssatz

Rechtssatz
19. April 2016

Eine Aufenthaltsgenehmigung kann nicht bereits deshalb als "förmlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigung" iSv Art. 3 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2003/109 angesehen werden, weil sie im Sinne des nationalen Rechts eines Mitgliedstaats förmlich begrenzt ist. Aus der förmlichen Begrenzung einer Aufenthaltsgenehmigung ergibt sich für sich genommen nicht, ob der Drittstaatsangehörige möglicherweise ungeachtet einer solchen Begrenzung im Mitgliedstaat langfristig ansässig wird. Somit kann, wenn nicht die Verwirklichung der mit der Richtlinie verfolgten Ziele gefährdet und dieser damit ihre praktische Wirksamkeit genommen werden soll, eine förmlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigung im Sinne des nationalen Rechts, deren förmliche Begrenzung den betreffenden Drittstaatsangehörigen aber nicht daran hindert, langfristig ansässig zu sein, nicht als förmlich begrenzte Aufenthaltsgenehmigung iSv Art. 3 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2003/109 eingestuft werden. Das vorrangige Ziel der Richtlinie ist die Integration von Drittstaatsangehörigen, die in den Mitgliedstaaten langfristig ansässig sind, und dass die Dauer des rechtmäßigen und ununterbrochenen Aufenthalts von fünf Jahren die Verwurzelung der betreffenden Person im Land belegt und somit, dass sie dort langfristig ansässig ist. Dem Umstand, dass eine Aufenthaltsgenehmigung immer wieder - auch über eine Dauer von fünf Jahren hinaus und insbesondere unbegrenzt - verlängert werden kann, kommt nur Indizwirkung ("wichtiges Indiz") dafür zu, dass die förmliche Begrenzung die langfristige Ansässigkeit nicht verhindert (vgl. EuGH Urteil 18. Oktober 2012, Rs C-502/10). Eine Aufenthaltsbewilligung "Künstler" nach § 61 NAG 2005 kann über eine Dauer von fünf Jahren hinaus und auch unbegrenzt verlängert werden (vgl. demgegenüber § 66 NAG 2005, der für Sozialdienstleistende eine davon abweichende - die Verlängerungsmöglichkeit ausschließende - Regelung enthält). Auch die Möglichkeit einer Zweckänderung auf einen (nach dem NAG 2005 zur Niederlassung berechtigenden) Aufenthaltstitel ist - bei Vorliegen der entsprechenden Erteilungsvoraussetzungen - für Inhaber einer Aufenthaltsbewilligung nach § 61 NAG 2005 nicht ausgeschlossen (siehe die Erläuterungen RV 330 BlgNR 24. GP 41 f). Ausgehend davon kann in der - die Definition des Begriffs "Niederlassung" nach § 2 Abs. 2 NAG 2005 einschränkenden - Regelung des § 2 Abs. 3 NAG 2005, wonach der Aufenthalt auf Grund einer Aufenthaltsbewilligung nicht als Niederlassung gilt, für sich genommen keine förmliche Begrenzung iSd Art. 3 Abs. 2 Buchst. e der Richtlinie 2003/109 gesehen werden. Weder ist ersichtlich noch wird aufgezeigt, dass die nationale Regelung geeignet wäre, zu verhindern, dass der Inhaber einer solchen Aufenthaltsbewilligung tatsächlich langfristig ansässig wird. Auch aus dem Umstand, dass eine Aufenthaltsbewilligung nur zum befristeten Aufenthalt berechtigt, lässt sich dafür nichts gewinnen, zumal auch - nach dem NAG 2005 zur Niederlassung berechtigende - Aufenthaltstitel zumeist bzw. zunächst nur befristet erteilt werden.

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