JudikaturVfGH

WIII1/2024 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
Öffentliches Recht
24. Juni 2025
Leitsatz

Aufhebung des Verfahrens zur Volksbefragung zum Thema "Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen im Gebiet der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya" zur Gänze

Spruch

Der Anfechtung wird stattgegeben.

Das Verfahren zur Volksbefragung am 10. März 2024 zum Thema "Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen im Gebiet der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya" wird zur Gänze aufgehoben.

Entscheidungsgründe

I. Sachverhalt, Anfechtung und amtswegiges Verordnungsprüfungsverfahren

1. In seiner Sitzung am 15. Jänner 2024 ordnete der Gemeinderat der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya gemäß §63 Abs1 NÖ Gemeindeordnung 1973 (im Folgenden: NÖ GO 1973) einstimmig die Durchführung einer Volksbefragung zum Thema "Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen im Gebiet der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya" an. Mit Kundmachung des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya vom 23. Jänner 2024, verlautbart durch Anschlag an der Amtstafel der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya vom 23. Jänner 2024 bis zum 11. März 2024, wurde die Volksbefragung gemäß §64 Abs1 NÖ GO 1973 für den 10. März 2024 ausgeschrieben. Sodann wurde am Sonntag, dem 10. März 2024 die Volksbefragung durchgeführt. Dabei entfielen von den 2.884 gültig abgegebenen Stimmen 1.493 Stimmen auf JA und 1.391 Stimmen auf NEIN. Dieses Ergebnis wurde im Sinne des §66 Abs1 NÖ GO 1973 am 10. März 2024 durch Anschlag an der Amtstafel der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya verlautbart.

2. Mit ihrer am 8. April 2024 eingebrachten, auf Art141 Abs1 lith B VG gestützten Anfechtung "des Verfahrens und Ergebnisses" der Volksbefragung beantragen dreizehn stimmberechtigte Gemeindebürger, die Volksbefragung im vollen Umfang für nichtig zu erklären und den Anfechtungswerbern Kostenersatz im gesetzlichen Ausmaß zuzusprechen.

3. Aus Anlass dieser Anfechtung leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 18. September 2024 gemäß Art139 BVG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der als Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya zu qualifizierenden Teile der Kundmachung vom 23. Jänner 2024, mit der die Durchführung der Volksbefragung angeordnet worden war, ein. In seinem in diesem Verordnungsprüfungsverfahren ergangenen Erkenntnis vom heutigen Tag, V99/2024, stellte der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit der Anfechtung fest und sprach aus, dass die als Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya zu qualifizierenden Teile der Kundmachung vom 23. Jänner 2024 mit dem Wortlaut

"Der Gemeinderat der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya hat in seiner Sitzung am 15.01.2024 aufgrund §63 Abs1 NÖ Gemeindeordnung 1973 an- geordnet:"

sowie

"VOLKSBEFRAGUNG

'Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen

im Gemeindegebiet der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya'"

sowie

"Die Frage der Volksbefragung lautet:

Soll der Gemeinderat die erforderlichen Maßnahmen im eigenen Wirkungs- bereich beschließen, damit 3 bis maximal 5 Windräder auf dem Gemeinde- gebiet der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya (Gebiet Predigtstuhl) errichtet und betrieben werden können?

O JA O NEIN",

verlautbart durch Anschlag an der Amtstafel vom 23. Jänner 2024 bis zum 11. März 2024, gesetzwidrig waren.

II. Erwägungen

1. Die vorliegende Anfechtung des Ergebnisses der am 10. März 2024 in der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya durchgeführten Volksbefragung ist zulässig (s VfGH 24.6.2025, V99/2024).

2. Der Anfechtung ist Folge zu geben:

Im Hinblick auf die mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom heutigen Tag, V99/2024, festgestellte Gesetzwidrigkeit der als Verordnung des Gemeinderates der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya zu qualifizierenden Teile der Kundmachung vom 23. Jänner 2024, mit der die Durchführung der Volksbefragung angeordnet und der Wortlaut der Fragestellung festgelegt wurden, ist die Rechtswidrigkeit des Verfahrens zu dieser Volksbefragung offenkundig. Die Fragestellung der Volksbefragung war wegen Verstoßes gegen §63 Abs1 NÖ GO 1973 gesetzwidrig (s VfGH 24.6.2025, V99/2024).

Das Verfahren ist daher schon aus diesem Grund zur Gänze als gesetzwidrig aufzuheben (vgl VfSlg 19.651/2012; VfGH 13.9.2013, WIII1/2013), ohne dass auf das weitere Anfechtungsvorbringen einzugehen ist.

III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Der Anfechtung wird stattgegeben.

Das Verfahren zur Volksbefragung am 10. März 2024 zum Thema "Errichtung und Betrieb von Windkraftanlagen im Gebiet der Stadtgemeinde Waidhofen an der Thaya" wird zur Gänze aufgehoben.

2. Kosten sind nicht zuzusprechen, weil ein Kostenersatz im Verfahren nach Art141 BVG nur in §71a VfGG (vgl dazu auch §27 VfGG) vorgesehen ist, dessen Anwendung im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommt (vgl VfSlg 15.942/2000, 20.460/2021; VfGH 13.9.2013, WIII1/2013).

3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.