G589/2015 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Aufhebung des Ausdrucks "1," in §16 Abs1 BFA-VerfahrensG - BFA-VG idF BGBl I 70/2015.
Zulässigkeit der Hauptanträge des Bundesverwaltungsgerichtes in den Verfahren zu G589/2015 und G653/2015.
Die (in allen Anträgen) geltend gemachte Verfassungswidrigkeit kann bereits durch die Aufhebung des Ausdrucks "1," beseitigt werden, sodass durch die Aufhebung lediglich dieses Ausdrucks der Inhalt des Gesetzes insgesamt im geringstmöglichen Maße verändert wird. Der Hauptantrag im Verfahren G9/2016 erweist sich als zu weit. Zurückweisung dieses Hauptantrags, soweit er über den Ausdruck "1," hinausgeht.
In einer Zusammenschau der der Verfahrensbeschleunigung dienenden gesetzlichen Anordnungen (vgl zB auch §21 Abs2 und §22 Abs1 BFA-VG) und insbesondere auch jener, die durch das FremdenrechtsänderungsG 2015, BGBl I 70, eingeführt wurden, ist in Fällen betreffend die Entscheidung über "die Zuerkennung [...] des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten" weder eine Beschleunigung der Verfahren vor dem BFA noch der Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht normiert, sodass die beabsichtigte Beschleunigung des Verfahrens ausschließlich in einer Verkürzung der Beschwerdefrist an das Bundesverwaltungsgericht zum Ausdruck kommt. Aus diesem Grund ist für den VfGH die generelle und ausschließliche Verkürzung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde auch zur Erreichung einer Verfahrensbeschleunigung nicht unerlässlich iSd Art136 Abs2 B-VG.
Der Ausdruck "1," in §16 Abs1 BFA-VG idF BGBl I 70/2015, dessen Aufhebung das Bundesverwaltungsgericht begehrt, verweist auf §3 Abs2 Z1 BFA-VG. Diese Ziffer umfasst Fälle der Zu- und Aberkennung von Asyl und subsidiärem Schutz unabhängig vom Bestehen eines Aufenthaltsrechts. Auf Grund dieses Ausdruckes fallen auch solche Konstellationen in den Anwendungsbereich des §16 Abs1 BFA-VG, in denen ein Abweichen von der Frist des §7 Abs4 VwGVG weder zur Aufrechterhaltung des geordneten Vollzugs im Asyl- und Fremdenwesen im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, anderen Maßnahmen zur Außerlandesbringung oder sonstigen Rückkehrentscheidungen noch aus Gründen der Verfahrensbeschleunigung unerlässlich und damit erforderlich iSd Art136 Abs2 B-VG ist. Der Ausdruck "1," in §16 Abs1 BFA-VG idF BGBl I 70/2015 erweist sich somit als verfassungswidrig.
Ausspruch gem Art140 Abs7 zweiter Satz B-VG, dass der aufgehobene Ausdruck nicht mehr anzuwenden ist.