Das Oberlandesgericht Wien hat durch den Senatspräsidenten Mag. Hahn als Vorsitzenden sowie die Richterinnen Dr. Steindl und Mag. Pasching als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus Freiheitsstrafen über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 22. Juli 2025, GZ **-25, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der am ** geborene A* verbüßt – nach Anordnung einer Vollzugsortsänderung durch das Bundesministerium für Justiz am 18. Juni 2025 (ON 13.4) - derzeit in der Justizanstalt St. Pölten vier Freiheitsstrafen im Gesamtausmaß von zwei Jahren und sieben Monaten (ON 22.3).
Dem Vollzug liegen zwei im Verhältnis der §§ 31, 40 StGB stehende rechtskräftige Schuldsprüche des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 30. August 2023, AZ **, (ON 7) wegen § 107 Abs 1 StGB und des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 20. Juni 2023, AZ **, (ON 6) wegen §§ 107 Abs 1; 15, 105 Abs 1 StGB sowie unter einem ergangene Beschlüsse auf Widerruf der bedingten Strafnachsicht, und zwar in Bezug auf die mit rechtskräftigen Urteilen jeweils des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 25. Jänner 2017, AZ **, (ON 4) wegen §§ 15, 269 Abs 1 erster Fall StGB und 13. November 2017, AZ **, (ON 5) wegen §§ 15, 83 Abs 1, 84 Abs 2; 270 Abs 1 StGB verhängten, ursprünglich bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen, zugrunde.
Das errechnete Strafende fällt auf den 13. November 2025. Die zeitlichen Voraussetzungen nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 28. Juli 2024 vor, jene nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG seit 2. Jänner 2025 (ON 22.3).
Nachdem die bedingte Entlassung des A* zum Zwei-Drittel-Stichtag bereits mehrmals – zuletzt mit Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 1. April 2025, AZ **, (ON 14.9), rechtskräftig durch Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 28. April 2025, AZ 30 Bs 107/25t (ON 14.10) - abgelehnt wurde, beantragte der Verurteilte neuerlich seine bedingte Entlassung (ON 2).
Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Landesgericht für Strafsachen Wien als zuständiges Vollzugsgericht die bedingte Entlassung des A* neuerlich aus spezialpräventiven Gründen ab und stützte sich begründend wie schon bisher insbesondere auf das einschlägig getrübte Vorleben des Strafgefangenen sowie die Wirkungslosigkeit bisher gewährter bedingter Strafnachsichten.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitig erhobene (vgl unleserlicher Postaufgabestempel ON 16, 3 und Erhebungsergebnis ON 20) Beschwerde des Verurteilten (ON 16).
Dem Rechtsmittel kommt keine Berechtigung zu.
Hat ein Verurteilter die Hälfte der im Urteil verhängten zeitlichen Freiheitsstrafe, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist ihm nach § 46 Abs 1 StGB der Rest der Strafe unter Bestimmung einer Probezeit bedingt nachzusehen, sobald unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB anzunehmen ist, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird.
Nach Abs 2 leg cit ist für den Fall, dass ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt hat, dieser trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht bedingt zu entlassen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs der Strafe bedarf, um strafbaren Handlungen durch andere entgegenzuwirken.
Die Prognose künftigen Verhaltens erfordert eine Gesamtwürdigung aller dafür maßgeblichen Umstände, so insbesondere die Art der Tat, das private Umfeld des Verurteilten, sein Vorleben und seine Aussichten auf ein redliches Fortkommen in Freiheit ( Jerabek/Ropper in WK 2StGB § 46 Rz 15/1).
Dabei ist nach § 46 Abs 4 StGB auf den Umstand Bedacht zu nehmen, inwieweit durch den bisherigen Vollzug der Strafe, insbesondere auch durch eine während des Vollzugs begonnene freiwillige Behandlung im Sinne von § 51 Abs 3 StGB, die der Verurteilte in Freiheit fortzusetzen bereit ist, eine Änderung der Verhältnisse, unter denen die Tat begangen wurde, eingetreten ist, oder durch Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB erreicht werden kann. Ist die Annahme berechtigt, dass der Verurteilte durch die bedingte Entlassung – allenfalls unter Berücksichtigung der Wirkung von Maßnahmen gemäß §§ 50 bis 52 StGB – nicht weniger als durch die weitere Verbüßung der Strafe von der Begehung strafbarer Handlungen abgehalten wird, so ist im Regelfall der Rest der Strafe bedingt nachzusehen. Die Anwendung des Rechtsinstituts der bedingten Entlassung soll nach erkennbarer Intention des Gesetzgebers der Regelfall sein, der Vollzug der gesamten Freiheitsstrafe hingegen auf (Ausnahme-)Fälle evidenten Rückfallrisikos des Rechtsbrechers beschränkt bleiben ( Jerabek/Ropper aaO Rz 14 f).
Vorauszuschicken ist, dass ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, grundsätzlich Einmaligkeitswirkung entfaltet und ein Entlassungsantrag nicht beliebig oft wiederholt werden kann. Ein auf Grundlage identischer Verhältnisse neuerlich eingebrachter Antrag ist a limine wegen entschiedener Rechtssache zurückzuweisen. Allerdings wohnt ablehnenden Entscheidungen über die bedingte Entlassung die Umstandsklausel (clausula rebus sic stantibus) inne. Eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände erlaubt trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung. Als relevante Umstände kommen insbesondere seit der letzten Entscheidung eingetretene oder dem Gericht bei der letzten Entscheidung unbekannt gewesene, zur Erfüllung der materiellen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung grundsätzlich geeignete neue Tatsachen, eine Änderung der Gesetzeslage oder die einer solchen nahekommende Änderung fundamentaler Rechtsprechungsgrundsätze oder eine wesentliche Veränderung der zeitlichen Umstände in Betracht ( Pieber in WK 2StVG § 152 Rz 31 f).
Fallbezogen sind seit der letzten Entscheidung rund vier Monate verstrichen, weshalb mit Blick auf das Ausmaß der zu verbüßenden Strafe eine wesentliche Änderung der zeitlichen Umstände eingetreten ist (vgl Pieber aaO Rz 33), die eine neuerliche inhaltliche Prüfung erlaubt.
Zunächst ist zum bisherigen Vollzugsverlauf und zur Beurteilung spezialpräventiver Erfordernisse zur Vermeidung von Wiederholungen (vgl zur Zulässigkeit RIS-Justiz RS0124017 [T2], RS0115236) auf den zuletzt gefassten Beschluss des Rechtsmittelgerichts zu verweisen (ON 14.10, BS 4 ff).
Inhaltlich hat sich an der dort vorgenommenen Einschätzung nichts geändert und wurden allfällige zu seinen Gunsten zu berücksichtigende Neuerungen vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet. Vielmehr findet seinen Angaben zufolge eine zuvor begonnene Psychotherapie nach der zuletzt erfolgten Vollzugsortsänderung nun nicht mehr statt (vgl Anhörung ON 17, 2). Die bloß zeitliche Änderung der Umstände für sich allein vermag jedoch angesichts der weiterhin aufrechten, insgesamt negativen Zukunftsprognose eine Änderung der Gesamteinschätzung nicht zu begründen.
Der Beschwerde gegen den der Sach- und Rechtslage entsprechenden Beschluss war daher ein Erfolg zu versagen.
Gegen die Entscheidung des Rechtsmittelgerichts steht ein weiterer Rechtszug nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 erster Satz StVG ).
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