18Bs243/25d – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Heindl und Mag. Primer als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen bedingter Entlassung aus einer Freiheitsstrafe über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 25. Juli 2025, GZ **-19, nichtöffentlich den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Der am ** geborene georgische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt Krems an der Donau die über ihn mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt zu AZ ** vom 21. Dezember 2023, rechtskräftig am selben Tag, wegen § 114 Abs 1 und Abs 3 Z 2 und Z 3, Abs 4 erster Fall FPG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und sechs Monaten (ON 17).
Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 20. April 2027, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG liegen seit 20. Juli 2025 vor, Zwei-Drittel-Stichtag ist der 20. Februar 2026 (ON 10).
Das Landesgericht Krems an der Donau als zuständiges Vollzugsgericht lehnte zunächst mit Beschluss vom 3. Februar 2025, AZ B*, den Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 2 StVG als verfrüht ab (Entscheidung im verketteten Akt AZ B* ON 8). Seiner dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 17. März 2025, AZ 18 Bs 59/25w, mit der Maßgabe, dass der Antrag des Strafgefangenen zurück- und nicht abgewiesen wurde, nicht Folge gegeben (Entscheidung im verketteten Akt AZ B* ON 11.3). Mit weiterem Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 29. April 2025, AZ C*, wurde der neuerliche Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG aus spezial- und generalpräventiven Erwägungen abgelehnt. Diese Entscheidung wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 11. Juni 2025 zu AZ 18 Bs 144/25w bestätigt (Entscheidungen ON 16 und ON 19.3 im verketteten Akt C*). Zudem lehnte das Landesgericht Krems an der Donau mit Beschluss vom 9. Mai 2025, AZ D*, den Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG zum Hälftestichtag aus generalpräventiven Erwägungen ab. Der dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien vom 11. Juni 2025 zu AZ 18 Bs 157/25g nicht Folge gegeben (Entscheidungen ON 12 und ON 18.3 im verketteten Akt D*). Mit Eingabe vom 27. Juni 2025 (ON 6.3) begehrte der Strafgefangene sodann erneut ihn „früher zu enthaften“ (ON 6.3); am 4. Juli 2025 stellte er formell einen Antrag auf bedingte Entlassung (ON 7).
Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht als zuständiges Vollzugsgericht den Antrag des Strafgefangenen auf bedingte Entlassung mit der Begründung zurück, im Verfahren zu AZ D*habe das Landesgericht Krems an der Donau die bedingte Entlassung des Strafgefangenen mit Beschluss vom 9. Mai 2025 aus generalpräventiven Gründen abgelehnt. Das Oberlandesgericht Wien habe mit Beschluss vom 11. Juni 2025, AZ 18 Bs 157/25g, der Beschwerde des Strafgefangenen nicht Folge gegeben. Gegen eine inhaltliche Entscheidung zum vorliegenden Zeitpunkt würde in casu das auch für bedingte Entlassungen geltende Prinzip der res iudicata sprechen, zumal keine inhaltlichen Änderungen seit der letzten Entscheidung zu erkennen seien.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die fristgemäß angemeldete (ON 21), schriftlich nicht ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen, der keine Berechtigung zukommt.
Ein Beschluss, mit dem ein Antrag auf Gewährung der bedingten Entlassung rechtskräftig abgewiesen wird, entfaltet grundsätzlich Einmaligkeitswirkung. Ein Entlassungsantrag kann nicht beliebig oft wiederholt werden. Ein auf Grundlage identischer Verhältnisse neuerlich eingebrachter Antrag ist a limine wegen entschiedener Sache zurückzuweisen ( Pieber, WK² StVG § 152 Rz 31). Allerdings wohnt ablehnenden Entscheidungen über die bedingte Entlassung die Umstandsklausel (clausula rebus sic stantibus) inne, weshalb eine wesentliche Änderung entscheidungsrelevanter Umstände trotz rechtskräftiger Entscheidung eine neuerliche meritorische Prüfung erlaubt. Als hier relevante Umstände kommen insbesondere in Betracht ( Pieber , aaO Rz 32):
seit der letzten Entscheidung eingetretene oder dem Gericht bei der letzten Entscheidung unbekannt gewesene, zur Erfüllung der materiellen Voraussetzungen einer bedingten Entlassung grundsätzlich geeignete neue Tatsachen,
eine Änderung der Gesetzeslage oder die einer solchen nahekommende Änderung fundamentaler Rechtsprechungsgrundsätze oder
eine wesentliche Veränderung der zeitlichen Umstände.
In Bezug auf die Frage einer wesentlichen Änderung des Ausmaßes der verbüßten Strafe kann als Faustregel gelten, dass der Verurteilte – sofern er sich nur auf das Ausmaß der verbüßten Strafe stützt und kein sonstiges substanziiertes neues Vorbringen erstattet – für jedes Jahr der verhängten Freiheitsstrafe einen Monat, gerechnet ab der letzten gerichtlichen Entscheidung, zuzuwarten hat, bevor er einen neuen, meritorisch zu erledigenden Antrag auf bedingte Entlassung stellen kann (vgl Pieber , aaO Rz 31, 33).
Wie das Erstgericht – wenngleich es nicht die Entscheidung zu AZ C* des Landesgerichts Krems an der Donau vom 29. April 2025 , rk durch Entscheidung des OLG Wien vom 11. Juni 2025 zuAZ 18 Bs 144/25w über die bedingte Entlassungzum Hälftestichtag zitiert, sondern irrig die Entscheidung über den Antrag auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG – im Ergebnis richtig konstatiert, ist seit der letzten inhaltlichen Entscheidung des Erstgerichts über die bedingte Entlassung vom 29. April 2025 und des Oberlandesgerichts Wien vom 11. Juni 2025 bis zur Einbringung des neuerlichen Antrags auf Gewährung der bedingten Entlassung nicht einmal ein Monat verstrichen, weshalb die Voraussetzung einer wesentlichen Änderung der zeitlichen Umstände nicht erfüllt ist. Eine wesentliche Änderung der Entscheidungsgrundlagen wurde vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet.
Der angefochtene Beschluss entspricht sohin der Sach- und Rechtslage, weswegen der Beschwerde ein Erfolg zu versagen ist.