JudikaturOLG Wien

18Bs157/25g – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
11. Juni 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Frohner als Vorsitzende sowie die Richterinnen Mag. Primer und Dr. Hornich, LL.M., als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A* wegen vorläufigen Absehens vom Strafvollzug wegen Einreiseverbotes oder Aufenthaltsverbotes nach § 133a StVG über dessen Beschwerde gegen den Beschluss des Landesgerichts Krems an der Donau vom 9. Mai 2025, GZ **-12, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Begründung:

Text

Der am ** geborene georgische Staatsangehörige A* verbüßt derzeit in der Justizanstalt ** die über ihn mit Urteil des Landesgerichtes Eisenstadt zu AZ ** vom 21. Dezember 2023, rechtskräftig seit 21. Dezember 2023, wegen § 114 Abs 1 und Abs 3 Z 2 und Z 3, Abs 4 erster Fall FPG verhängte Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren und sechs Monaten (ON 5 und ON 9).

Das urteilsmäßige Strafende fällt auf den 20. April 2027, die zeitlichen Voraussetzungen für eine bedingte Entlassung nach § 46 Abs 1 StGB iVm § 152 Abs 1 Z 1 StVG werden am 20. Juli 2025 vorliegen (ON 4).

Mit dem angefochtenen Beschluss lehnte das Erstgericht als zuständiges Vollzugsgericht – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Krems an der Donau (ON 1.8) - den Antrag des Strafgefangenen auf vorläufiges Absehen vom Strafvollzug gemäß § 133a StVG zum Hälftestichtag (ON 3) aus generalpräventiven Erwägungen ab.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die fristgemäß angemeldete (ON 15) und rechtzeitig ausgeführte Beschwerde des Strafgefangenen (ON 16), der keine Berechtigung zukommt.

Hat ein Verurteilter die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate verbüßt, so ist nach § 133a Abs 1 StVG vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abzusehen, wenn gegen ihn ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot besteht (Z 1), er sich bereit erklärt, seiner Ausreiseverpflichtung in den Herkunftsstaat unverzüglich nachzukommen und zu erwarten ist, dass er dieser Verpflichtung auch nachkommen wird (Z 2) und der Ausreise keine rechtlichen oder tatsächlichen Hindernisse entgegenstehen (Z 3). Hat ein Verurteilter die Hälfte, aber noch nicht zwei Drittel einer Freiheitsstrafe verbüßt, so ist trotz Vorliegens der Voraussetzungen nach Abs 1 solange nicht vorläufig vom weiteren Vollzug der Strafe abzusehen, als es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um der Begehung strafbarer Handlungen durch andere entgegenzuwirken (Abs 2 leg.cit).

Auch wenn mit Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 9. Jänner 2024, IFA-Zahl **, gegen den Genannten ein rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen wurde (ON 6, ON 7), der Strafgefangene sich bereit erklärt hat, seiner Ausreiseverpflichtung umgehend nachzukommen (ON 3) und der Ausreise auch keine tatsächlichen oder rechtlichen Hindernisse entgegenstehen (ON 6), kommt – wie das Erstgericht zutreffend ausgeführt hat - die Anwendung des § 133a StVG schon nach der Hälfte der Strafzeit aus generalpräventiven Erwägungen nicht in Betracht.

Der vollzugsgegenständlichen Verurteilung (ON 9) liegt Schlepperei im Rahmen einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung weiterer Mitglieder dieser kriminellen Vereinigung zugrunde, wobei der Strafgefangene das Schlepperfahrzeug mit 31 Fremden, darunter acht Kinder, lenkte und die Fremden auf der viel zu kleinen Ladefläche eines Klein-Lastwagens auf engstem Raum zusammengepfercht (teils stehend, teils hockend) für mehrere Stunden ohne Verpflegung, ohne Möglichkeit ihre Notdurft verrichten zu können und ohne ausreichende Luftzufuhr – sohin unter äußerst qualvollen Umständen – transportiert wurden.

Angesichts dieser eine außerordentliche Tatschwere prägenden Umstände aufgrund derer auch die Gesundheit und das Leben der Fremden infolge der mit der Art des Transports einhergehenden Verhinderung der Befriedigung selbst existentieller Bedürfnisse in erhöhtem Maß gefährdet wurde bedarf der – mit Blick auf den Einsatz eines Begleitfahrzeuges (ON 9, 3) – hohe Organisationsgrad der Tatausführung lediglich unter dem Aspekt der Vollständigkeit einer gesonderten Erwähnung.

In dieser Tat manifestiert sich eine nicht unbeachtliche kriminelle Energie und eine deutliche Negativeinstellung gegenüber den rechtlich geschützten Werten unserer Gesellschaft, insbesondere gegenüber der öffentlichen Sicherheit. Tätern aus dem Verkehrskreis des Verurteilten, die durch derartige Schleppereidelikte einen unkontrollierten Zuzug von Personen aus ärmeren Ländern ermöglichen und damit die öffentliche Ordnung mitsamt ihrer Zuzugs , Identitäts , Arbeitsmarktpolitik und politischen Kontrolle empfindlich stören, soll deutlich vor Augen geführt werden, dass derartige sozial und volkswirtschaftlich schädliche Straftaten mit harten Konsequenzen verbunden sind, um potentielle Nachahmungstäter möglichst abzuschrecken und von der Begehung ähnlich gelagerter strafbarer Handlungen abzuhalten.

Aufgrund dieser Erwägungen ist dem Vollzugsgericht in seiner Einschätzung beizupflichten, dass es im Hinblick auf die Schwere der Tat ausnahmsweise des weiteren Vollzugs bedarf, um derartiger Delinquenz mit der entsprechenden Abschreckung zu begegnen und den in diesem Deliktsbereich agierenden Personen deutlich vor Augen zu führen, dass solche Straftaten mit harten Konsequenzen verbunden sind, um potentielle Nachahmungstäter möglichst abzuschrecken und von der Begehung ähnlich gelagerter strafbarer Handlungen abzuhalten. Ein zu stark verkürzter Strafvollzug würde dazu führen, dass Personen aus dem Umfeld des Verurteilten in ähnlicher persönlicher und finanzieller Situation mit einem frühestmöglichen Absehen vom weiteren Strafvollzug rechnen, wodurch die Hemmschwelle zur Straffälligkeit leichter überwunden würde, als bei einem die Proportionen von Schuldgehalt und Strafhöhe wahrenden Strafvollzug.

Der Strafgefangene vermag diesem Kalkül mit seinem Hinweis auf seine sofortige Ausreise in sein Heimatland, die Sorgepflichten für seine Familie in Georgien und der Beteuerung, in Georgien wieder einer Arbeit nachgehen zu wollen (ON 16), keine stichhaltigen Argumente entgegen zu setzen.

Weil der angefochtene Beschluss der Sach- und Rechtslage entspricht, ist der Beschwerde ein Erfolg zu versagen.

Gegen diese Entscheidung steht ein weiteres Rechtsmittel nicht zu (§ 89 Abs 6 StPO).

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