JudikaturOLG Wien

22Bs200/25k – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
25. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Mag. Mathes als Vorsitzende sowie den Richter Mag. Gruber und die Richterin Dr. Koller als weitere Senatsmitglieder in der Strafvollzugssache des A*wegen § 179a Abs 2 StVG über dessen Beschwerde sowie jene des Vereins B*, FN **, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Juni 2025, GZ ** 154, nichtöffentlich den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1. Die Beschwerde des Vereins B* wird als unzulässig zurückgewiesen .

2. Der Beschwerde des A* wird Folge gegeben, der angefochtene Beschluss aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Text

Begründung:

Der am ** geborene A* wurde mit Beschluss des Landesgerichts Krems vom 3. Februar 2022, AZ **, gemäß § 47 StGB aus dem Maßnahmenvollzug bedingt entlassen und ihm unter anderem die Weisung erteilt, in einer Nachsorgeeinrichtung des Vereins B* Wohnsitz zu nehmen. Unter einem wurde festgestellt, dass der Bund die mit den Weisungen verbundenen Kosten unter den in § 179a StVG genannten Voraussetzungen sowie bis zu der dort genannten Höhe übernimmt (ON 12).

Mit Beschluss vom 1. März 2022 wurde der Akt an das Landesgericht für Strafsachen Wien abgetreten (ON 16).

Mit dem angefochtenen Beschluss sprach Letzteres aus, dass die Kosten des Aufenthalts in der therapeutischen Wohneinrichtung B* ab dem 1. Oktober 2024 vom Bund gemäß § 179a Abs 2 StVG nur mehr teilweise übernommen werden (1.), der bedingt Entlassene von seinem Einkommen nachstehende Teilbeträge zu den Kosten der therapeutischen Wohneinrichtung beizutragen habe, nämlich den EUR 700,monatlich übersteigenden Teil seines Nettoeinkommens (2.) und der Restbetrag gemäß § 179a Abs 3 StVG vom Bund übernommen werde, wobei quartalsweise eine entsprechende Abrechnung samt Einkommensnachweisen dem Gericht vorzulegen sei (3.).

Dagegen richten sich die rechtzeitig erhobenen Beschwerden des bedingt Entlassenen (ON 158) und des Vereins B* (ON 160), wobei – verkürzt dargestellt - ersterer eine teilweise Kostentragung aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenslage als nicht möglich ansieht und zweiterer die ihm (per Note) aufgetragene quartalsweise Abrechnung (teilweise rückwirkend) ablehnt.

Rechtliche Beurteilung

Während sich das Rechtsmittel des Vereins B* als unzulässig erweist, kommt der Beschwerde des bedingt Entlassenen im Sinne des implizit gestellten Aufhebungsbegehrens Berechtigung zu.

Ist einem bedingt Entlassenen (außer den Fällen des § 179a Abs 1 StVG) die Weisung erteilt worden, soweit hier relevant in einer sozial therapeutischen Wohneinrichtung Aufenthalt zu nehmen, hat der Bund nach Abs 2 dieser Bestimmung die Kosten der Behandlung ganz oder teilweise zu übernehmen, wenn der Verurteilte nicht Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung hat und durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlung sein Fortkommen erschwert würde.

Gemäß Abs 2 letzter Satz leg.cit. soll die Entscheidung über die Übernahme der Kosten nach Möglichkeit zumindest dem Grunde nach bereits bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung in geeigneter Form berücksichtigt werden, was gegenständlich auch geschah. Nur für den Fall geänderter Umstände ist über das Ausmaß der zu ersetzenden Kosten erneut zu entscheiden (vgl. Pieberin WK² StVG § 179a Rz 8).

Die Kosten des Aufenthalts sind ganz oder teilweise zu übernehmen, wenn der Rechtsbrecher keinen Anspruch auf entsprechende Leistungen aus einer Krankenversicherung hat und die Verpflichtung zur Zahlung der Kosten sein Fortkommen erschweren würde. Nur das kumulative Vorliegen beider Voraussetzungen begründet die Übernahmeverpflichtung des Bundes. Bei der nach Abs 2 erster Satz gebotenen Beurteilung, ob durch die Verpflichtung zur Zahlung der Behandlungskosten das Fortkommen des bedingt Entlassenen erschwert würde, ist auch dessen Vermögen in Anschlag zu bringen; mangels planwidriger Unvollständigkeit kommt eine analoge Anwendung des § 330a ASVG, wonach ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten unzulässig ist, nicht in Betracht. Die Kosten sind nur teilweise zu übernehmen, wenn der Betroffene selbst in der Lage und daher auch verpflichtet ist, einen Teil der Kosten ohne Erschwerung seines Fortkommens zu tragen ( Pieber aaO Rz 3 mwN).

Zur Beschwerde des Vereins B* ist vorweg auszuführen, dass sich diese als unzulässig erweist, weil wie von ihm selbst erkannt nur der bedingt Entlassene (A*) aber nicht er Adressat des Beschlusses ist und somit aus der bekämpften Entscheidung eindeutig abzuleiten ist, dass die quartalsweise Abrechnungsverpflichtung (Punkt 3.) A* trifft.

Vielmehr ergibt sich ein diesbezüglicher Auftrag an den Verein B* nur aus der Übersendungsnote (ON 155 Punkt ./1), welche sich aber als verfahrensleitende Verfügung nicht mit dem Rechtsmittel der Beschwerde als bekämpfbar erweist ( Tipold , WK-StPO § 85 Rz 9).

Die Beschwerde des Vereins B* war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Demgegenüber ist festzuhalten, dass in der angefochtenen Entscheidung abgesehen von einem „Rehageld“ des bedingt Entlassenen von EUR 1.318,12 monatlichsonst auf die Einkommens- und Vermögenslage des A*, insbesondere auch dessen notwendige Aufwendungen, nicht eingegangen wird. Letztgenanntem wurde vor Beschlussfassung auch entgegen § 6 StPO iVm § 17 Abs 1 Z 3 und § 180 Abs 1 StVG keine Möglichkeit eingeräumt, zu einer ihn benachteiligenden bloß teilweise Kostenübernahme durch den Bund Stellung zu beziehen.

In seiner (nachgereichten) schriftlichen Beschwerdebegründung vom 4. Juli 2025 führt er aus, dass er noch erhebliche Schulden wegen Krankenhausaufenthalten der Tatopfer bzw. zu leistender Schmerzengelder habe und weitere Kosten durch seine therapeutisch notwendige Katze sowie durch Laborrechnungen entstünden, wobei er letztere aufgrund einer entsprechenden Weisung tragen müsse.

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Begründung der bekämpften Entscheidung aber als unvollständig bzw. mangelhaft im Sinne des § 281 Abs 1 Z 5 StPO, weshalb der angefochtene Beschluss gemäß § 89 Abs 2a Z 3 leg cit aufzuheben und dem Erstgericht nach Durchführung ergänzender Erhebungen die neuerliche Beschlussfassung aufzutragen war.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen die Entscheidung steht kein Rechtsmittel zu.