JudikaturOLG Wien

13R19/25x – OLG Wien Entscheidung

Entscheidung
Zivilrecht
08. August 2025

Kopf

Das Oberlandesgericht Wien hat als Berufungsgericht durch den Senatspräsidenten Mag. Häckel als Vorsitzenden sowie die Richterin Mag. Wieser und den Richter Mag. Wessely in der Rechtssache der klagenden Partei A* GmbH , **, vertreten durch Mag. Peter Riehs, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei B* C* , **, vertreten durch die ENGINDENIZ Rechtsanwälte für Immobilienrecht GmbH in Wien, wegen EUR 35.000,- s.A., über die Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 10.10.2024, ** 15, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 3.662,52 (darin EUR 610,42 USt) bestimmten Kosten der Berufungsbeantwortung zu ersetzen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig .

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin begehrt die Zahlung von EUR 35.000,- samt Zinsen. Sie habe der Beklagten ein zur Rückzahlung fälliges Darlehen in Höhe dieses Betrags gewährt.

Die Beklagte beantragt Klagsabweisung. Soweit im Berufungsverfahren relevant, wendete sie ihre mangelnde Passivlegitimation ein. Vertragspartner der Klägerin bei dem behaupteten Darlehensvertrag sei nicht sie, sondern die D* GmbH gewesen. Zudem sei das Darlehen durch Hingabe einer Uhr mit den Darlehensbetrag übersteigendem Wert zurückgezahlt worden.

Mit dem angefochtenen Urteil wies das Erstgericht die Klage ab. Es ging dabei von dem auf den Seiten 3 und 4 des Ersturteils wiedergegebenen Sachverhalt aus, auf den verwiesen wird. Rechtlich erwog es zusammengefasst, ein Darlehensvertrag sei nicht mit der Beklagten, sondern mit deren Ehemann zustande gekommen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin wegen unrichtiger Tatsachenfeststellung aufgrund unrichtiger Beweiswürdigung mit dem Abänderungsantrag auf Klagsstattgebung.

Die Beklagte beantragt, der Berufung nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Berufung ist nicht berechtigt.

1. Die Klägerin bekämpft folgende Feststellungen als das Ergebnis unrichtiger Beweiswürdigung:

„Im Herbst 2023 trafen sich der Ehemann der Beklagten, der Geschäftsführer der Klägerin und dessen Vater in einem Café. Der Ehemann äußerte, dass bei ihnen Kapitalbedarf von EUR 35.000- bestand und fragte: „Könnt ihr mir ein Darlehen gewähren?“ Aufgrund der damals noch gut laufenden Geschäftsbeziehung und der dabei umgesetzten viel höheren Beträge stimmte der Geschäftsführer zu. Der Ehemann übermittelte dem Geschäftsführer Fotos von der Bankomatkarte der Beklagten und bat ihn, das Geld auf das dort ersichtliche Konto zu überweisen.

Der Ehemann und der Geschäftsführer sprachen nicht darüber, ob das Darlehen verzinst sein sollte, wann es zurückgezahlt werden sollte und wer es zurückzahlen sollte.

Der Geschäftsführer ging aber davon aus, dass der Ehemann das Darlehen zurückzahlen sollte, weil dieser sich normalerweise stets um solche Dinge kümmerte, selbst wenn die Beklagte als Miteigentümerin betroffen war.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte irgendjemandem telefonisch bestätigte, dass sie diejenige sein solle, die das Darlehen erhalten sollte und dass der Betrag aus diesem Grund auf ihr Konto überwiesen werden sollte.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Ehemann der Beklagten äußerte, dass das Geld der Beklagten zugute kommen sollte.“

Die gewünschten Ersatzfeststellungen lauten:

„Im Herbst 2023 trafen sich der Ehemann der Beklagten, der Geschäftsführer der Klägerin und dessen Vater in einem Café. Der Ehemann äußerte, dass bei ihnen Kapitalbedarf von EUR 35.000,- bestand und fragte, ob die Beklagte [gemeint wohl: Klägerin] ein Darlehen gewähren könne? Der Ehemann der beklagten Partei stellte diese Frage in Vertretung seiner Ehefrau, das Darlehen sollte in der Folge auch an die Ehefrau zugezählt werden, weswegen der Ehemann der Beklagten bei seiner Frau die Übermittlung der Kontodaten erbat, die ihm diese Kontodaten dann auch per WhatsApp übermittelte. Aufgrund der damals noch gut laufenden Geschäftsbeziehung und der dabei umgesetzten viel höheren Beträge stimmte der Geschäftsführer der klagenden Partei der Gewährung dieses Darlehens zu. Der Ehemann übermittelte dem Geschäftsführer der Klägerin Fotos von der Bankomatkarte der Beklagten und bat ihn, das Geld auf das dort ersichtliche Konto zu überweisen.

Der Ehemann und der Geschäftsführer sprachen nicht darüber, ob das Darlehen verzinst sein sollte, wann es zurückgezahlt werden sollte und wer faktisch die Rückzahlung organisieren sollte.

Die klagende Partei ging aber davon aus, dass die Rückzahlung durch die Beklagte erfolgen werde, wobei sie ebenfalls davon ausging, dass der Ehemann der Beklagten diese Rückzahlung faktisch veranlassen werde. Jedenfalls sollte das Geld der Beklagten durch Überweisung auf ihr Konto zugutekommen.“

Das Erstgericht hätte nicht den Aussagen der Beklagten sowie der Zeugen E* C* (Ehemann der Beklagten) und F*, die es selbst als unglaubwürdig abgetan bzw als abgesprochen qualifiziert habe, sondern der glaubwürdigen Aussage des Geschäftsführers der Klägerin folgen müssen.

2.Das Zivilprozessrecht ist vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung geprägt (§ 272 Abs 1 ZPO). Der erkennende Richter ist bei der Bildung der Überzeugung, ob die für die Feststellung einer Tatsache notwendige Wahrscheinlichkeit vorliegt, frei, also an keine gesetzlichen Beweisregeln gebunden. Er hat nach bestem Wissen und Gewissen, aufgrund seiner Lebenserfahrung und Menschenkenntnis zu prüfen, ob jener Wahrscheinlichkeitsgrad erreicht ist, der es rechtfertigt, dass er als Richter die fragliche Tatsache für wahr hält. Diese Überzeugungsbildung hat die Ergebnisse der gesamten Verhandlung miteinzubeziehen (ist daher auch „Verhandlungswürdigung“), das heißt, dass alles Vorbringen der Prozessbeteiligten, ihr Verhalten während der Verhandlung und der persönliche Eindruck von den Prozessbeteiligten in die Würdigung einfließen sollen ( Rechberger/Klicka in Rechberger/Klicka, ZPO 5§ 272 ZPO Rz 1). Gerade dem persönlichen Eindruck des erkennenden Richters kommt bei einer Tatsachenfeststellung, die in erster Linie anhand der Aussagen der beteiligten Personen zu gewinnen ist, eminente Bedeutung zu. Es liegt im Wesen der freien Beweiswürdigung, dass sich das Gericht für eine von mehreren widersprechenden Darstellungen aufgrund seiner Überzeugung, dass diese mehr Glaubwürdigkeit beanspruchen kann, entscheidet ( Klauser/Kodek , JN-ZPO 18§ 272 E 35; RS0043175). Das Berufungsgericht hat nur zu prüfen, ob das Erstgericht die Beweisergebnisse schlüssig gewürdigt hat, nicht, ob seine Feststellungen mit der objektiven Wirklichkeit übereinstimmen; es ist darzulegen, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen ( Klauser/Kodek, aaO § 467 ZPO E 40/4 – 40/5).

Solche erheblichen Zweifel ergeben sich aus den Erwägungen der Klägerin nicht. Das Erstgericht hat die aufgenommenen Beweise sehr sorgfältig abgewogen, seine ausführliche Begründung steht mit den Denkgesetzen und der Lebenserfahrung im Einklang. Die Beweisrüge enthält keine überzeugenden Argumente, warum die vom Erstgericht dargelegten Gründe für seine Beweiswürdigung zwingend unrichtig seien müssten. Zunächst ist daher auf die nachvollziehbare Beweiswürdigung durch das Erstgericht zu verweisen (§ 500a ZPO).

3. Es trifft zu, dass das Erstgericht die Beklagte und den Zeugen C* für nicht glaubwürdig und die Aussage des Zeugen F* für abgesprochen hielt.

Jedoch gründet die für die rechtliche Beurteilung, dass nicht die Beklagte Darlehensnehmerin der Klägerin war, zentrale Feststellung, deren Ehemann habe den Geschäftsführer der Klägerin und dessen Vater gefragt „Könnt ihr mir ein Darlehen gewähren?“ auf der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin selbst.

Dass das Erstgericht den Versuch des Geschäftsführers der Klägerin, diese als ungünstig erkannte Aussage umgehend zu revidieren, aufgrund des persönlichen Eindrucks von der Situation für wenig glaubwürdig hielt, ist nicht zu beanstanden.

Dies gilt umso mehr, als das Erstgericht seine Einschätzung in diesem Punkt auch damit begründete, dass der Geschäftsführer der Klägerin die Frage, wer denn das Darlehen hätte zurückzahlen sollen, mit „normalerweise macht das immer der Ehemann“ beantwortete, und es in seiner Beweiswürdigung auf Widersprüche auch in den Aussagen der Klagsseite hinwies (US 6). Schlussendlich legte das Erstgericht dar, weshalb die Überweisung der Valuta des deren Ehemann gewährten Darlehens „aus wirtschaftlichen Gründen“ auf das Konto der Beklagten aus seiner Sicht plausibel war und begründete dies mit Liquiditätsproblemen des Ehemanns und Fragen des Gläubigerzugriffs.

Die Ausführungen der Klägerin zeigen nicht auf, dass die getroffenen Feststellungen zwingend unrichtig sind oder wenigstens bedeutend überzeugendere Ergebnisse für andere Feststellungen vorliegen.

Der unberechtigten Berufung war nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

Die Berufungsentscheidung hing nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab. Die ordentliche Revision war daher nicht zuzulassen.