31Bs183/25a – OLG Wien Entscheidung
Kopf
Das Oberlandesgericht Wien hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schwab als Einzelrichterin in der Strafsache gegen A*wegen § 27 Abs 2a zweiter Fall SMG über die Beschwerde des Genannten gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Juni 2025, GZ **-16 (Punkt 19), den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung:
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 20. Juni 2025 wurde A* unter anderem gemäß § 389 Abs 1 StPO zum Ersatz der Kosten des Verfahrens verurteilt (ON 14,3).
Mit Beschluss vom 20. Juni 2025 bestimmte das Erstgericht im Rahmen der Endverfügung die zu ersetzenden Pauschalkosten mit 300 Euro (ON 16, Pkt 19). Begründend führte das Gericht aus, dass der Verurteilte ein monatliches Durchschnittsnettoeinkommen in Höhe von USD 1.500 (fallweise zusätzlich 500,00 Euro) habe. Er habe keine Sorgepflichten. Anlässlich seiner Festnahme sei ein Betrag von 150 Euro bzw 2.285,00 Euro vorgefunden worden. Die Höhe des Pauschalkostenbeitrages würde dem Verfahrensaufwand sowie der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verurteilten entsprechen.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Beschwerde des Verurteilten (ON 27), die auf eine dauerhafte Uneinbringlicherklärung der Verfahrenskosten abzielt. Das monatliche Durchschnittsnettoeinkommen von USD 1.500,00 entspreche 1.271,11 Euro und liege damit unter dem Existenzminium von 1.273,99 Euro. Ein fallweise ausgezahlter Bonus in Höhe von 500,00 Euro könne nicht ohne weiters als monatliches Einkommen gewertet werden. Der Verurteilte habe kein nennenswertes Vermögen. Überdies habe die Hauptverhandlung nur 20 Minuten gedauert. Es seien daher die Kosten des Strafverfahrens dauerhaft für uneinbringlich zu erklären.
Rechtliche Beurteilung
Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.
Gemäß § 381 Abs 1 Z 1 StPO umfassen die Kosten des Strafverfahrens, die von der zum Kostenersatz verpflichteten Partei zu ersetzen sind, unter anderem einen Pauschalkostenbeitrag.
Zur Höhe des Pauschalkostenbeitrages:
Gemäß § 381 Abs 3 Z 3 StPO ist der Pauschalkostenbeitrag im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichtes innerhalb der Grenzen von 150 Euro bis 3.000 Euro zu bemessen. Bei Bemessung dieses Beitrages sind die Belastung der im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen und das Ausmaß der diesen erwachsenen, nicht besonders zu vergütenden Auslagen sowie das Vermögen, das Einkommen und die anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen maßgebenden Umstände zu berücksichtigen.
Aus der Verpflichtung des Gerichtes, das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Beschluss zu begründen (siehe Tipold in Fuchs/Ratz, WK StPO § 86 Rz 8 mwN), folgt auch das Erfordernis eines gewissen Maßes an nachvollziehbarer Beweiswürdigung, die sich am Akteninhalt orientiert. Im konkreten Fall wird die Höhe des Pauschalkostenbeitrags neben dem monatlichen Durchschnittseinkommen, mit weiteren zusätzlich erlösten Zahlungen in Höhe von 500 Euro, dem Fehlen von Sorgepflichten und den bei der Festnahme sichergestellten Vermögenswerten in Höhe von 150 Euro und 2.285 Euro begründet. Diese erstgerichtlichen Annahmen beruhen zum einen auf den Angaben des Verurteilten in der Hauptverhandlung, zum anderen auf den Ergebnissen der Sicherstellung (ON 2.2.50.2.25).
Im hier gegenständlichen Verfahren hatte der Angeklagte vor der Polizei zu seinen persönlichen Verhältnissen keine Angaben gemacht; vor der Haftrichterin deponierte er ein monatliches Einkommen von durchschnittlich USD 1.500,-- (fallweise zusätzlich EUR 500 Euro), denen keine Sorgepflichten gegenüberstanden.
Die Höhe des Pauschalkostenbeitrags bemisst sich gemäß § 381 Abs 5 StPO einerseits nach der Belastung der im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen und dem Ausmaß der diesen erwachsenen, nicht besonders zu vergütenden Auslagen, andererseits nach Vermögen, Einkommen und den anderen für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Ersatzpflichtigen maßgebenden Umständen. Unter den im Strafverfahren tätigen Behörden und Dienststellen sind nicht nur die Gerichte, sondern auch die Staatsanwaltschaften und die Sicherheitsbehörden, die in Anspruch genommen wurden, zu verstehen. Dieser Verfahrensaufwand ist in Relation zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Verurteilten zu setzen. Dabei sind einerseits das Einkommen, Vermögen und Unterhaltsansprüche des Kostenersatzpflichtigen, andererseits Schulden, Unterhaltsverpflichtungen und andere Verbindlichkeiten zu berücksichtigen ( Lendl in Fuchs/Ratz , WK-StPO § 381 Rz 49 und 50).
§ 391 StPO enthält nähere Regelungen über die Eintreibung der Verfahrenskosten. Die Verpflichtung zum Kostenersatz ist im Urteil grundsätzlich ohne Rücksicht auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und die tatsächliche Einbringlichkeit auszusprechen. Die Eintreibung der Kosten hat aber zu unterbleiben, insoweit als dadurch der zu einer einfachen Lebensführung notwendige Unterhalt des Ersatzpflichtigen und seiner Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, oder die Erfüllung der aus der Straftat entspringenden Pflicht zur Schadensgutmachung gefährdet würde (Abs 1) oder, wenn nach den im Verfahren hervorgekommenen Umständen mit Grund anzunehmen ist, dass die Kosten des Strafverfahrens wegen Mittellosigkeit des Zahlungspflichtigen auch nicht bloß zum Teil hereingebracht werden können (Abs 2).
§ 391 Abs 1 StPO unterscheidet zwei Fälle der so genannten rechtlichen Uneinbringlichkeit. Die Uneinbringlichkeit wegen Gefährdung des Unterhalts des Ersatzpflichtigen und seiner unterhaltsberechtigten Familie orientiert sich an der Regelung des § 61 Abs 2 StPO über die Voraussetzungen für die Gewährung von Verfahrenshilfe. Die gesetzliche Grenze der Zumutbarkeit, die Verfahrenskosten zu tragen, ist der für die Tragung der Verteidigerkosten angepasst ( Lendl aaO § 391 Rz 2). Die Tatbestände der Uneinbringlichkeit sind von Amts wegen zu beachten. Ein Beschluss, mit dem die Kosten für uneinbringlich erklärt werden, kann jederzeit aufgehoben werden, wenn sich die entscheidungsrelevanten Umstände ändern ( Lendl aaO § 391 Rz 8 und 9).
Das Gericht hat in beiden Fällen der rechtlichen Uneinbringlichkeit auf Grund der festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Ersatzpflichtigen einerseits und der Höhe der Unterhaltsverpflichtungen bzw der aktenkundigen Schadenersatzforderung andererseits eine Prognose darüber zu erstellen, inwieweit die Zahlungsverpflichtungen des Kostenpflichtigen durch die Belastung mit den Prozesskosten gefährdet würden. Von einer Gefährdung kann nur dann ausgegangen werden, wenn die einzutreibenden Verfahrenskosten in einem nennenswerten Verhältnis zur Unterhalts- oder Schadenersatzpflicht stehen ( LendlaaO § 391 Rz 4). § 391 Abs 2 StPO regelt die so genannte faktische Uneinbringlichkeit. Während § 391 Abs 1 StPO die Bedürfnisse des Verpflichteten und begünstigter Dritter berücksichtigt, zielt Abs 2 auf die Vermeidung fruchtloser Exekutionen. Die begründete Annahme der Uneinbringlichkeit – die auch im Hinblick auf vorrangige Verpflichtungen nach Abs 1 gegeben sein kann – setzt die Feststellung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse des Verurteilten voraus. Dies geschieht in der Hauptverhandlung durch Befragung des Angeklagten (§ 240), sonst durch Erhebungen der Sicherheitsbehörden (11 Os 21/12s, EvBl 2012/123). Neben Einkommen, Vermögen, Unterhaltsansprüchen und der Möglichkeit einer existenziell nicht belastenden Kreditaufnahme ist dabei auch auf das Zurückbehaltungsrecht nach § 5 GEG Bedacht zu nehmen. Danach steht dem Bund ein Zurückbehaltungsrecht an Geldbeträgen und beweglichen körperlichen Sachen zu, die in gerichtliche Verwahrung genommen, sichergestellt, beschlagnahmt oder in die Verwahrung von Justizanstalten oder Anstalten nach §§ 21–23 StGB genommen wurden, sowie an sonstigen Vermögenswerten, einschließlich Liegenschaften und Rechten, die in einem öffentlichen Buch eingetragen sind (vgl dazu Nimmervoll, RZ 2015, 128 ff). Solange daher an einem Vermögenswert des Ersatzpflichtigen das Zurückbehaltungsrecht ausgeübt werden kann, dürfen die Verfahrenskosten nicht für uneinbringlich erklärt werden (EvBl 1956/82).
Auf Grundlage der festgestellten „Aktiva“ hat das Gericht die konkrete Wahrscheinlichkeit der Einbringlichkeit der Verfahrenskosten – in einem fünf Jahre nicht übersteigenden Zeitraum (§ 8 Abs 1 GEG) – zu bewerten (Lendl aaO § 391 Rz 6-7).
Innerhalb der Grenzen des § 381 Abs 3 Z 3 StPO erweist sich in angemessener Gewichtung der für die Bemessung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Angeklagten im Rahmen des § 381 Abs 3 StPO maßgeblichen Parameter ein Betrag von 300 Euro als angemessen, für die begehrte Uneinbringlicherklärung fehlt es an stichhaltigen Argumenten.
Das Beschwerdevorbringen, das die sichergestellten Vermögenswerte als „nichts nennenswert“ bezeichnet, das dazu bestehende Zurückbehaltungsrecht völlig ausklammert und lediglich auf die Dauer der Hauptverhandlung abstellen will, greift daher nach den maßgeblichen Regelungen insgesamt zu kurz. Von einem überhöhten Beitrag kann angesichts der diesen bestimmenden Parameter nicht die Rede sein, weshalb der Beschwerde der Erfolg zu versagen war.